Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier
führte, hing aufgewickelt am Sattel. Die eisernen Spangen der Ketten scheuerten mir die Haut blutig. Ich hatte keine Ahnung, wohin mein Hemd verschwunden war, aber ich vermisste es schmerzlich. Das Pferd und die Bewegung würden mich etwas wärmen, doch bei weitem nicht genug. Als Arno, dessen Gesicht sehr bleich wirkte, in den Sattel gestiegen war und Joff hinter sich hatte aufsitzen lassen, machten wir uns auf den Weg zurück nach Fierant. Mein Gift, überlegte ich resigniert, hatte offenbar nichts weiter bewirkt, als einem von Kujons Leuten zu beschleunigter Verdauung zu verhelfen. So war es also um meine Kunst als Assassine bestellt.
Komm zu mir.
Gerne doch, wenn ich nur könnte, antwortete ich der fordernden Stimme in meinem Kopf müde. Wenn ich nur könnte. Jeder Schritt der Stute weckte wieder meine Schmerzen, wobei mich besonders meine Schulter quälte, die entweder gebrochen oder ausgekugelt war. Trotz allem fühlte ich mich seltsam unbeteiligt und überlegte nüchtern, ob ich hoffen sollte, lebend nach Fierant zu gelangen, oder ob ich meinen Häschern einen Grund geben sollte, mich vorher zu töten. Ein Fluchtversuch in dieser ebenen Steppe war aussichtslos. Ich zog frierend die Schultern zusammen. Ohne große Hoffnung lenkte ich meine Sinne nach meinem Pferd, doch es gelang mir nur, ihm meine Schmerzen bewusstzumachen. Es hatte keinerlei Interesse daran, sich loszureißen und mit mir davonzugaloppieren. Auch mein Geruch nach Schafen behagte ihm nicht.
Als wir zum zweiten Mal Halt machten, damit Arno voller Qualen seine Därme entleeren konnte, kam Kujon nach hinten geritten und zügelte neben mir sein Pferd. »Bastard!«
Langsam wandte ich den Kopf zu ihm. »Wie hast du das angestellt? Ich habe deinen Leichnam gesehen, und du warst tot. Und ich weiß, wenn jemand tot ist. Wie kommt es also, dass du wieder unter den Lebenden weilst?«
Meine Lippen waren einfach zu steif, um Worte zu formen, selbst wenn ich etwas zu sagen gewusst hätte. Als ihm mein Schweigen zu lange andauerte, schnaubte er verächtlich. »Nun, rechne nicht damit, dass noch einmal ein Wunder oder was immer geschieht. Diesmal werde ich dich persönlich in alle Einzelteile zerlegen. Zu Hause habe ich einen Hund. Der frisst alles. Er wird sich dann statt meiner deiner Leber und deines Herzens annehmen. Was meinst du dazu, Bastard?«
Der Hund tat mir leid, aber ich schwieg. Als Arno blass und taumelnd vom Ort seiner Leiden zurückkehrte, half Joff ihm wieder in den Sattel. Kujon trieb sein Pferd an die Spitze der Kolonne und wir ritten weiter.
Der Vormittag war noch nicht halb herum, als Arno zum dritten Mal nach einem Halt verlangte. Er rutschte vom Pferd, entfernte sich schwankend ein paar Schritte von uns und musste sich plötzlich übergeben. Wir schauten zu, wie er sich zusammenkrümmte und die Arme über dem schmerzenden Leib verschränkte, dann fiel er plötzlich wie ein Stock vornüber aufs Gesicht. Einer seiner Kameraden lachte laut auf, doch als Arno sich nur noch stöhnend auf den Rücken wälzte, befahl Kujon Joff nachzusehen, was ihm fehlte. Sie stieg ab und kniete mit der Wasserflasche neben dem Kranken nieder. Er machte keine Anstalten, danach zu greifen, und als sie ihm die Flasche an die Lippen hielt, lief ihm das Wasser über das Kinn. Er drehte sehr langsam den Kopf zur Seite und schloss die Augen. Joff beugte sich über ihn, dann schaute sie mit ungläubig geweiteten Augen zu Kujon auf.
»Er ist tot, Hauptmann.« Ihre Stimme klang dabei etwas schrill.
Die Soldaten hoben ein flaches Grab für ihren Kameraden aus und häuften Steine darüber. Zwei weitere Soldaten mussten sich übergeben, bevor es so weit war, dass wir unseren Weg fortsetzen konnten. Schlechtes Wasser, war die einhellige Meinung. Gleichwohl bemerkte ich, wie Kujon mich aus schmalen Augen musterte. Man hatte sich nicht die Mühe gemacht, mich vom Pferd zu holen. Ich saß vornübergebeugt im Sattel, als hätte ich Bauchschmerzen, und hielt den Blick gesenkt. Es fiel mir deshalb nicht schwer, selbst leidend auszusehen.
Kujon ließ seine Leute wieder aufsitzen. Gegen Mittag gab es dann keinen Zweifel mehr daran, dass alle krank waren. Als schließlich ein Junge im Sattel zu schwanken begann, befahl Kujon eine kurze Rast. - Es wurde jedoch ein längerer Aufenthalt daraus. Kaum hörte einer der Leute auf zu würgen, fing der nächste an. Schließlich jagte Kujon seine Männer wieder ungeachtet ihrer jammernden Proteste in die Sättel. Wir ritten weiter,
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