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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Opfer gewesen. Ich öffnete sein Bewusstsein für Veritas, doch herein kamen diese beiden Blutsauger. Ich, des Königs Assassine. Ach, in wie viel mehr doch als in einer Hinsicht! Es tut mir leid, mein König. So leid. Wäre ich nicht gewesen, hätte Edel keinen Grund gehabt, Euch zu ermorden.«
    »Fitz.« Burrich schüttelte mich sanft. »Edel brauchte nie einen besonderen Grund, um seinen Vater zu ermorden. Es genügte, dass er keinen Grund mehr sah, ihn am Leben zu lassen. Und darauf hattest du keinen Einfluss.« Dann runzelte er plötzlich die Stirn. »Aber warum haben sie ihn gleich getötet? Warum haben sie nicht gewartet, bis sie auch die Königin in ihrer Gewalt hatten?«
    Ich lächelte zu ihm auf. »Du hast sie gerettet. Edel war sich der Königin sicher. Er und seine Handlanger glaubten, sie hätten ihr die Flucht unmöglich gemacht, indem sie dich daran hinderten, Pferde aus dem Stall zu schmuggeln. Edel hat sich in meiner Zelle sogar vor mir damit gebrüstet: Dass sie ohne Pferde fliehen musste. Und ohne warme Winterkleidung.«
    Burrich grinste breit. »Sie und der Narr nahmen mit, was für König Listenreich bestimmt gewesen war. Und als Reittiere hatten sie die zwei besten Pferde, die je aus Bocksburger Zucht hervorgegangen sind. Ich wette, sie sind heil und gesund ins Bergreich gelangt, Junge. Rußflocke und Rötel lassen es sich wahrscheinlich inzwischen auf den Bergweiden gutgehen.«
    Ein allzu schwacher Trost. In dieser Nacht ging ich hinaus, um mit dem Wolf zu jagen, ohne dass Burrich dagegen etwas einzuwenden hatte. Aber wir konnten nicht weit genug laufen und nicht schnell genug, und das Blut, das wir in jener Nacht vergossen, war nicht das Blut, das ich fließen sehen wollte, auch vermochte das heiße rote Fleisch nicht die Leere in mir zu füllen.
     
    So erinnerte ich mich nach und nach an mein früheres Leben und daran, wer ich gewesen war. Während die Tage vergingen, knüpften Burrich und ich die Bande unserer Freundschaft neu. Er legte seine Befehlsgewalt als Rudelfüher ab, allerdings nicht ohne ironisch seinem Bedauern darüber Ausdruck zu verleihen. Wir erinnerten uns an frühere Tage, wie wir damals miteinander umgegangen waren; wie wir zusammen gelacht und wie wir gestritten hatten. Doch je mehr die Dinge zwischen uns ins Lot kamen und sich ein Gleichmaß einstellte, desto deutlicher fühlten wir uns beide an das erinnert, was unwiederbringlich dahin war.
    Es gab nicht genug zu tun für Burrich. Er war ein Mann, der die absolute Befehlsgewalt über die weitläufigen Stallungen Bocksburgs und über sämtliche Pferde, Hunde und Falken darin innegehabt hatte. Ich beobachtete ihn, wie er sich Arbeiten ausdachte, um die Stunden auszufüllen, und ich wusste, wie schmerzlich er die Tiere vermisste, die so lange seiner Obhut anvertraut gewesen waren. Ich selbst vermisste die Geschäftigkeit und die Menschen in der Burg, doch am meisten fehlte mir Molly. Ich stellte mir in Gedanken Gespräche mit ihr vor, sammelte tagsüber Mädesüß und Riedgras, nur weil mich der Duft an sie erinnerte, und nachts lag ich da und glaubte ihre zarte Hand auf meiner Wange zu spüren. Aber das waren nicht die Dinge, woüber Burrich und ich sprachen; stattdessen sammelten wir die Erinnerungen, die uns geblieben waren, um aus den einzelnen Teilen mehr oder weniger ein Ganzes zu formen. Burrich angelte, ich jagte, Häute mussten zugerichtet, Hemden gewaschen und geflickt und Wasser geholt werden. Es war ein ganz eigenes Leben. Einmal versuchte Burrich mir davon zu erzählen, wie er die Narrenfreiheit des betrunkenen Wärters ausgenutzt hatte, um in den Kerker zu gelangen und mir das Gift zu bringen. Seine Stimme klang brüchig und er knetete seine Hände, während er schilderte, was es ihn gekostet hatte, danach wegzugehen und mich in dieser Zelle zurückzulassen. Ich konnte nicht mit anhören, wie sehr er sich quälte. »Gehen wir fischen«, schlug ich vor. Er holte tief Luft und nickte mir zu. Wir angelten und redeten nicht mehr viel an diesem Tag.
    Doch man hatte mich eingesperrt, hungern und dursten lassen und gefoltert. Von Zeit zu Zeit fühlte ich Burrichs Blick auf mir ruhen. Ich wusste, er sah die Spuren in meinem Gesicht. Ich rasierte mich entlang der Narbe an meiner Wange und sah die weiße Strähne in meinem Haar, über der Stirn, wo mir bei einem heftigen Schlag die Kopfhaut aufgeplatzt war. Wir sprachen nicht darüber, und ich bemühte mich, nicht daran zu denken. Aber niemand wäre aus einer

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