Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier
Stattdessen sah ich ein brennendes Dorf an der Küste und Rote Schiffe, die nach vollbrachtem Zerstörungswerk wieder in See stachen. Ich begleitete in Gedanken einen halbwüchsigen Burschen, der in der Dunkelheit der Nacht sein Segel setzte, um mit seinem kleinen Fischerboot eins der feindlichen Schiffe zu rammen. Er schleuderte eine brennende Laterne auf das Deck des Korsaren, gefolgt von einem Kübel mit billigem Fischöl, das die armen Leute sonst in ihre Lampen füllen. Das Feuer lief bereits die Segel hinauf, als der Junge sich von dem Schiff abstieß und in Sicherheit brachte. Hinter ihm stiegen die Flüche und Schreie brennender Menschen mit den Flammen zum Himmel. Ich segelte in dieser Nacht mit ihm und teilte seinen bitteren Triumph. Ihm war nichts geblieben, keine Familie, kein Heim, aber er hatte jenes Blut vergossen, das sein eigenes Blut geschändet hatte. Ich verstand die Tränen allzu gut, die über sein grimmig lächelndes Gesicht hinwegströmten.
KAPITEL 17
ÜBER DEN FLUSS
D ie Outislander pflegten von jeher abfällig über die Bewohner der Sechs Provinzen zu sprechen; sie nannten uns Sklaven der Scholle, Bauern, die zu nichts anderem taugen, als gebückt und mit krummem Rücken in der Erde zu wühlen. Eda, die Muttergottheit, der man für reiche Ernte und gesundes Vieh dankt, wird bei den Outislandern als eine Göttin für ein Volk von Knechten verachtet, dem jeder Heldenmut verlorengegangen ist. Die Outislander selbst verehren ausschließlich El, den Gott des Meeres, und in seinem Namen wird nicht gebetet, sondern geflucht. Der einzige Segen, den er seinen Anhängen gewährt, sind Stürme und Mühsal, auf dass sie stark werden.
Doch die Outislander waren im Irrtum mit ihrer geringen Meinung vom Volk der Sechs Provinzen. Sie glaubten, Menschen, die Korn säten und Schafe hüteten, wären auch genauso demütig wie Schafe. So kamen sie über uns mit Feuer und Schwert und hielten unsere Mitmenschlichkeit und die Sorge für unseren Nächsten für eine reine Schwäche. Doch in jenem Winter nahmen die einfachen Leute in Bock, in Bearns, in Rippon und in Shoaks den Kampf auf den unsere zerstrittenen Edelleute und verstreuten Truppen so stümperhaft führten, und machten ihn zu ihrem eigenen. Die Bevölkerung eines Landes lässt sich nur eine gewisse Zeitlang unterdrücken, bis sie sich erhebt, sei es gegen Feinde von außer oder gegen einen ungerechten Herrn aus ihren eigenen Reihen.
Die anderen murrten am nächsten Morgen über die Kälte und das Drängen zur Eile. Sie sehnten sich nach Haferbrei und Eierkuchen, doch es gab nur heißes Wasser und sonst nicht viel, um sich innerlich zu wärmen. Ich brachte Krähe den aufgegossenen Tee, füllte dann meinen Becher mit heißem Wasser und suchte in meinem Beutel nach der Elfenrinde. Wieder einmal büßte ich mit Übelkeit und Kopfschmerzen für den Gabentraum der vergangenen Nacht. Allein bei dem Gedanken an Essen krampfte sich mir der Magen zusammen. Krähe trank in kleinen Schlucken ihren Tee und schaute zu, wie ich mit dem Messer etwas von der Rinde in den Becher schabte. Es fiel mir schwer abzuwarten, bis das Wasser sich bräunlich färbte und ich davon trinken konnte. Der bittere Geschmack erfüllte meinen ganzen Mund, doch dafür ließen die Kopfschmerzen fast augenblicklich nach. Plötzlich beugte Krähe sich vor und nahm mir das Rindenstück aus der Hand, betrachtete es und roch daran. »Elfenrinde!« Sie sah mich vorwurfsvoll an. »Das ist kein gutes Mittel für einen so jungen Menschen.«
»Es lindert meine Kopfschmerzen.« Ich überwand mich und holte erneut tief Luft, bevor ich den Becher leertrank. Der Bodensatz blieb auf meiner Zunge haften. Ich überwand mich und schluckte auch ihn hinunter. Anschließend wischte ich den Becher aus und packte ihn ein. Als ich die Hand ausstreckte, gab Krähe mir mit sichtlichem Unwillen das Rindenstück wieder; dabei musterte sie mich mit einem seltsamen Blick.
»Ich habe noch nie jemanden gesehen, der dieses bittere Arznei hinuntertrinkt, ohne auch nur eine Miene zu verziehen. Weißt du, wozu man Elfenrinde in Chalced verwendet?«
»Ich habe gehört, man gibt sie den Galeerensklaven, damit sie bei Kräften bleiben.«
»Es verleiht Kraft und raubt die Hoffnung. Ein Mensch unter dem Einfluss von Elfenrinde ist leicht entmutigt und leicht beeinflussbar. Sie mag zwar Kopfschmerzen betäuben, doch sie betäubt auch den Verstand. Ich wäre an deiner Stelle vorsichtig damit.« Ich zuckte die Schultern
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