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Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher

Titel: Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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mit einem Säugling Zwiesprache hielt. Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte.
    »Wenn das alles ist, Herr, soll ich dann wieder zu den Ställen gehen?«

    Er sah mich über die Schulter an und runzelte die Stirn. »Scheint mir reine Zeitverschwendung zu sein. Flink wird dein Pferd versorgen, oder nicht? Du musst baden und dich umkleiden, wenn du rechtzeitig zum Festmahl fertig sein willst. Charim? Hast du Wasser für ihn?«
    Der Lakai, der die Kleidungsstücke auf dem Bett zurechtgelegt hatte, wandte sich zu uns. »Sofort, Herr. Und ich werde auch ihm die Kleider herauslegen.«
    Im Verlauf der nächsten Stunde schien mir mein ganzes bisheriges Dasein umgekrempelt zu werden. Dies kam sicher nicht völlig überraschend; denn beide, Burrich und Chade, hatten ja versucht, mich darauf vorzubereiten. Doch so schlagartig von einem bedeutungslosen Mitläufer in Bocksburg in das unmittelbare Gefolge von Veritas aufzusteigen, das war schlicht schwindelerregend. Und jeder schien der Meinung zu sein, ich wüsste schon über alles Bescheid.
    Veritas hatte sich angezogen und den Raum verlassen, bevor ich in der Wanne saß. Von Charim erfuhr ich, dass er fortgegangen war, um sich mit dem Hauptmann seiner Garde zu besprechen.
    Ich freute mich, dass Charim so redselig war, außerdem hielt er meine Stellung offenbar nicht für so erhaben, dass er sich etwa gehemmt gefühlt hätte, in meiner Gegenwart frisch drauflos zu plappern.
    »Ich werde dir hier ein Nachtlager zurechtmachen. Der Prinz hat gesagt, er wolle dich in seiner Nähe haben, und sicher nicht nur, um für den Hund zu sorgen. Hat er noch andere Aufgaben für dich?«
    Charim legte eine erwartungsvolle Pause ein, die ich dadurch überbrückte, dass ich in das lauwarme Wasser tauchte und mir
den Schweiß und Staub aus dem Haar spülte. Nach Luft schnappend, tauchte ich wieder auf.
    Er seufzte. »Ich lege dir die Kleider zurecht. Lass mir die schmutzigen Sachen hier, ich werde sie für dich auswaschen.«
    Es war seltsam, einen Diener um mich zu haben, während ich badete, und noch seltsamer, beim Ankleiden mit kritischen Blicken gemustert zu werden. Charim bestand darauf, die Säume meines Wamses zu begradigen, und sorgte dafür, dass an meinem neuen besten Hemd die überweiten Ärmel so lang und lästig herunterhingen wie nur möglich. Mein Haar war inzwischen wieder so gewachsen, so musste ich die Zähne zusammenbeißen, als er mir schnell und schmerzhaft die Knoten herauskämmte. Einem Jungen, der gewöhnt war, morgens ohne große Umstände in Kittel und Hose zu schlüpfen, kamen solche Verschönerungsmaßnahmen und Begutachtungen schier endlos vor.
    »Die Abstammung lässt sich nicht verleugnen«, sagte eine hörbar beeindruckte Stimme von der Tür her. Ich drehte mich herum und sah Veritas, der mich mit einem halb gequälten und halb belustigten Ausdruck auf dem Gesicht anschaute.
    »Er ist das Ebenbild von Chivalric in diesem Alter, nicht wahr, mein Herr?« Charim schien ungeheuer zufrieden mit sich selbst zu sein.
    »In der Tat.« Veritas räusperte sich. »Niemand wird daran zweifeln, wer dich gezeugt hat, Fitz. Ich frage mich, was mein Vater sich gedacht hat, als er mich bat, dich herumzuzeigen. Listenreich heißt er, und listenreich ist er - ich wüsste gerne, was er damit zu erreichen hofft. Nun ja.« Er stieß einen Seufzer aus. »Das ist seine Politik, und ich rede ihm da nicht drein. Meine Aufgabe besteht allein darin, einen geckenhaften alten Mann zu fragen, weshalb er nicht imstande ist, seine Wachttürme anständig
zu besetzen. Komm, Junge. Es ist Zeit, dass wir nach unten gehen.«
    Er wandte sich ab und verließ das Zimmer, ohne auf mich zu warten. Als ich ihm nacheilen wollte, hielt Charim mich am Arm fest. »Drei Schritte hinter ihm und zu seiner Linken. Denk daran.« Gehorsam hielt ich mich an seine Anweisung. Auf dem Weg den Flur entlang kamen weitere Mitglieder des Gefolges aus ihren Gemächern zum Vorschein und schlossen sich ihrem Prinzen an. Alle hatten sich herausgeputzt, um diese Gelegenheit nach Kräften zu nutzen, einmal außerhalb von Bocksburg gesehen und bewundert zu werden. Meine bauschigen Ärmel waren gar nichts, verglichen mit den modischen Narrheiten manch anderer. Wenigstens waren meine Schuhe nicht mit klingenden Glöckchen oder klappernden Bernsteinperlen behangen.
    Am Kopf der Treppe blieb Veritas stehen, und sofort wurde es unten im Saal still. Ich blickte auf die emporgewandten Gesichter und hatte genügend Zeit, in ihnen den

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