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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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uns beide, als hätte er seinen Generalstab um sich ver sammelt. »Ist irgendjemand nicht zufrieden mit dem, was wir eben besprochen haben?«
    Ich empfand die Frage als höflichen Abschluss der Unterredung.
    »Herr?«, fragte Burrich. Seine sonst gebieterische Stimme klang plötzlich zögernd und unsicher. »Wenn ich darf … ich habe … ich wollte mich nicht herablassen, das Urteil meines Prinzen in Frage zu stellen, aber …«
    Ich hielt den Atem an. Jetzt kam es. Die Alte Macht.
    »Sprich. Burrich. Ich dachte, ich hätte deutlich gemacht, dass wir bei diesem Gespräch auf Förm lichkeiten verzichten wollen. Was bereitet dir Sorgen?«
    Burrich straffte sich und sah sei nem Kronprinz in die Augen. »Ich weiß nicht … ob es recht ist. Ob Bastard oder nicht, er ist Chivalrics Sohn. Was ich heute gesehen habe, dort oben …« Man merkte ihm an, wie sehr er bemüht war, seine innere Erregung zu zügeln. »Ihr habt ihn … Er geriet ganz allein in ein Gemetzel. Fast jeder andere Junge in sei nem Alter wäre da nach tot. Ich … ich mische mich nicht ein in Dinge, die mich nichts angehen. Ich weiß, es gibt viele Wege, meinem König zu dienen, und nicht alle sind so angenehm wie andere. Doch dort oben in den Bergen … Und dann, was ich heute gesehen habe … Hättet Ihr da für nicht jemand anderen als das Kind Eures Bruders finden können?«
    Ich schaute wieder zu Veritas. Zum ersten Mal in meinem Leben sah ich unverhohlenen Zorn auf sei nem Gesicht. Dieser zeichnte sich durch kein Stirnrunzeln oder finstere Miene ab, sondern nur durch zwei hei ße Funken Glut in seinen dunklen Augen: »Sieh genauer hin, Burrich. Das ist kein Junge mehr, der dort sitzt.
Und darüber denk noch ein mal nach: Ich habe ihn nicht geschickt. Nicht allein. Ich war bei ihm, wir sind zu sammen aufgebrochen, um zu kundschaften und nicht um zu kämpfen. Es kam anders als gewollt, doch er hat es überlebt. Wie in ähnlichen Situationen zuvor und wie mit etwas Glück auch in Zu kunft.« Dann erhob sich Veritas ruckartig. Die Atmosphäre im Zimmer erschien mir plötzlich mit ei ner solchen Spannung aufgeladen, als läge ein Gewitter in der Luft. Auch Bur rich schien dies zu spü ren, denn er warf mir einen kurzen Blick zu und zwang sich dann, still zustehen wie ein Soldat beim Appell, während Veritas im Zimmer umherwanderte.
    »Nein. Diese Arbeit ist es nicht, was ich mir für ihn wünsche. Sie ist nicht, was ich mir für mich selbst wün schen würde. Wäre er doch in ruhigeren Zeiten geboren! Wäre er doch im Ehebett geboren worden und mein Bruder wäre noch Anwärter auf den Thron! Aber man lässt uns keine Wahl, weder ihm noch mir. Oder dir, Freund Burrich. Er tut seine Pflicht, wie wir alle. Verflucht, aber Kettrickens Ansicht ist die richtige. Der König ist der Diener des Volkes. Das gilt auch für seinen Neffen. Es war ein Blutbad dort oben, ich weiß, wovon du sprichst. Ich sah Blade zur Seite gehen und sich übergeben, nachdem er einen Blick auf den kindlichen Leichnam geworfen hatte; ich sah, wie er auch um Fitz ei nen Bogen machte. Wie der Junge - wie Fitz das überleben konnte, das übersteigt mein Vorstellungsvermögen. Indem er tat, was getan werden musste, nehme ich an. Was also soll ich tun, guter Mann? Was soll ich tun? Ich kann nicht auf ihn verzichten. Ich brauche ihn. Ich brau che ihn für diesen hässlichen, heimlichen Krieg, denn er ist der Einzige, der dazu fä hig und da rin ausgebildet ist. Aus demselben Grund schickt mein Va ter mich in diesen Turm und verlangt von mir, mit hinterhältigen, unsauberen Mordanschlägen meinen Verstand zu vergiften. Was immer Fitz tun muss, auf welche Fähigkeiten er zurückgreifen muss...« - mein Herz stand
still, der Atem strömte mir wie Eis in die Lungen - »… lassen wir ihn gewähren. Weil es nur um eins geht, nämlich zu überleben. Weil …«
    »Es ist mein Volk.« Erst als beide herumfuhren und mich anstarrten, merkte ich, dass ich laut gesprochen hatte. Es folgte eine plötzliche Stille im Raum. Ich holte tief Atem. »Vor langer Zeit hat mir ein al ter Mann gesagt, ich würde eines Tages etwas begreifen. Er sagte, das Volk der Sechs Provinzen wäre mein Volk und es wäre mein Erbe, mich um sie zu sorgen, also auch ihr Leid wie mein eigenes zu empfinden.« Ich blinzelte mehrmals, um das Bild von Chade und jenem Tag in Ingot zu vertreiben. »Er hatte Recht. Sie haben heute mein Kind getötet, Burrich. Und meinen Schmied und dazu zwei andere Männer. Es sind nicht die Ent

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