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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Platz näherte. Obwohl kein Wind ging, erreichte mich ihr Duft, und unwillkürlich stieg ein erwartungsvolles Gefühl in mir auf. Ich fragte mich, ob ich die Willenskraft besaß, sie ein zweites Mal zurückzuweisen. Es mochte ein Fehler sein, sich mit ihr einzulassen, doch mein Körper war eindeutig dafür, ihn zu begehen. Als sie wohl noch ungefähr ein Dutzend Schritte von mir entfernt war, drehte ich mich um und schaute ihr entgegen. Sie erschrak sichtlich.
    »Tassin«, grüßte ich sie mit ruhigem Ton und wandte mich dann wieder meinen Schafen zu. Nach kurzem Zögern kam sie ein Stück näher, stellte sich vor mich hin und schob die Kapuze zurück. Ihre Miene und ihre Haltung wirkten herausfordernd und kämpferisch.
    »Du bist es, nicht wahr?«, schleuderte sie mir mit atemloser und leicht bebender Stimme das entgegen, was ihr offenbar doch nicht ganz geheuer war.
    Damit hatte ich nicht gerechnet, und meine Überraschung war echt: »Ich bin wer? Ich bin Tom, der Schafhirte, wenn du das meinst.«
    »Nein, du bist der zauberkundige Bastard, den die Soldaten des Königs suchen. Nach Merles Geschichte heute Abend hat Drew, der Fuhrmann, mir erzählt, worüber man gestern im Ort geredet hatte.«
    »Drew hat dir erzählt, ich wäre ein zauberkundiger Bastard?« Ich sprach so langsam, als wäre ich von ihren hervorsprudelnden Worten ganz verwirrt. Gleichzeitig stieg in mir die Furcht auf wie eine eisige Flut.
    »Nein.« Sie klang plötzlich verärgert. »Drew hat mir erzählt, wie die Soldaten ihn beschrieben haben. Eine gebrochene Nase, eine Narbe an der Wange und eine weiße Strähne im Haar. Gestern Abend habe ich dein Haar gesehen. Du hast so eine weiße Strähne.«
    »Das ist nicht ungewöhnlich, wenn man einen Schlag auf den Kopf bekommt. Und die Narbe ist schon alt.« Ich neigte den Kopf und musterte sie. »Wie es aussieht, heilt dein Gesicht gut.«
    »Du bist es doch, gib’s zu!« Mein Versuch, das Thema zu wechseln, hatte sie noch wütender gemacht.
    »Aber das stimmt nicht. Denk doch nach. Er ist von einem Schwert am Arm verletzt worden, nicht wahr? Schau her!« Ich krempelte zum Beweis den rechten Hemdsärmel hoch, weil eine Wunde, die mir beim Fechten zugefügt worden war, sich an meinem Schwertarm befinden musste; wobei ich darauf spekulierte, dass sie das wusste.
    Sie schaute kaum hin. »Hast du Geld?«, fragte sie unvermittelt.
    »Wenn ich Geld hätte, wäre ich im Lager geblieben, als die anderen in den Ort gegangen sind? Außerdem, was geht dich das an?«
    »Nun, wenn du Geld hast, könntest du damit mein Schweigen erkaufen. Sonst gehe ich mit meinem Verdacht vielleicht zu Madge. Oder zu den Fuhrleuten.« Sie hob trotzig das Kinn.
    »Sie können alle gern einen Blick auf meinen Arm werfen, genau wie du«, sagte ich müde und wandte mich von ihr ab, als wäre es mir zu dumm, weiter mit ihr zu reden. »Du bist ein törichtes kleines Mädchen, Tassin, dir von Merles Gespenstergeschichten Flausen in den Kopf setzen zu lassen. Geh wieder zu Bett.«
    »Du hast am anderen Arm einen Kratzer. Ich habe ihn gesehen. Manche könnten glauben, dass er von einem Schwertstreich stammt.«
    »Wahrscheinlich dieselben, die glauben, du hättest Verstand.«
    »Mach dich nicht über mich lustig«, warnte sie mit einer vor Gehässigkeit gesenkten Stimme. »Ich lasse mich nicht für dumm verkaufen.«
    »Dann rede nicht so dummes Zeug. Was hast du eigentlich? Willst du dich an mir rächen? Bist du gekränkt, weil ich nicht mit dir schlafen wollte? Ich habe dir doch gesagt, dass es nichts mit dir zu tun hat. Du bist hübsch und verführerisch. Aber nicht für mich.«
    Plötzlich spuckte sie neben mich auf den Boden. »Als wenn ich es dir erlaubt hätte mich anzufassen. Ich wollte mir nur einen Spaß machen, Schafhirte, weiter nichts.« Angewidert schrie sie mich an: »Männer! Wie kannst du dich ansehen und glauben, jemand könnte in Leidenschaft zu dir entbrennen. Du stinkst nach Schafen, du bist nur Haut und Knochen, und dein Gesicht sieht aus, als wärst du in jedem Kampf deines Lebens nur der Verlierer gewesen.« Dann fuhr sie auf dem Absatz herum, bis ihr plötzlich wieder einzufallen schien, weshalb sie eigentlich gekommen war. »Ich werde niemandem etwas verraten. Noch nicht. Aber wenn wir am Blauen See sind, wird dein Herr dir deinen Lohn auszahlen. Sieh zu, dass du ihn mir bringst, oder ich erzähle in der ganzen Stadt herum, wer du bist.«
    Ich seufzte. »Ganz, wie es dir beliebt. Wenn sich nachher alles als null und

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