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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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räudiger, halbverhungerter Wolfswelpe so schwer sein konnte.
    Nicht räudig. Das klang beleidigt. Flöhe. Der Käfig ist voller Flöhe.
    Also war das Jucken an meiner Brust keine Einbildung. Wunderbar. Ich würde heute Abend noch ein Bad neh men müssen, es sei denn, ich legte Wert darauf, für den Rest des Winters mein Bett mit den innigsten Freunden von Hund und Mensch zu teilen.
    Ich hatte den Stadtrand erreicht. Hier standen nur noch vereinzelte Häuser, und der Weg führte ab hier noch stei ler bergan. Viel steiler. Zum vierten- oder fünftenmal setzte ich den Käfig ab. Ohne die Wut und den Hass, die ihm Kraft spendeten, sah der Jungwolf darin klein und mitleiderregend aus. Er war hungrig. Ich fasste einen Entschluss.
    Ich werde dich herausnehmen und dich tragen.
    Keine Reaktion. Er ließ mich nicht aus den Augen, während ich den Riegel zurückschob und die Tür aufmachte. Ich hatte gedacht, er würde an mir vorbeihuschen und sich davonmachen, doch er
rührte sich nicht von der Stelle. Ich streckte die Hand in den Käfig und packte ihn am Nackenfell. Wie ein Blitz fuhr er auf mich los, warf sich gegen mei ne Brust und schnappte nach mei ner Kehle. Im letzten Moment konnte ich den Arm hochreißen und schob ihn quer zwischen seine aufgesperrten Kiefer. Seine Hinterbeine scharrten über meinen Leib, aber das ge fütterte Wams bewahrte mich vor Schaden. Im nächsten Augenblick wälzten wir uns durch den Schnee, wäh rend wir beide wie tollwütige Raubtiere knurrten und röchelten. Mir kam mein größeres Gewicht zugute, die bessere Hebelwirkung und die jah relange Erfahrung im freundschaftlichen Raufen mit Hunden. Ich warf ihn auf den Rü cken und drückte ihn nieder, während er sich in meinem Griff wand und mir Schimpf namen gab, für die Menschen keine Worte haben. Als seine Kräfte erlahmten, umklammerte ich seine Kehle, beugte mich über ihn und starrte ihm in die Au gen. Das war Körpersprache, die er verstand. Zur Sicherheit fügte ich eine Gedankenbotschaft hinzu. Ich bin der Rudelführer. Du bist der Jungwolf. DU wirst MIR gehorchen.
    Er wandte rasch den Blick ab, doch ich hielt ihn unerbittlich fest, bis er wieder zu mir aufsah und ich die Veränderung in seinen Augen erkannte. Ich ließ ihn los, erhob mich und trat zu rück. Er lag still da. Steh auf. Komm her. Er rollte sich auf den Bauch und näherte sich mir kriechend, die Rute zwischen die Hinterbeine geklemmt. Bei mir angelangt, ließ er sich auf die Seite fallen und zeigte mir seinen Bauch. Er winselte leise.
    Nach einer Weile ließ ich es genug sein. Schon gut. Es ging nur darum, dass wir uns verstehen. Ich habe nicht die Ab sicht, dir wehzutun. Komm jetzt mit mir. Ich wollte seine Brust kraulen, doch bei der Berührung jaulte er auf. Sein Schmerz schoss durch meinen Körper.
    Wo bist du verletzt?

    Ich sah den messingbeschlagenen Knüppel des Stiefelmannes vor mir. Überall.
    So behutsam wie möglich betastete ich seinen Körper. Alter Schorf, zahlreiche Schwellungen über den Rippen. Ich stand auf und versetzte dem Käfig einen heftigen Tritt. Der Wolf kam und lehnte sich gegen mein Bein. Hunger. Kalt. Müde. Seine Empfindungen sickerten in mein Bewusstsein. Wenn ich ihn berührte, war es noch schwieriger, meine Gedanken von den seinen zu trennen. War es mei ne Wut darüber, wie man ihn be handelt hatte, oder die sei ne? Nicht so wichtig. Ich hob ihn vorsichtig hoch und richtete mich auf. Ohne Käfig, eng an die Brust gedrückt, war er nur noch halb so schwer, nichts als Haut und Kno chen. Es tat mir leid, dass ich ihn so scharf in die Schran ken gewiesen hatte, doch ich wusste auch, dass dies die einzige Sprache war, die er verstand. »Ich werde mich um dich küm mern«, sagte ich laut, wie ein Herr zu seinem Hund.
    Warm, dachte er dankbar, und ich nahm mir einen Moment Zeit, meinen Umhang über ihn zu ziehen. Ungewollt wurde ich zum Nutznießer seiner Sinneseindrücke. Ich konnte mich selbst riechen, tausendmal stärker, als mir lieb war. Pferde und Hunde und Holzrauch und Ale und ein Hauch von Philias Parfum. Ich tat mein Bestes, diese Wahrnehmungen zu verdrängen, und machte mich an den Aufstieg zur Burg. Unterwegs dachte ich an die verlassene Kate, von der ich wuss te. Ein alter Schweinehirt hatte dort gehaust, sie lag noch ein gutes Stück hinter den Kornspeichern. Nach ihm hatte niemand dort einziehen wollen, sie war zu baufällig und weitab vom Leben und Treiben der Burg. Ge nau deshalb war sie für meine Zwecke ideal. Dort konnte ich

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