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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Schmerz war der gleiche, als hätte ein Pfeil meinen Körper durchschlagen. Ich lief dennoch weiter. Dann fällte mich aus heiterem Himmel ein Blitz.
    Als ich zu mir kam, hatte man mich laut Kujons Befehl in Eisen gelegt. Meine linke Schulter schmerzte entsetzlich, doch das schien mir nicht so schlimm wie die Beule an meinem Kopf. Mit großer Mühe gelang es mir, mich hinzusetzen. Die Kette zwischen meinen Fußschellen war so kurz, dass ich nur kleine Schritte machen konnte. Meine Hände waren auf die gleiche Art gefesselt, wobei die Hand- und Fußschellen durch eine längere Kette verbunden waren, was mir im Grunde erlaubte, aufrecht zu stehen. Hätte ich nur stehen können...
    Ich sagte nichts, tat nichts. Was hätte ich auch tun sollen, so in Ketten gelegt und mir gegenüber sechs bewaffnete Soldaten. Ich wollte ihnen keinen Grund geben, mich weiter zu misshandeln. Trotzdem - ich musste all meine Willenskraft aufbieten, um ruhig sitzenzubleiben und meine Lage zu überdenken. Allein schon das Gewicht meiner Ketten wirkte einschüchternd, dazu kam die feindselige Kälte des Eisens auf meiner Haut. Ich senkte den Kopf und schaute auf meine Füße. Kujon bemerkte, dass ich wieder bei Besinnung war, trat zu mir hin und blickte auf mich hinunter. Ich verharrte in zusammengesunkener Haltung.
    »Sag was, verflucht nochmal«, fuhr er mich an.
    »Ihr habt den falschen Mann gefangen, Herr«, stieß ich verängstigt hervor. Auch wenn ich ihn nicht überzeugen konnte, vielleicht gelang es mir wenigstens, bei seinen Leuten Zweifel zu streuen.
    Kujon lachte. Er setzte sich ans Feuer und ließ sich nach hinten auf die Ellenbogen sinken. »Wenn es denn wirklich so ist, dann hast du eben verdammt großes Pech. Aber ich weiß, du bist der Richtige. Sieh mich an, Bastard. Wie kommt es, dass du nicht mehr tot bist?«
    Ich warf ihm einen scheuen Blick zu. »Ich weiß nicht, was Ihr meint, Herr.«
    Das war die falsche Antwort. Wie eine große Wildkatze schnellte er aus dem Liegen empor und stürzte über das Feuer hinweg auf mich zu. Die Angst verlieh mir die Kraft, selbst aufzuspringen, doch es gab kein Entkommen. Er bekam meine Kette zu fassen, zog mich hoch und schlug mir mit seinem Handrücken ins Gesicht. »Sieh mich an.«
    Ich gehorchte.
    »Wie ist es gekommen, dass du nicht tot bist, Bastard?«
    »Ich war das nicht. Ihr habt den falschen Mann.«
    Wieder schlug der Handrücken zu.
    Chade hatte mir einmal gesagt, während einer Folter sei es leichter, standhaft zu bleiben, wenn man alle Gedanken darauf richtet, was man sagen will und nicht auf das, was man verschweigen möchte. Natürlich war es dumm und sinnlos, Kujon zu erzählen, ich sei nicht FitzChivalric. Er wusste es zweifellos besser. Doch nachdem ich einmal damit angefangen hatte, blieb ich einfach dabei. Nach seinem fünften Hieb meldete einer seiner Männer sich zu Wort.
    »Mit allem Respekt, Hauptmann.«
    Kujon warf dem Soldaten einen wütenden Blick zu. »Was gibt’s?«
    Der Mann fuhr sich zaghaft mit der Zunge über die Lippen. »Die Belohnung, Hauptmann. Sie wird nur ausgezahlt, wenn der Gefangene noch lebt.«
    Kujon schaute wieder mich an. Es war beängstigend, seine Gier in ihm zu erkennen, die ihn beherrschte wie Veritas der Hunger nach der Gabe. Dieser Mann liebte es, anderen Schmerzen zuzufügen. Liebte es, langsam zu töten. Dass er es nicht durfte, vergrößerte seinen Hass auf mich nur noch mehr. »Ich weiß«, fertigte er den Mann schroff ab. Dann sah ich seine Faust kommen, doch ausweichen konnte ich ihr nicht.
     
    Als ich wieder zu mir kam, war es heller Morgen. Da waren Schmerzen. Geraume Zeit nahm ich nichts anderes wahr. Schmerzen, marternde Schmerzen in meiner Schulter und den Rippen. Wahrscheinlich hatte Kujon mich weiter mit Fußtritten traktiert. Und so, wie mein Gesicht sich anfühlte, hütete ich mich davor, auch nur eine Miene zu verziehen. Weshalb, grübelte ich benommen vor mich hin, ist Schmerz immer doppelt schlimm, wenn man friert? Meine Gedanken waren jedoch eigenartig abgetrennt von der Wirklichkeit. Eine Weile lauschte ich nur mit geschlossenen Augen. Ich vernahm die nach vielen Reisetagen so vertraut gewordenen Geräusche des allmorgendlichen Aufbruchs. Ich hörte, wie Maestro Dell Tassin anschrie, die laut weinend darauf beharrte, sie hätte ein Recht auf die Belohnung und wenn er ihr beiseite stünde, sie einzufordern, könne er sofort sein Lehrlingsgeld wiederhaben. Er zeigte keine Neigung, auf ihren Vorschlag einzugehen, sondern

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