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Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher

Titel: Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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nicht seine Loyalität, an der sie zweifelt, oder meine.«
    Die verärgerten Stimmen entfernten sich, kehrten dann aber wieder zurück. Verändert. Noch erregter. Ich öffnete die Lider einen Spalt breit. Mein Zimmer war zur Bühne eines hitzigen Streitgesprächs zwischen Burrich und Mistress Hurtig geworden, und sie stritten sich über die Frage, unter wessen Verantwortung ich gehörte. Sie hatte einen Weidenkorb am Arm hängen, aus dem mehrere Flaschenhälse herausragten. Der scharfe Geruch eines Senfpflasters, vermischt mit Kamillenduft, drang zu mir ins Bett, so stark, dass ich fürchtete, mich gleich übergeben zu müssen. Burrich stand unerschütterlich zwischen ihr und dem Bett, er hatte die Arme vor der Brust verschränkt, und Hexe saß neben ihm. Mistress Hurtigs Worte prasselten auf mich nieder wie Kieselsteine. »Im Palas … reine Leinentücher … kenne mich aus mit Buben … dieser übelriechende Köter...« Ich kann mich nicht entsinnen, dass Burrich ein Wort erwidert hätte. Er stand einfach fest entschlossen da, so dass ich ihn mit geschlossenen Augen förmlich spüren konnte.
    Später dann war er fort, aber Hexe lag neben mir im Bett; obwohl sie hechelte, schien sie nicht gewillt, ihren Platz mit dem kühleren Fußboden zu vertauschen. Als ich wiederum später die Augen aufschlug, war es bereits kurz vor der Abenddämmerung. Burrich hatte mein Kissen hervorgezogen, aufgeschüttelt und stopfte es mir unbeholfen und mit der kühlen Seite nach oben wieder unter den Kopf. Dann ließ er sich schwerfällig auf der Bettkante nieder und hüstelte.
    »Fitz, was fehlt dir nur - ich weiß es nicht. Auf jeden Fall hat
es nichts mit deinem Magen oder deinem Blut zu tun. Wärst du etwas älter, würde ich annehmen, du hättest Liebeskummer. Du benimmst dich wie ein Soldat nach einer dreitägigen Zechtour, nur dass du keinen Wein getrunken hast. Junge, was ist mit dir?«
    Er sah mich ernsthaft besorgt und mit dem gleichen Gesichtsausdruck an, den er aufsetzte, wenn zu befürchten stand, eine Stute könnte eine Fehlgeburt erleiden, oder wenn Jäger Hunde brachten, die bei der Wildschweinjagd an einen in die Enge getriebenen Keiler geraten waren. Da drang ich, ohne es zu wollen, in sein Bewusstsein ein. Die Mauer war da, wie immer, aber Hexe jaulte leise und stieß mit der feuchten Nase gegen meine Wange. Ich versuchte zugleich auszudrücken, was in mir vorging, und dennoch Chades und mein Geheimnis zu wahren. »Ich bin jetzt immer so allein«, hörte ich mich selbst sagen, und selbst in meinen Ohren klang es nach einer kindischen Beschwerde.
    »Allein?« Burrich runzelte die Stirn. »Fitz, ich bin hier bei dir. Wie kannst du sagen, du bist allein?«
    Kaum dass wir miteinander gesprochen hatten, endete unser Gespräch mit Unverständnis und fragenden Blicken. Später brachte er mir ein Tablett mit etwas zu essen, zwang mir aber nichts auf. Außerdem durfte Hexe über Nacht bei mir bleiben. Eine Stimme in mir fragte sich, wie sie reagieren würde, falls die Tür sich öffnete, aber der nüchterne Verstand sagte mir, dass ich mir deshalb keine Sorgen zu machen brauchte. Diese Tür hatte sich für immer geschlossen.
    Es wurde Morgen. Hexe stupste mich und drängte winselnd dazu, nach draußen zu gehen. Viel zu niedergeschlagen um Angst davor zu haben, dass Burrich mich erwischte, spürte
ich nach ihr. Da waren Hunger und Durst in ihr, und ihre Blase war nahe am Zerbersten. Und plötzlich nahm ich all das auch in mir selbst wahr. Ich zog mich an, ging mit ihr hinunter und nach draußen und dann zum Frühstück zurück in die Küche. Die übergroße Wiedersehensfreude der Köchin, die ich dort antraf, hätte ich so nie erwartet. Hexe bekam eine große Schüssel mit Resten vom Abend vorher und ich sechs dicke, knusprig gebratene Streifen Speck auf duftendem, frischem Brot. Hexes gierig schnuppernde Nase und ihre Fresslust setzten auch meine eigenen Sinne in Bewegung, und so aß auch ich, zwar nicht mit dem üblichen Hunger, aber mit dem natürlichen Nahrungsbedürfnis eines jungen Geschöpfes.
    Hinterher gingen wir in die Stallungen, und obwohl ich mich wieder aus Hexes Bewusstsein zurückzog, bevor wir dort eintrafen, hatte mich die Fühlungnahme mit ihren unkomplizierten Instinkten buchstäblich erfrischt. Burrich richtete sich von seiner Arbeit auf, betrachtete mich prüfend, warf nebenbei einen Blick auf Hexe, schnaufte dann verdrossen und drückte mir schließlich eine Saugflasche in die Hand. »Es gibt nicht so viel

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