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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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»Bereit für das große Abenteuer?«
    Ich nickte.
    »Gut.« Auf der Schwelle blickte er noch einmal zu mir zurück. »Zieh dich warm an. Der Sturm wird noch schlimmer.« Er grinste. »Bestes Reisewetter für dich und mich.«
    Nun, ich hatte nicht mit einem Spaziergang gerechnet. Als Merle die Treppe herunterkam, war ich bereits mit meinem Frühstück fertig. Zu meinem Erstaunen war sie hellwach und munter und lieferte sich mit einem der Männer ein fröhliches Wortgefecht, aus dem sie als Siegerin hervorging. Am Tisch legte sie sich keinerlei Zurückhaltung auf, sondern bediente sich ohne Scheu von allem Gebotenen. Als sie von ihrem leeren Teller aufblickte, musste sie die Überraschung in meinem Gesicht bemerkt haben.
    »Fahrende Musikanten lernen, tüchtig zuzugreifen, wann immer es etwas zu essen gibt«, erklärte sie und hielt mir ihren Becher hin. Sie trank Bier zum Frühstück. Gerade setzte sie zufrieden seufzend den Becher ab, als Nik wieder hereingestürmt kam. Er schaute finster drein, während sein Blick suchend durch den Raum wanderte und an mir hängenblieb. »Tom, verstehst du dich darauf, einen Einspänner zu fahren?«
    »Ja.«
    »Gut?«
    »Gut genug.«
    »Schön, dann können wir aufbrechen. Mein Vetter Hank sollte auf dem Bock sitzen, aber er schnauft heute Morgen wie ein Blasebalg, hat sich wohl über Nacht eine Erkältung geholt. Sein Weib will ihn nicht gehen lassen. Aber wenn du einen Wagen lenken kannst...«
    »Natürlich erwartet er, dass du ihm dafür bei deiner Forderung entgegenkommst. Du sparst ein Pferd und die Ration für einen Mann«, warf Merle geistesgegenwärtig ein.
    Im ersten Augenblick wusste Nik nichts darauf zu sagen. Konsterniert blickte er von Merle zu mir. »Umsonst ist nur der Tod«, bemerkte ich und hatte Mühe, ein Lächeln zu unterdrücken.
    »Ich werde es auf irgendeine Weise vergelten«, lenkte er ein und eilte wieder hinaus. Im Nu war er zurück. »Die alte Frau sagt, sie will es mit dir versuchen. Pferd und Wagen gehören ihr, musst du wissen.«
    Draußen war es noch dunkel. Fackeln brannten zischend in Wind und Schnee, und vermummte Gestalten eilten hin und her. Ich zählte vier Pferdewagen. Auf einem saßen dicht gedrängt etwa fünfzehn Menschen mit ihrem Bündel auf den Knien. Sie hatten vor lauter Kälte frierend die Schultern hochgezogen und hielten den Kopf gesenkt. Eine Frau schaute voller Erwartung in meine Richtung. Ein Kind schmiegte sich an ihre Seite. Ich fragte mich, wo sie alle hergekommen sein mochten. Zwei Männer hievten ein Fass in den letzten Wagen und zogen eine Plane über die gesamte Ladung.
    Hinter dem Reisewagen hielt ein kleiner, zweirädriger Karren. Auf dem Bock saß kerzengerade eine ganz in Schwarz gekleidete, kleine alte Frau. Sie war dick eingemummt in Umhang, Kapuze und Schultertuch, und über ihren Knien lag eine Reisedecke. Ihre scharfen schwarzen Augen folgten mir, als ich prüfend um den Karren herumging. Zwischen den Deichseln stand eine gescheckte Stute. Der Schneesturm behagte ihr nicht, und das Riemenzeug scheuerte an ihrem Fell. Am Wetter konnte ich nichts ändern, aber ich ordnete das Geschirr so gut wie möglich und überredete sie, mir zu vertrauen. Als ich den Kopf hob, sah ich, dass die alte Frau mich genau beobachtete. Ihr Haar glänzte schwarz, wo es unter der Kapuze hervorlugte, aber nicht alles Weiß darin war Schnee. Sie schürzte ihre Lippen, sprach mich jedoch nicht an, selbst dann nicht, als ich mein Bündel unter dem Sitz verstaute. Ich wünschte ihr einen guten Tag, stieg zu ihr auf den Bock und nahm die Zügel auf. »Ich glaube, ich soll Euren Wagen fahren«, sagte ich munter.
    »Du glaubst es. Weißt du es nicht?« Ihr Blick durchbohrte mich förmlich.
    »Hank ist krank geworden. Nik hat mich gebeten, seinen Platz einzunehmen. Mein Name ist Tom.«
    »Ich mag keine Änderungen«, bekam ich zur Antwort. »Besonders nicht solche im letzten Augenblick. Änderungen bedeuten, man war von Anfang an nicht gut vorbereitet, und nun geht erst recht alles drunter und drüber.«
    Ich begann zu ahnen, weshalb sich Hank plötzlich unwohl gefühlt hatte. »Mein Name ist Tom«, stellte ich mich nochmals vor.
    »Das hast du bereits gesagt.« Sie starrte nach vorn in das Schneegestöber. »Diese ganze Reise war ein schlechter Einfall«, sagte sie laut, aber nicht zu mir. »Und es wird nichts Gutes dabei herauskommen, das weiß ich jetzt schon.« Obwohl sie Handschuhe trug, massierte sie die Hände in ihrem Schoß. »Verfluchte

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