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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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bauschte. »Es ist besser, wenn wir getrennt zurückgehen«, meinte sie, stellte sich auf die Zehenspitzen und gab mir einen Kuss seitlich auf das Kinn. Ich konnte mich nicht entscheiden, auf wen ich wütender war: auf König Listenreich als Urheber dieses Schlamassels, oder auf Molly, weil sie sich davon beeindrucken ließ. Deshalb blieb ich stur und wandte ihr nicht den Kopf zu, um ihren Kuss zu erwidern. Sie sagte nichts dazu, sondern eilte davon, kletterte die Fels rinne hinauf und verschwand aus meinem Blickfeld.
    Der Nachmittag hatte seinen Glanz verloren. Was so perfekt gewesen war wie eine glänzende Muschel, lag nun in Scherben zersplittert vor mei nen Füßen. Niedergeschlagen wanderte ich durch Wind und Regen nach Hause. Ich hat te mein Haar nicht wie der zurückgebunden, weshalb es mir strähnig im Gesicht klebte. Die rote, neue und nun nasse Decke stank, wie nur Wolle stinken kann, und blutete ihre Farbe über meine Hände. Ich ging hinauf in mein Zimmer, um mich abzutrocknen und umzukleiden, dann amüsierte ich mich damit, ein besonders interessantes Gift für Wallace zu komponieren. Eins, das ihm, noch bevor er da ran umkam, die Eingeweide zerreißen würde. Als das fein gemahlene Pulver gemischt und in ein Papiertütchen abgefüllt war, legte ich es vor mir auf den Tisch und schaute es an. Mir war fast danach, es selbst zu nehmen, aber schließlich griff ich zu Nadel und Faden, um in mei ne Hemdmanschette eine kleine Tasche zu nähen, worin ich es aufbewahren konnte. Ich fragte mich, ob ich je Gebrauch davon machen würde. Dass ich mir diese Frage stellte, gab mir mehr denn je das Gefühl, ein Feigling zu sein.

    Ich ging zum Abendessen nicht nach unten. Ich ging auch nicht hinauf zu Molly. Ich öffnete die Fensterläden und ließ vom Sturm den Regen hereinwehen. Ich ließ das Kaminfeuer ausgehen und zündete keine Kerzen an. All das passte zu meiner Stimmung. Als Chade mir seine Tür öffnete, blieb ich trotzdem am Fußende meines Bettes sitzen und starrte in das Unwetter hinaus.
    Nach einiger Zeit hörte ich zögernde Schritte die Treppe hinunterkommen. Chade erschien in mei nem dunklen Zimmer wie ein Geist. Er starrte mich an, dann ging er zum Fenster und schloss mit einem lauten Knall die Läden. Während er den Riegel vorlegte, fragte er mich zornig: »Hast du eine Ahnung, was in meinem Zimmer oben für ein Durchzug herrscht?« Als ich keine Antwort gab, hob er den Kopf und schnüffelte wie ein Wolf. »Hast du hier mit Pestkraut gearbeitet?«, fragte er plötzlich und stellte sich vor mich hin. »Fitz, du hast doch keine Dummheit gemacht, oder?«
    »Dummheit? Ich?« Mein Lachen klang wie abgewürgt.
    Chade bückte sich und schaute mir ins Gesicht. »Komm mit nach oben«, sagte er in beinahe väterlichem Ton. Er nahm meinen Arm, und ich ging mit ihm.
    Der freundliche Raum, das knisternde Feuer, die blanken, reifen Herbstfrüchte in ei ner Schale - dieses heimelige Idyll stand in derart krassem Gegensatz zu meinen Gefühlen, dass ich gute Lust bekam, all diese Dinge zu zerschlagen. Statt dem Bedürfnis nachzugeben, fragte ich Chade: »Gibt es etwas, das schlim mer ist, als auf Menschen wütend zu sein, die man liebt?«
    Er ließ sich Zeit mit der Antwort. »Je manden sterben zu se hen, den man liebt. Und zornig sein, aber nicht zu wis sen, auf wen oder was. Ich glaube, das ist schlimmer.«
    Ich warf mich auf einen Stuhl und streckte die Beine von mir.
    »Listenreich hat Edels schlechte Gewohnheiten angenommen. Er nimmt Rauchkraut und Freudengras. Wer weiß, was alles in
seinem Wein ist. Heute Morgen, ohne Drogen, fing er an zu zittern, dann trank er sie in seinen Wein gemischt, nahm eine Nase voll Räucherwerk und schlief ein. Nachdem er mir nochmals gesagt hatte, dass ich Zelerita freien und heiraten solle. Zu meinem eigenen Besten.« Ich musste mir den Jammer von der Seele reden, auch wenn nach meiner Erfahrung Chade bereits schon alles vorher wusste, was ich ihm erzählte.
    Ich sah ihm in die Augen. »Ich liebe Molly«, erklärte ich unumwunden. »Ich habe Listenreich gesagt, dass mein Herz ei ner anderen gehört, und doch be steht er da rauf, dass ich Zele rita heirate. Er wundert sich, weshalb ich nicht begreife, dass er nur das Beste für mich will. Wie kann er nicht begreifen, dass ich eine Frau hei raten will, die ich liebe?«
    Chade machte ein nach denkliches Gesicht. »Hast du mit Ve ritas darüber gesprochen?«
    »Was würde es nützen? Er konnte ja nicht einmal sich selbst davor

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