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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Narren so außer Fassung gesehen. Die nächsten Worte kamen nur mühsam über seine Lippen. »Ein Jahr lang habe ich in dem Glauben gelebt, du seist tot, Fitz. Ein ganzes Jahr.«
    Er umklammerte noch immer meine Hand, und ich spürte, wie er von einem durchgehenden Zittern gepackt wurde. Unvermittelt stand er auf. »Wir brauchen beide einen Schluck zu trinken.«
    Ich schaute ihm hinterher, als er durch den Raum ging. Er war gewachsen, aber weniger in die Höhe, als dass sich seine Glieder insgesamt gestreckt und ausgebildet hatten. Sein Körper war nach wie vor schlank und biegsam, doch er hatte nun Muskeln wie die eines Akrobaten. Mit einer Flasche und zwei Tonbechern kehrte er zurück, setzte sich auf die Bettkante und gab mir einen der Becher in die Hand. Ich brachte es fertig, ihn trotz meiner erfrorenen Fingerspitzen festzuhalten. Als der Narr den Korken aus der Flasche zog, wehte mir der vertraute Geist des Branntweins entgegen. Der Narr schenkte uns beiden ein und trank. Ich hob den Kopf und ließ einen kleinen Schluck in meinen Mund rinnen. Die Hälfte lief in meinen Bart, und ich würgte, als hätte ich noch nie in meinem Leben Branntwein getrunken. Dann fühlte ich, wie sich die scharfe Wärme in meinem Magen ausbreitete.
    »Ich hätte meinen Träumen Glauben schenken sollen. Wieder und wieder träumte mir, du wärst auf dem Weg hierher, und ich hörte es dich auch sagen: ›Ich komme.‹ Aber ich glaubte felsenfest, ich hätte versagt. Ich glaubte, der Catalyst wäre tot. Ich konnte dich nicht einmal erkennen, als ich dich vom Boden aufhob.«
    »Narr«, sagte ich erschöpft. Wenn er nur still sein wollte. Ich hatte keinen anderen Wunsch, als eine Zeitlang das Gefühl der Sicherheit zu genießen und an gar nichts anderes zu denken. Doch davon bemerkte er nichts.
    Er schaute mich an und verzog das Gesicht zu dem schlauen Grinsen, das ich von ihm kannte. »Du verstehst immer noch nicht, oder? Als uns die Nachricht von deinem Tod erreichte, als ich erfuhr, dass Edel dich ermordet hätte... da war mein Leben zu Ende. Noch schlimmer wurde es, als die Pilger den Weg zu mir fanden, um mir als dem Weißen Propheten zu huldigen. Ich wusste sehr wohl, dass ich der Weiße Prophet war, wusste es seit meiner Kindheit, genauso wie jene, die mich all die Jahre aufzogen. Ich wuchs in dem Bewusstsein heran, dass ich eines Tages nach Norden gehen würde, um dir zu begegnen und mit dir gemeinsam die Zeit auf die rechte Bahn zu bringen. Das war meine Bestimmung. Ich war fast noch ein Kind, als ich auszog. Allein machte ich mich auf die Reise nach Bocksburg, um den Catalyst zu suchen, den nur mir war es bestimmt, ihn zu erkennen. Und ich fand dich, und ich kannte dich, obwohl du selbst dich nicht kanntest. Ich beobachtete den schwerfälligen Gang der Ereignisse und merkte, dass jedes Mal du der Stolperstein warst, der das Rad des Weltenlaufs aus seinem alten Gleis springen ließ. Ich versuchte, es dir mitzuteilen, aber du wolltest nicht hören. Der Catalyst? Nicht du, o nein!« Er lachte, beinahe liebevoll, trank seinen restlichen Branntwein in einem Zug hinunter und hielt mir dann meinen Becher an die Lippen. Ich nippte.
    Der Narr stand auf, ging einmal im Zimmer herum, füllte erneut seinen Becher und sprach weiter: »Ich sah, wie sich alles dem völligen Zusammenbruch näherte. Doch immer warst du da, die nie zuvor aufgedeckte Karte, die Seite des Würfels, die bisher nie nach oben gezeigt hatte. Als mein König starb, wie es das Schicksal vorherbestimmt hatte, gab es noch einen Erben des Hauses Weitseher, außerdem lebte FitzChivalric noch, der Wandler der Geschicke, um zu bewirken, dass dieser Erbe den Thron bestieg.« Er trank seinen Becher erneut aus, und als er weitersprach, roch sein Atem nach Schnaps. »Ich floh. Ich floh mit Kettricken und dem ungeborenen Kind, voller Trauer, doch überzeugt, dass sich alles gemäß der Bestimmung fügen würde. Denn du warst der Wandler. Als wir jedoch hörten, du seist tot...« Er verstummte. Als er stockend weitersprach, war das Feuer in seiner Stimme erloschen. »Mein ganzes Leben wurde dadurch zu einer Lüge. Wie konnte ich der Weiße Prophet sein, wenn der Wandler tot war? Was sollte ich noch prophezeien? Die Veränderungen, die hätten eintreten können, wärst du am Leben geblieben? Was würde ich künftig anderes sein als ein Zuschauer, während die Welt sich weiter ins Verderben drehte! Ich hatte kein Ziel und keine Bestimmung mehr. Dein Leben war mindestens zur Hälfte

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