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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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derartigen Prüfung unverändert hervorgegangen.
    Nachts quälten mich Alpträume. Kurze, allzu wirklich erscheinende Träume in abgrundtiefer Einsamkeit, höllischen Schmerzen und hilfloser Angst. Ich erwachte und war in kalten Schweiß gebadet, eine Übelkeit lag wie ein Stein in meinem Magen. Doch wenn ich dann im Dunkeln auf meinem Nachtlager saß, blieb mir nicht der geringste Anhaltspunkt, der helfen konnte, diese Träume zu deuten. Es blieb mir nur ein Gefühl des Schmerzes, der Angst, der Wut und der Hilflosigkeit. Doch schlimmer als alles andere war die Angst. Die übermächtige Angst, die so stark war, dass ich zitterte und nach Atem rang, meine Augen brannten und mir bittere Galle in den Mund stieg.
    Zu Anfang, als ich zum ersten Mal mit einem stummen Schrei in die Höhe fuhr, sprang Burrich von seiner Bettstatt, legte mir die Hand auf die Schulter und fragte, was mir fehlte. Ich stieß ihn heftig zurück und gegen den Tisch, der dabei beinahe umgestürzt wäre. Angst und Zorn steigerten sich zu einem Ausbruch unbeherrschter Raserei, die mich beinahe so weit gebracht hätte, Burrich allein deswegen umzubringen, weil er in Reichweite war. In diesem Augenblick erfüllte mich eine derartige Abscheu vor mir selbst, dass ich nur noch den Wunsch hatte, all das zu vernichten, was ich war oder was mich berührte. Voller Wut schleuderte ich der gesamten Welt meinen Hass entgegen und hob damit fast mein eigenes Bewusstsein aus den Angeln. Bruder, Bruder! vernahm ich Nachtauges verstörtes Aufheulen in meinem Kopf, während Burrich, wie von einer heftigen Windbö getroffen, noch weiter zurückwich. Es dauerte einen weiteren Augenblick, bis ich in der Lage war, eine Entschuldigung hervorzubringen. »Ein Alptraum, weiter nichts. Tut mir leid. Ich war noch halb im Schlaf, nur ein böser Traum.«
    »Verstehe«, antwortete Burrich brüsk, nickte und wiederholte nachdenklich: »Ich verstehe.« Er legte sich wieder hin. Doch ich begriff, was er mir zu verstehen gab: er konnte mir in dieser Sache schlicht nicht helfen.
    Die Alpträume kamen nicht jede Nacht, aber doch so häufig, dass ich begann, mein Bett zu fürchten. Burrich tat nur so, als ob er schlafen würde; dennoch spürte ich, wie er wach lag, während ich meine nächtlichen Kämpfe ausfocht. Die Träume verblassten nach dem Erwachen spurlos, sie hinterließen keine Erinnerungen, nur ein unbeschreibliches Gefühl von Angst. Ich hatte schon früher Angst empfunden. Oft sogar. Angst im Kampf gegen die Entfremdeten; Angst in den Schlachten gegen die Roten Korsaren, Angst in der Konfrontation mit Serene. Doch dies war eine Angst gewesen, die warnte, mich anspornte, Angst, die mir zum Überleben verhalf. Die Angst meiner Alpträume war dagegen eine feige Kapitulation, ein Hoffen auf den Tod, der allem ein Ende machen sollte, weil mein Wille gebrochen war und ich wusste, ich würde ihnen alles preisgeben, um weiteren Qualen zu entgehen.
    Es gibt kein Mittel gegen eine Angst wie diese oder die darauffolgende Scham. Ich versuchte es mit Wut, ich versuchte es mit Hass. Weder Tränen noch Branntwein vermochten sie zu ertränken. Sie durchdrang mich wie ein übler Geruch und legte sich über meine sämtlichen Erinnerungen, verdunkelte mein Bild von dem, der ich gewesen war. Ein düsterer Schleier legte sich über jeden Augenblick der Freude, der Leidenschaft, des Mutes, den ich mir ins Gedächtnis rief. Denn meine innere Stimme fügte jedes Mal noch verräterisch hinzu: »Ja, das warst du, früher, aber das ist vergangen, und bedenke, was du jetzt bist.« Diese zermürbende Angst begleitete mich wie ein Schatten. Und mit dumpfer Gewissheit war mir gewiss, stellte man mich nochmals auf die Probe, würde sie von mir Besitz ergreifen und mich nie wieder loslassen. Ich war nicht mehr FitzChivalric. Ich war das, was übriggeblieben war, nachdem die Angst ihn aus seinem Körper vertrieben hatte.
     
    Am zweiten Tag, nachdem der Branntwein zur Neige gegangen war, sagte ich zu Burrich: »Ich komme hier zurecht, falls du nach Burgstadt hinuntergehen willst.«
    »Wir haben kein Geld, um etwas zu kaufen und nichts, um es zu verkaufen.« Er klang schroff, als würde mich die Schuld daran treffen. Beim Sprechen faltete er die Hände zusammen und klemmte sie zwischen die Knie. Mir war nicht entgangen, dass sie zitterten, wenn auch kaum merklich. »Wir müssen von jetzt an selbst für uns sorgen. Wild gibt es genug. Wenn wir hier oben verhungern, sind wir selber schuld.«
    »Und dir wird

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