Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier
hatte sich in der Nähe des Herdes ein Nachtlager bereitet. Er schlief den entspannten, aber doch wachsamen Schlaf einer Katze. Sein Kopf ruhte auf dem ausgestreckten Arm, und das Feuer überstrahlte ihn mit Licht. Ich schaute ihn an, und mein Herz stand still.
Sein Haar war glatt zurückgestrichen und im Nacken zu einem Zopf geflochten, wodurch die klaren Linien seines Gesichts betont wurden. So ausdruckslos und still glich es einer geschnitzten Maske. Die letzten Spuren knabenhafter Weichheit waren verschwunden und hatten mit hageren Wangen, hoher Stirn und langer, gerader Nase die Züge eines Mannes enthüllt. Die Lippen waren schmaler, das Kinn fester als in meiner Erinnerung. Die lodernden Flammen verliehen seinem Gesicht Farbe und gaben seiner weißen Haut eine bernsteinfarbene Tönung. Der Narr war in der Zeit unserer Trennung erwachsen geworden. Diese Veränderung war für zwölf Monate fast unglaublich und doch, auch mir war dieses Jahr länger vorgekommen als jedes andere in meinem Leben. Eine Zeitlang lag ich nur da und betrachtete ihn.
Er öffnete langsam seine Augen, so als hätte ich ihn angesprochen. Eine Weile erwiderte er stumm meinen starren Blick, dann runzelte sich seine Stirn. Langsam richtete er sich auf, und ich sah mit Erstaunen, dass er wahrhaft ein Geschöpf aus Elfenbein war, selbst das Haar in den Farben frisch gemahlenen Mehls. Seine Augen waren es, die mich so in Atem hielten. Sie schillerten im Feuerschein gelb wie die einer Katze. Endlich holte ich wieder Luft und sprach es aus: »Narr!« Doch das war nur ein Wispern. »Was hat man dir angetan?« Ich streckte die Hand nach ihm aus, aber durch die Bewegung spannten sich die Muskeln meines Rückens, und ich fühlte, wie die Wunde erneut aufbrach. Die Welt um mich herum neigte sich steil zur Seite, kenterte und ging unter.
Geborgenheit. Das war irgendwann danach mein erstes klares Gefühl. Es war ausgelöst von der weichen Wärme des frischen Bettzeugs und dem Kräuteraroma des Kissens unter meinem Kopf. Etwas Warmes und Feuchtes lag auf meiner Wunde und dämpfte den stechenden Schmerz. So sanft wie die Geborgenheit umfingen mich auch die kühlen Hände, die meine erfrorenen jetzt umfassten. Ich schlug die Augen auf, und langsam nahm das verschwommene Bild Konturen an.
Er saß an meinem Bett. Die Ruhe, die ihn umgab, während er über mich hinweg in den halbdunklen Raum starrte, hatte aber nichts mit innerer Gelassenheit zu tun. Gekleidet war er in ein schmuckloses Gewand aus weißer Wolle und mit rundem Halsausschnitt. Die schlichte Kleidung wirkte befremdlich, nachdem ich ihn immer nur in seiner buntscheckigen Narrentracht gekannt hatte. Es war, als sähe man eine grellbemalte Puppe plötzlich aller Farben beraubt. Zu meiner Verwunderung perlte unversehens eine einzelne Träne über die mir zugewandte Wange.
»Narr?« Ich hatte meine Stimme wieder, wenn sie auch heiser klang.
Sofort wandte er seinen Blick zu meinem Gesicht und sank sofort darauf neben mir auf die Knie. Er nahm den Becher und hielt ihn mir an die Lippen, bis ich getrunken hatte; dann stellte er ihn beiseite, um meine herabhängende Hand zu ergreifen und wieder auf das Bett zu legen. »Was sie mir angetan haben, Fitz? Götter, was haben sie mit dir gemacht, um dich so zu zeichnen? Was ist aus mir geworden, dass ich dich nicht erkannte, obwohl ich dich auf meinen Armen trug?« Seine kühlen Finger wanderten über mein Gesicht, betasteten zaghaft die Narbe, die gebrochene Nase. »Wenn ich daran denke, wie schön du warst«, flüsterte er mit brüchiger Stimme. Einen Augenblick verharrte er regungslos; dann richtete er sich plötzlich auf und wischte sich mit dem Ärmel über die Augen, eine kindliche Geste, die mich tief berührte. Ich holte tief Atem und sammelte meine Kräfte. »Du hast dich verändert«, brachte ich mühsam heraus.
»Verändert? Ich mich? Ja, ich glaube, du hast Recht. Wie hätte ich mich auch nicht verändern sollen? Ich hielt dich für tot und mein Leben fortan für sinnlos. Und dann, in einem einzigen Augenblick beides wiederzubekommen, dich und den Sinn meines Lebens... Meine Augen erkannten dich, und ich glaubte, mir müsse mein Herz stehenbleiben. Ich dachte sogar, der Wahnsinn hätte sich meiner bemächtigt. Dann hörte ich dich meinen Namen sagen. Verändert, meinst du also? Mehr, als du dir vorstellen kannst, ebenso sehr, wie du dich offenbar verändert hast. In dieser Nacht erkenne ich mich kaum selbst wieder.« Noch nie hatte ich den
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