Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier
nach seiner Ankunft hatte er sich der Königin zu erkennen gegeben. Bei der Gelegenheit hatte auch der Narr ihn gesehen. »Der Krieg scheint ihm gut zu bekommen«, bemerkte er. »Er geht umher wie ein Zwanzigjähriger, trägt ein Schwert an der Seite, und seine Augen blitzen. Er betrachtete noch mit Wohlgefallen, wie Kettrickens Leib sich damals rundete, und sie sprachen zuversichtlich von Veritas’ Erben auf dem Thron. Aber das war im Hochsommer.« Er seufzte. »Vor kurzem habe ich gehört, er sei hierher zurückgekehrt. Wahrscheinlich, weil die Königin ihm Nachricht von dem totgeborenen Kind gesandt hatte. Ich war noch nicht am Hof, um ihn zu begrüßen. Allerdings weiß ich auch nicht, was er uns für Hoffnung bringen wollte.« Der Narr schüttelte den Kopf. »Das Geschlecht der Weitseher muss erhalten bleiben«, sagte er vor sich hin. »Veritas muss einen Erben zeugen. Andernfalls...« Er breitete hilflos die Hände aus.
»Weshalb nicht Edel? Würde nicht ein Spross seiner Lenden genügen?«
»Nein.« Sein Blick wurde leer. »Nein. Das kann ich als Einziges mit Bestimmtheit sagen, jedoch nicht, was der Grund dafür ist. Nur so viel: In allen meinen Zukunftsvisionen zeugt Edel kein Kind. Nicht einmal einen Bastard. Stattdessen regiert er als der letzte Weitseher und vergeht damit im Dunkel aller Zeiten.«
Ein Schauder lief mir über den Rücken. Der Narr war mir unheimlich, wenn er von solchen Dingen sprach. Davon abgesehen hatten seine Prophezeiungen mir noch eine andere Sorge ins Gedächtnis zurückgerufen. »Da waren zwei Frauen, eine fahrende Musikantin namens Merle und eine alte Pilgerin, die man Krähe nannte. Sie waren auf dem Weg hierher. Krähe sagte, sie sei auf der Suche nach dem Weißen Propheten, allerdings ahnte ich nicht, dass sie dich meinen könnte. Hast du von ihnen gehört? Haben sie Jhaampe erreicht?«
Er schüttelte langsam den Kopf. »Seit Anbruch des Winters ist keiner mehr hierhergekommen, um den Weißen Propheten aufzusuchen. Natürlich erfahre ich nicht von allen Reisenden in Jhaampe. Sie könnten hier sein, aber zwei Frauen, wie du sie beschreibst, müssten Aufsehen erregt haben. Man würde von ihnen sprechen.« Zögernd fügte er hinzu: »In letzter Zeit werden die Straßen von Wegelagerern unsicher gemacht. Möglicherweise sind sie... nun ja, - aufgehalten worden.«
Möglicherweise waren sie tot. Sie hatten sich nach Mondesauge gewagt, um mich zu befreien, und ich hatte sie allein ihrem Schicksal überlassen.
»Fitz?«
»Schon gut. Narr, tust du mir einen Gefallen?«
»Allein diese Worte stimmen mich bedenklich. Was willst du?«
»Verrate niemandem, dass ich hier bin. Verrate niemandem, dass ich am Leben bin, wenigstens vorläufig nicht.«
Er seufzte. »Nicht einmal Kettricken? Um ihr zu sagen, dass ihr Gemahl vielleicht noch lebt?«
»Nein. Wozu falsche Hoffnungen wecken? Sie hat sich bereits einmal mit seinem Tod abfinden müssen. Falls es mir gelingt, ihn zu finden und wohlbehalten zurückzubringen, ist noch Zeit genug für Freudenfeste. Ich weiß, ich verlange viel von dir, aber lass mich einfach ein Fremder sein, den du krank vor deiner Haustür gefunden und bei dir aufgenommen hast. Später brauche ich vielleicht noch deine Hilfe, um mir eine alte Landkarte aus der Bibliothek von Jhaampe zu beschaffen. Wenn ich dann aber aufbreche, um meine Suche fortzusetzen, soll es in aller Heimlichkeit geschehen. Ich will keine Begleiter haben, und jedes Aufsehen wäre bei einem solchen Unterfangen nur schädlich.« Ich wandte den Blick ab und fügte hinzu: »Lass FitzChivalric gestorben sein. Es ist besser so.«
»Aber du wirst doch wenigstens Chade sehen wollen?«, fragte er ungläubig.
»Auch Chade soll nicht wissen, dass ich noch lebe.« - Ich fragte mich unterdessen, was meinen alten Lehrer mehr ärgern mochte, mein Versuch - und der gegen sein ausdrückliches Gebot -, Edel zu töten, oder dass ich dabei so kläglich versagt hatte. »Die Suche nach Veritas will ich allein unternehmen.« Ich beobachtete den Narren und las schließlich widerwilliges Einverständnis aus seinem Gesicht.
Er seufzte wieder. »Ich will nicht sagen, dass ich unbedingt deiner Meinung bin, doch ich werde dein Geheimnis wahren.« Er stieß ein kurzes Lachen aus, dann wurde es still zwischen uns. Die Flasche war leer. Das Fieber und der Alkohol glühten gleichzeitig in meinen Adern und spukten in meinem Kopf; es gab zu viele Dinge, über die ich nachdenken musste und zu wenige, die ich zu ändern
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