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Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher

Titel: Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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schlechte Gedanken im Kopf eines Mannes, als dass sie nicht durch Arbeit und Geschäftigkeit vertrieben werden könnten«, sagte er. »Die Bullterrierhündin hat vor ein paar Tagen geworfen, und ein Welpe ist zu schwach, um sich gegen seine Geschwister zu behaupten. Sieh zu, ob du ihn heute am Leben erhalten kannst.«
    Es war ein hässlicher Kümmerling und seine rosige Haut schimmerte durch das schüttere, scheckige Fell. Seine Augen waren noch fest geschlossen, und auf seiner Schnauze pellte sich schon die erste Haut, aus der er herausgewachsen war. Sein dünner kleiner Schwanz sah genauso aus wie der einer Ratte, und
ich wunderte mich, dass die Mutter nicht von dieser Ähnlichkeit verführt wurde, ihren eigenen Nachwuchs totzubeißen. Der Kleine war schwach und teilnahmslos, aber ich ließ nicht locker, bis er etwas von der warmen Milch saugte und sich dabei bekleckerte. Da erwachte das Interesse der Hündin und sie fing an, ihn zu beschnuppern und zu belecken. Ich nahm eine der kräftigeren Schwestern von ihrer Zitze und setzte ihn an ihre Stelle. Ihr kleiner Bauch war ohnehin rund und prall, sie hatte nur aus Dickköpfigkeit ihren Platz behauptet. Sie würde wohl ein weißes Fell bekommen und hatte einen dunklen Fleck über dem Auge. Als sie meinen Finger erwischte und daran zu nuckeln begann, spürte ich bereits die enorme Kraft, die diese Beißer eines Tages besitzen würden. Burrich hatte mir Geschichten von Bullterriern erzählt, die sich in die Nase eines Stiers verbissen und nicht mehr losließen, so sehr sie dieser auch abzuschütteln versuchte. Er hatte nichts übrig für Leute, die einen Hund genau darauf abrichteten, verhehlte aber auch nicht seinen Respekt vor dem Mut, der für einen Hund dazu gehörte, einem derart überlegenen Gegner gegenüberzutreten. Unsere Bullterrier wurden zur Rattenjagd gehalten und auf regelmäßigen Kontrollgängen durch Scheunen und Kornspeicher mitgenommen.
    Ich verbrachte den ganzen Vormittag bei der Hundefamilie, und als ich mich schließlich von ihnen trennen musste, erfüllte es mich mit Genugtuung zu sehen, dass der Kleine sich satt getrunken hatte und selig schlummerte. Am Nachmittag wurden die Boxen ausgemistet. Burrich hielt mich in Trab; kaum war ich mit einer Arbeit fertig, schon trug er mir die nächste auf, so dass mir keine Zeit zum Nachdenken blieb. Er redete nicht und stellte keine Fragen, doch immer schien er nur einen Schritt weit entfernt etwas zu tun zu haben. Es schien, als hätte er meine
Klage über das Alleinsein wörtlich genommen und als wäre er entschlossen, immer in meiner Nähe zu sein. Am Ende des Tages sah ich noch einmal nach meinem kleinen Schützling, der schon viel lebendiger wirkte als am Morgen. Ich drückte ihn an die Brust, und er kroch mir unter mein Kinn, wo er nach Milch suchte. Es kitzelte. Ich hielt ihn ein Stück von mir weg und betrachtete ihn. Er würde eine rosafarbene Schnauze haben. Man sagt, Bullterrier mit rosafarbenen Schnauzen wären im Kampf die wildesten, aber vorläufig war sein kleiner Verstand nur ein wohliges Gemisch aus Geborgenheit, Verlangen nach Milch und meinem als angenehm empfundenen Geruch. Ich schenkte ihm meine volle Zuneigung und lobte ihn für seine neu gewonnene Kraft. Mitten in unser Zwiegespräch hinein lehnte Burrich sich unvermutet über die Trennwand und gab mir eine Kopfnuss, die mich und den Welpen beide laut aufjaulen ließ.
    »Genug davon«, ermahnte er mich streng. »Du weißt, ich dulde diese Unart nicht. Außerdem löst es keines deiner Probleme, die dich bedrücken. Gib den kleinen Kerl jetzt seiner Mutter zurück.«
    Ich gehorchte, aber nur ungern und keineswegs davon überzeugt, dass mir die Kommunikation mit einem jungen Hund nicht helfen könnte. Ich sehnte mich nach einer warmen kleinen Welt aus Stroh, Geschwistern, Milch und Mutter. In diesem Moment konnte ich mir nichts Besseres vorstellen.
    Dann gingen Burrich und ich zum Essen. Er nahm mich mit in den Speisesaal der Soldaten, wo es recht formlos zuging und es niemanden nach gegenseitiger Unterhaltung verlangte. Es war angenehm zu spüren, nur beiläufig zur Kenntnis genommen zu werden, wie dampfende Schüsseln und Teller an mir vorbeiwanderten, ohne dass jemand mich fürsorglich drängte, etwas
zu nehmen. Burrich achtete trotz allem darauf, dass ich etwas in den Magen bekam. Anschließend saßen wir draußen neben dem Hinterausgang der Küche und tranken Bier und Wein. Beides war für mich nichts Neues, aber noch nie hatte ich

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