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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Doch stell dir vor: Ein toter und begrabener Mann erscheint in ihrer Mitte, geht zwischen ihnen umher... Sie würden dich fürchten. Und diesmal kannst du dich nicht auf einen Taschenspielertrick herausreden. Die Alte Macht ist eine Magie, die mit Argwohn betrachtet wird. Wird ein Mann ihrer beschuldigt und hingerichtet und begraben, nun... - wenn man deiner mit Wohlwollen gedenken soll, dann musst du tot sein und bleiben. Sähe man dich umhergehen, nähme man es als Beweis, dass Edel Recht damit hatte, dass du von der Alten Macht Gebrauch gemacht hast, um den König zu ermorden. Man würde dich ein zweites Mal töten - und das mit aller Gründlichkeit.« Burrich sprang auf und wanderte durchs Zimmer. »Verflucht, aber ich könnte nun doch einen Schluck gebrauchen«, brummte er.
    »Ich auch«, sagte ich leise.
     
    Zehn Tage später kam Chade den Pfad hinaufgestiegen. Der alte Assassine ging langsam und auf einen Stab gestützt, wobei er sein schweres Bündel hoch auf den Schultern trug. Es war ein warmer Tag. Chade hatte die Kapuze seines Umhangs zurückgeworfen. Sein langes graues Haar flatterte im Wind. Er hatte sich den Bart wachsen lassen, so dass dieser mehr von seinem Gesicht verdeckte. Wind und Sonne hatten seine Haut gegerbt. Auf den ersten Blick sah er aus wie ein fahrender Händler. Chade erschien so gerade wie ein von den Jahren und einem Leben unter freiem Himmel gezeichneter alter Mann, aber keinesfalls mehr wie der gefürchtete Narbenmann.
    Burrich war zum Angeln gegangen; er zog es vor, dabei allein zu sein. Nachtauge hatte seine Abwesenheit ausgenutzt, um sich auf unserer Schwelle in der Sonne zu aalen, war aber bei dem ersten Hauch von Chades Witterung in den Wäldern hinter der Kate verschwunden. Ich stand allein in der Tür und blickte dem Besucher entgegen.
    Chade war über den Winter alt geworden, man sah es an den Furchen in seinem Gesicht, an dem Grau in seinem Haar. Doch sein Schritt war fester als früher, als hätten die Entbehrungen ihn gestählt. Jetzt endlich ging ich ihm entgegen, seltsam befangen und verlegen. Als er den Kopf hob und mich erblickte, blieb er stehen. »Junge?«, fragte er vorsichtig. Ich brachte ein Nicken und ein Lächeln zustande. Das Lächeln, das auf seinem Gesicht erstrahlte, beschämte mich. Er ließ den Stab fallen, um mich in die Arme zu schließen, und dann presste er seine Wange gegen die meine, als wäre ich ein Kind. »Fitz, o Fitz, mein Junge«, sagte er mit einer vor Erleichterung räuspernden Stimme. »Ich dachte, wir hätten dich verloren. Ich dachte, wir hätten dir etwas Schlimmeres angetan, als dich sterben zu lassen.« Seine alten Arme umschlangen mich fest und innig.
    Ich schonte den alten Mann. Ich sagte ihm nicht, dass es so war.

KAPITEL 2
    DER ABSCHIED
    S obald er sich eigenhändig zum König der Sechs Provinzen gekrönt hatte, überließ Prinz Edel Weitseher die Küstenprovinzen mehr oder weniger ihrem Schicksal. Er hatte alles zusammengerafft, was sich aus Bocksburg und seinen Ländereien an barer Münze herausholen ließ. Pferde und Vieh hatten neue Besitzer gefunden, und die besten Tiere brachte man zu Edels neuer Residenz Burg Fierant in Farrow. Auch Mobiliar und Bücherei des traditionellen Königssitzes waren ausgeplündert worden; einiges diente dazu, den neuen Herrschaftssitz wie ein Nest auszupolstern, anderes ging als Zeichen königlicher Gunst an Herzöge und Barone im Inland oder wurde ihnen schlicht und des schnöden Mammons wegen zum Kauf angeboten. Kornspeicher, Weinkeller, Waffenkammern, alles hatte man leergeräumt und die reiche Beute landeinwärts verschifft.
    Edels offizielle Begründung für den Umzug lautete, der sieche alte König und die jüngst verwitwete Kronprinzessin, überdies guter Hoffnung, seien im Landesinneren sicherer vor den Überfällen der Korsaren, die mit ihren Roten Schiffen die Küsten unsicher machten. Damit rechtfertigte er gleichzeitig die Plünderung der Reichtümer Bocksburgs, aber der Tod König Listenreichs und Kettrickens Verschwinden beraubten ihn dieser fadenscheinigen Camouflage. Dennoch hatte Edel nach seiner Krönung nichts Eiligeres zu tun, als Bocksburg den Rücken zu kehren. Man erzählt sich, als der Rat der Edlen seine Entscheidung kritisierte, habe er erwidert, die Küstenprovinzen repräsentierten für ihn nichts weiter als Krieg und Kosten, sie wären immer nur ein Fass ohne Boden gewesen, in das die Inlandsprovinzen ihren Reichtum vergeudeten, und er gönne den Outislandern das

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