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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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zu Bett begeben. Pflichtbewusst zeigte ich ihm die Schafe und hörte mir an, wie er sich darüber beschwerte, dass Damon uns keine Schlafkammer spendierte. Es war eine klare, warme und fast windstille Nacht, deshalb sah ich keinen Grund, mich zu beschweren; allerdings sagte ich Creece das nicht, sondern ließ ihn brummen und nörgeln, bis er von selber aufhörte. Ich richtete mir mein Lager neben dem Schafpferch, für den Fall, dass sich in der Nähe irgendwelche Räuber herumtrieben, Creece jedoch schlenderte zu den Puppenspielern hinüber, um dort mit seiner Rechthaberei und seiner ungebetenen Meinung zu allem und jedem für schlechte Laune zu sorgen.
    Ich weiß nicht, wie lange ich wirklich geschlafen habe. Meine Träume teilten sich wie Vorhänge im Wind. Eine Stimme flüsterte meinen Namen. Sie schien von weit her zu kommen, doch sie übte einen seltsamen Zwang auf mich aus. Es war wie ein Ruf, dem ich folgen musste. Ich nahm auf einem grobgezimmerten Tisch Lichtschein wahr. Dort brannten vier helle Kerzen und verbreiteten einen süßen Duft - nach Myrica, dachte ich, und nach Veilchen. Eine Frau beugte sich darüber und atmete tief ein. Ihre Augen waren geschlossen, und auf ihrem Gesicht glänzte Schweiß. Molly. Wieder sagte sie meinen Namen.
    »Fitz, Fitz, wie konntest du sterben und mich alleinlassen? Es hätte alles ganz anders sein sollen. Du hättest mir folgen sollen, um mich zu finden, damit ich dir verzeihen konnte. Deine Aufgabe wäre es gewesen, diese Kerzen hier für mich anzuzünden. Ich sollte dies alles nicht allein durchleiden müssen.«
    Ihre Stimme ging über in ein lautes Stöhnen. Sie krümmte sich wie unter einem nicht enden wollenden, krampfartigen Schmerz, und ich spürte Angst in ihr, die sie mit aller Kraft niederrang. »Alles wird gut«, flüsterte sie vor sich hin. »Alles wird gut. Es muss wohl so sein.«
    Sogar innerhalb des Gabentraums blieb mir das Herz buchstäblich stehen. Ich schaute auf Molly nieder, wie sie in gebückter Haltung erstarrt vor dem Tisch stand und mit den weißen Knöcheln ihrer Hände den Rand umklammerte. Sie trug nur ein Nachthemd, und das Haar hing ihr in schweißfeuchten Strähnen um das Gesicht. Während ich all das noch zu begreifen versuchte, holte sie mühsam Atem und öffnete den Mund, wie um zu schreien, doch nur ein dünner, klagender Laut kam über ihre Lippen, als hätte sie zu mehr nicht die Kraft. Eine Weile später richtete sie sich etwas auf und legte vorsichtig die Hände auf den Leib. Erst da fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
    Sie war schwanger.
    Wäre es möglich, während dem Schlaf in Ohnmacht zu fallen, dann hätte ich dieses Kunststück jetzt fertiggebracht. Stattdessen brach die Erinnerung wie eine Flutwelle über mich herein, jedes Wort, das sie bei unserer Trennung gesagt hatte, erschien mir nun in einem neuen Licht, wie auch lange vorher schon ihre Frage, was ich tun würde, wenn sie ein Kind von mir bekäme... Das Kind war der Grund gewesen, weshalb sie mich verlassen hatte, das Kind galt ihr mehr als alles andere. Nicht ein anderer Mann. Unser Kind . Sie war gegangen, um unser Kind zu schützen. Und sie hatte mir nichts gesagt, weil sie fürchtete, dass ich nicht mit ihr kommen würde.
    Und sie hatte Recht gehabt: Ich wäre nicht mitgekommen. Zu schwarz die Wolken über Bocksburg, zu dringend die Pflichten gegenüber meinem König. Es war richtig von ihr, mich zu verlassen. Wie unverkennbar war es für Molly, eine solche Entscheidung zu treffen, fortzugehen und alleine ihr Kind zur Welt zu bringen. Unvernünftig, aber so bezeichnend, dass ich Lust verspürte, sie zu umarmen und sie zu schütteln.
    Plötzlich umklammerte sie wieder die Tischkante und suchte nach Halt, ihre Augen wurden groß, und die Gewalt, die sich in ihr regte, ließ sie verstummen.
    Sie war allein. Sie hielt mich für tot. Und sie brachte mein Kind zur Welt, ohne Beistand, in dieser winzigen, sturmumtosten Hütte irgendwo im Nirgendwo.
    Ich griff hinaus zu ihr, Molly, Molly, doch sie war ganz in sich selbst versunken, hörte auf ihren Körper. Wie gut konnte ich nun Veritas’ Zorn und Verzweiflung nachfühlen. Wie oft hatte er vergeblich versucht, mit seiner dringenden Botschaft zu mir durchzudringen.
    Plötzlich flog die Tür auf, ein Windstoß peitschte Regen in die Hütte. Molly hob den Kopf und richtete den Blick auf die dunkle Türöffnung. »Burrich?« Es klang hoffnungsvoll.
    Sosehr ich staunte, sosehr war ich auch dankbar und erleichtert, als

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