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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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brannte auf den zahlreichen Abschürfungen, aber die Feuchtigkeit weichte einige der Schorfkrusten auf, und es schmerzte nicht mehr so sehr, den Mund zu öffnen. Ich hatte Hunger, fürchtete aber, das salzige Trockenfleisch würde meinen Durst noch verschlimmern.
    Nach endlosen Stunden sah ich die Sonne in großer Farbenpracht über der weiten Steppe Farrows aufgehen. Es wurde wärmer, und ich öffnete Kujons Umhang. Bei dem zunehmenden Tageslicht suchte ich hoffnungsvoll den Boden ab. Vielleicht waren einige der Pferde zum Wasserloch zurückgelaufen, doch ich sah keine frischen Spuren, nur die vom Wind fast ausgetilgten Hufeindrücke von gestern.
    Der Tag war noch jung, als ich das Wasserloch erreichte. Ich näherte mich vorsichtig, aber meine Augen und meine Nase verrieten mir, es war verlassen. Deshalb durfte ich mich aber nicht in Sicherheit wiegen; früher oder später würde der nächste Treck hier Halt machen. Zuallererst löschte ich meinen Durst, danach war es fast ein Genuss, mein eigenes kleines Feuer zu entfachen, Wasser heiß zu machen und Linsen, Erbsen, Korn und getrocknetes Fleisch in den dampfenden Topf zu werfen, den ich anschließend zum Sieden auf einen Stein dicht am Feuer stellte. Derweil zog ich mich aus und nahm ein Bad am seichten Ende des Wasserlochs. Mein linkes Schulterblatt schmerzte noch immer bei jeder Berührung oder Bewegung, wie auch die aufgescheuerten Stellen an meinen Hand- und Fußgelenken, die Beule an meinem Hinterkopf, mein Gesicht insgesamt... Ich hörte auf damit, mir meine Beschwerden aufzuzählen. Sterben würde ich an keiner davon, und allein darauf kam es an.
    Die Sonne trocknete mich, während ich fröstelnd meine Kleider ausspülte und über ein Gebüsch hängte. Bis auch sie trockneten, saß ich in Kujons Umhang gehüllt am Feuer, trank seinen Branntwein und rührte in meiner Suppe. Einmal musste ich Wasser nachgießen, und es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis die Erbsen und Linsen weich wurden. Ich hatte Mühe, die Augen offenzuhalten. Immer wieder sank mir der Kopf auf die Brust; war ich betrunken oder erschöpft oder einfach unbeschreiblich müde? Irgendwann verlor ich die Geduld. Ich aß meine Suppe mit Genuss, auch wenn zumindest die Erbsen noch nicht allzu weich waren. Dazu und nachher trank ich Branntwein. Viel war nicht mehr davon übrig. Obwohl es mich den größten Teil meiner schwindenden Willenskraft kostete, säuberte ich den Topf und machte ein zweites Mal Wasser heiß. Ich wusch die schlimmsten meiner Verletzungen aus, bestrich sie mit Salbe und verband diejenigen, bei denen dies möglich war. Ein Knöchel sah übel aus. Ich durfte nicht riskieren, dass er sich entzündete.
    Als ich aufblickte, sah ich, dass es bereits wieder dämmerte. Der Tag war wie im Flug vergangen. Ich raffte mich auf, löschte das Feuer und packte meine Habseligkeiten zusammen, um mir einen Schlafplatz zu suchen. Hier lief ich Gefahr, von anderen Reisenden entdeckt zu werden. Eine kleine Mulde, die durch ein nach Teer riechendes Gestrüpp windgeschützt war, erschien mir als Versteck geeignet. Ich breitete die Decke aus, wickelte mich in Kujons Umhang und versank in einen tiefen Schlaf.
    Eine Zeitlang muss ich fest geschlafen haben. Ich geriet in einen jener verwirrenden Träume, in denen jemand meinen Namen rief, aber ich konnte nicht herausfinden wer. Es stürmte und war regnerisch. Ich hasste das einsame Geräusch des Windes. Dann ging die Tür auf, und Burrich stand im Rahmen. Er war betrunken. Ich empfand sowohl Erleichterung als auch Ärger. Seit gestern wartete ich darauf, dass er nach Hause kam, und nun war er gekommen, und er war betrunken. Wie konnte er es wagen, sich in diesem Zustand hier blicken zu lassen? Ich zitterte am ganzen Körper, wodurch ich fast aufwachte. Und ich wusste: Dies waren Mollys Gedanken. Mein Gabentraum hatte mich zu Molly geführt. Ich sträubte mich dagegen, denn es war gefährlich, aber in diesem unwirklichen Dämmerzustand fehlte mir die Kraft, dagegen anzukämpfen.
    Molly stand vorsichtig auf. Sie hielt unsere schlafende Tochter auf den Armen. Ich erhaschte einen Blick auf das kleine, runde und rosige Gesichtchen, das so gar nichts mehr gemein hatte mit dem verschrumpelten Neugeborenen wenige Tage zuvor. Was für eine Veränderung in solch kurzer Zeit! Behutsam trug Molly sie zum Bett, legte sie hin und deckte sie mit einem Zipfel der Decke zu. Ohne sich umzudrehen, sagte sie mit leiser, harter Stimme: »Ich habe mir Sorgen gemacht. Du

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