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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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»Sie werden die erste Zeit sehr empfindlich sein, denn es muss sich neues Fleisch und neue Haut bilden und das Erfrorene muss abgestoßen werden. Aber das bereitet mir keine Sorgen. Die Entzündung am Rücken ist es, die ihn umbringen kann. In dieser Wunde ist etwas eingeschlossen, allem Anschein nach ein Pfeil mit einem Stück vom Schaft.«
    »Und kannst du den Pfeil nicht herausschneiden?« Der Mann mit den Elfenbeinhänden sprach irgendwo aus dem Zimmer.
    »Gewiss«, antwortete die Frau. Sie sprach einen bock’schen Dialekt, allerdings mit dem Akzent der Berge. »Doch das wird ihn viel Blut kosten, und in ihm ist nicht mehr sehr viel Blut, auf das er verzichten kann. Und zudem könnte sich die Fäulnis der Wunde mit jeder neuen Blutung ausbreiten und seinen ganzen Körper vergiften.« Sie seufzte. »Wäre doch Jonqui noch am Leben! Ihr Wissen und ihre Kunst bleiben unübertroffen. Sie war es, die Prinz Rurisk den Pfeil herausschnitt, der ihn in die Brust getroffen hatte. Man sah in seiner Wunde schon die letzten Atemzüge brodeln, und dennoch ließ sie ihn nicht sterben. Ich bin keine Heilerin ihres Ranges, doch ich werde mein Bestes geben. Meine Gehilfin wird kommen und eine Salbe für seine Hände und Füße und sein Gesicht bringen. Er muss jeden Tag damit eingerieben werden, und erschreckt Euch nicht, wenn die Haut beginnt, sich abzulösen. Was seinen Rücken angeht, da müssen wir, so gut es eben geht, mit Breiumschlägen das Gift heraustreiben. Ihr müsst dafür sorgen, dass er regelmäßig isst und trinkt. Und er braucht Ruhe. Von heute an in einer Woche werden wir den Pfeil aus ihm herausschneiden und hoffen, dass er dann schon wieder so bei Kräften ist, um die Operation zu überleben. Jofron, weißt du ein gutes Rezept für Breiumschläge?«
    »Eins oder zwei. Kleie und Gänsefingerkraut sind sehr wirksam.«
    »Gut, gut. Gerne würde ich hierbleiben und ihn pflegen, doch ich werde noch anderenorts gebraucht. Zedernkuppe wurde gestern Abend angegriffen. Eine Taube brachte die Nachricht, dass es viele Verwundete gegeben hat, bis die Soldaten zurückgeschlagen werden konnten. Es wäre nicht recht, um eines Mannes willen meine Pflicht all den anderen gegenüber zu vernachlässigen. Ich muss ihn in Eurer Obhut lassen.«
    »Und in meinem Bett«, meinte der Mann mit den Elfenbeinhänden schicksalsergeben. Ich hörte, wie die Tür sich hinter der Heilerin schloss.
    Viele Fragen lagen mir auf den Lippen, doch ich war zu schwach, um sie zu stellen. Außerhalb meines Gesichtsfelds hörte ich Elfenbeinhand hin und her gehen. Wasser plätscherte, Geschirr klapperte. Schritte näherten sich.
    »Ich glaube, er ist wach«, sagte Jofron leise.
    Ich nickte auf meinem Kopfkissen.
    »Dann versuch ihm das einzuflößen«, sagte Elfenbeinhand. »Anschließend muss er sich ausruhen. Ich werde Kleie und Gänsefingerkraut für deine Breiumschläge holen. Und Bettzeug für mich, denn es sieht so aus, als würde er länger unser Gast sein.«
    Eine Frau setzte sich neben mich. Ich sah von ihr nur den landesüblich gemusterten bunten Rock und das Tablett mit Schüssel und Becher auf ihrem Schoß. Ihre Hand tauchte einen Löffel in die Schüssel und hielt ihn mir an den Mund. Ich kostete vorsichtig. Ich schmeckte eine Art Brühe heraus. Aus dem Becher stieg der Geruch von Kamille und Baldrian. Eine Tür wurde geöffnet und fiel wieder ins Schloss. Ein kalter Luftzug wehte durch den Raum. Noch ein Löffel Brühe. Und noch einer.
    »Wo?«, brachte ich schwach heraus.
    »Was?« Sie beugte sich hinunter, um mir ins Gesicht zu sehen. Ich sah blaue Augen. Zu dicht vor meinen eigenen. »Hast du etwas gesagt?«
    Als der Löffel wiederkam, hielt ich die Lippen geschlossen. Plötzlich war die Anstrengung des Essens zu groß, auch wenn ich mich von dem wenigen, das ich zu mir genommen hatte, gekräftigt fühlte. Um mich herum schien es dunkler zu werden.
    Als ich das nächste Mal aufwachte, umgab mich tiefe Nacht. Alles war still, bis auf das gedämpfte Knistern des Feuers im Herd; der flackernde Schein reichte aus, um den Raum notdürftig zu erleuchten. Ich fühlte mich fiebrig und matt und hatte brennenden Durst. Auf einem niedrigen Tischchen neben meinem Bett stand ein Becher mit Wasser. Ich versuchte ihn mir zu greifen, aber schon fuhr der Schmerz in meinem Rücken wieder grimmig auf wie ein Kettenhund und hinderte mich an allem.
    »Wasser!« Mein Mund war so trocken, dass ich nur ein Wispern zustande brachte. Niemand kam.
    Mein Gastgeber

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