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Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher

Titel: Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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dem sie mir ausgetrieben werden sollten. Seine Sticheleien führten zu einem freundschaftlichen Ringkampf, bis Lady Quendels schrille Stimme uns mit Schimpftiraden überschüttete, weil wir sie am Einschlafen hinderten. Anschließend unterhielten wir uns im Flüsterton, und Flink erzählte mir, dass keiner mich um meinen Posten beneidete. Jeder, der einmal mit ihr auf Reisen gewesen wäre, ginge ihr nachher in weitem Bogen aus dem Weg. Er warnte mich auch, das Schlimmste stünde mir noch bevor, weigerte sich jedoch strikt und mit Lachtränen in den Augen, mir zu verraten, worum es sich dabei handelte. Das Einschlafen bereitete mir wie allen Jungen in meinem Alter keine Mühe, und meine eigentliche Mission hatte ich ins Unterbewusstsein verdrängt, bis der Zeitpunkt kam, sich damit zu befassen.
    Als ich in der Morgendämmerung erwachte, wurde ich vom Zwitschern der Vögel und dem infernalischen Gestank eines randvollen Nachttopfs vor Lady Quendels Pavillon begrüßt. Obwohl ich durch jahrelanges Ausmisten von Pferdeställen und Hundezwingern abgehärtet war, kostete es mich doch große Überwindung, den Topf zu entleeren und zu reinigen. Inzwischen beschwerte sie sich keifend durch die Zeltöffnung, dass
ich ihr weder heißes noch kaltes Wasser gebracht und auch nicht den Haferbrei gekocht hatte, dessen Zutaten vor dem Zelteingang bereitstanden. Flink war verschwunden, um am Lagerfeuer der Soldaten und deren Morgenrationen teilzuhaben, und ich musste sehen, wie ich allein zurechtkam. Bis ich ihr das Frühstück gebracht hatte, das sie als lieblos hergerichtet bemängelte, und dann damit fertig war, die Teller und Töpfe abzuspülen, war die Karawane bereits wieder im Aufbruch begriffen. Meine Herrin bestand jedoch darauf, sich es erst sicher in ihrer Sänfte einzurichten, bevor wir das Zelt abbrechen durften. Wir packten in fieberhafter Eile, und als ich mich schließlich im Sattel wiederfand, hatte ich noch keinen Bissen im Leib.
    Mein leerer Magen knurrte laut. Flink warf einen mitleidigen Blick in mein verdrossenes Gesicht und gab mir ein Zeichen, mein Pferd neben das seine zu führen. Er beugte sich aus dem Sattel zu mir herüber.
    »Jeder außer uns weiß über die Bescheid.« Dabei deutete er mit dem Kopf auf Lady Quendels Sänfte. »Der Gestank, den sie jeden Morgen produziert, ist sprichwörtlich. Weißbart sagt, sie pflegte Chivalric auf vielen Reisen zu begleiten … Sie hat Verwandte in allen Sechs Provinzen und scheinbar nicht viel anderes zu tun, als sie der Reihe nach zu besuchen. Sämtliche Männer der Garde haben längst gelernt, ihr nicht unter die Augen zu kommen, sonst werden sie von ihr mit sinnlosen Aufträgen herumgescheucht. Oh, und Weißbart schickt dir das hier. Er lässt ausrichten, solange du den alten Besen am Hals hast, wirst du keine Zeit finden, dich nur einmal hinzusetzen oder gar in Ruhe zu frühstücken. Doch er wird versuchen, jeden Morgen etwas für dich abzuzweigen.«
    Flink gab mir einen Kanten Lagerbrot, aufgeschnitten und
belegt mit drei Streifen gebratenem, aber mittlerweile kalt gewordenem Speck. Ein Genuss! Gierig biss ich hinein.
    »He, du Lausebengel!«, zeterte Lady Quendel aus ihrer Sänfte. »Was machst du da? Schwatzen und dir das Maul zerreißen, darüber gibt es gar keinen Zweifel. Komm hierher zurück! Wie willst du deine Pflichten als mein Diener erfüllen, wenn du dich sonstwo herumtreibst?«
    Ich zog die Zügel an und lenkte Rußflocke neben die Sänfte. Hastig würgte ich das Stück Brot mit Speck hinunter und fragte undeutlich: »Habt Ihr einen Wunsch, Mylady?«
    »Mit vollem Mund reden ist ungehörig«, blaffte sie mich an. »Und hör auf, mich zu behelligen. Du erbärmlicher Dummkopf.«
    So ging es weiter. Die Straße folgte dem Küstenverlauf, und bei unserer geringen Reisegeschwindigkeit brauchten wir volle fünf Tage bis Guthaven. Abgesehen von zwei kleinen Dörfern, bestand die Landschaft hier aus windumtosten Klippen, Möwen, Grasflächen und einer gelegentlichen Gruppe aus zwergwüchsigen, verkrüppelten Bäumen. Doch für mich war die Landschaft voller Schönheiten und Wunder, denn jede Wegbiegung brachte mich zu einem Ort, den ich nie zuvor gesehen hatte.
    Im Lauf der Reise entwickelte Lady Quendel sich mehr und mehr zu einer unausstehlichen Tyrannin. Sie traktierte mich mit einem nicht enden wollenden Fluss an Beschwerden und Klagen, meistens über Dinge, an denen ich ohnehin nichts ändern konnte. Ihre Sänfte schwankte zu sehr, und sie meinte,

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