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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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ein freundschaftliches Geplänkel vom Zaun und einer gab dem anderen mit gleicher Münze heraus. Der Narr beherrschte die Sprache des Bergvolks besser als ich; häufig fiel es mir schwer, der Unterhaltung in Chyurda zu folgen, während ich von den Wortspielen des Narren nur die Hälfte begriff. Flüchtig dachte ich darüber nach, welcher Art das Verhältnis zwischen den beiden wohl sein mochte. In der ersten Zeit nach meiner Ankunft hatte ich Jofron für eine Art Schülerin gehalten; nun fragte ich mich, ob sie das Interesse an seiner Philosophie nicht nur als Vorwand gebrauchte, um in seiner Nähe sein zu können. Bevor sie ging, nahm sie auch an den Füßen des Narren Maß und erkundigte sich, welche Farben und Besätze er an seinen Stiefeln haben wollte.
    »Neues Schuhwerk?«, fragte ich ihn scherzhaft, als Jofron sich verabschiedet hatte. »So selten, wie du vor die Tür gehst, wundere ich mich, dass du deine Sohlen überhaupt abnutzt.«
    Er schaute mich ernst an, und das humorvolle Leuchten in seinen Augen erlosch. »Du weißt sehr wohl, dass ich mit dir gehen muss«, sagte er bedächtig, und ein seltsames Lächeln umspielte dabei seinen Mund. »Weshalb, glaubst du, sind wir sonst an diesem fernen Ort wieder zusammengeführt worden? Durch das Zusammenwirken des Wandlers und des Weißen Propheten sollen diese Zeitenläufe wieder auf die rechte Bahn zurückgeführt werden. Ich glaube, wenn unsere Suche erfolgreich ist, dann werden die Roten Schiffe von der Küste der Sechs Provinzen vertrieben, und ein Weitseher wird den Thron besteigen.«
    »So steht es tatsächlich in den meisten Weissagungen«, meldete Krähe sich aus ihrem Herdwinkel zu Wort. Sie verknotete die letzte Maschenreihe an einem dicken Strickhandschuh. »Und wenn die Seuche des seelenlosen Hungers die Umschreibung für Entfremdung ist und euer Vorhaben dem ein Ende bereitet, dann wäre das die Erfüllung einer weiteren Prophezeiung.«
    Krähes Talent, zu jeder Gelegenheit eine Prophezeiung parat zu haben, begann an meinen Nerven zu zehren. Ich zwang mich ruhig zu bleiben und fragte den Narren: »Und was meint Königin Kettricken zu dieser unerwarteten Gesellschaft?«
    »Ich habe nicht mit ihr darüber gesprochen«, erklärte er munter. »Nicht ihr schließe ich mich an, Fitz. Ich folge dir.« Seine Augen wirkten plötzlich abwesend. »Seit ich ein Kind war, habe ich gewusst, dass wir eines Tages gemeinsam auf diese Reise gehen würden. Mir ist nie der Gedanke gekommen, ich könnte dich dabei etwa nicht begleiten. Von dem Tag an, als du hier auf getaucht bist, habe ich meine Vorbereitungen für diesen Augenblick getroffen.«
    »Ich ebenfalls«, sagte Krähe im selben Ton.
    Wir beide drehten uns um und starrten sie an.
    Als bemerkte sie es nicht, probierte sie den Handschuh an und begutachtete die Passform.
    »Nein!«, entschied ich brüsk. Mir genügte schon, dem Tod der Packtiere entgegensehen zu müssen. Auf keinen Fall wollte ich auch noch den Tod einer guten Freundin erleben. Krähe war schlicht und einfach zu alt für eine solche Reise. Daran gab es nichts zu rütteln.
    »Eigentlich wollte ich dich bitten, während meiner Abwesenheit das Haus zu hüten«, meinte der Narr beschwichtigend. »Der Vorrat an Feuerholz reicht bis zum Frühling, in der Speisekammer sind Grütze und...«
    »Ich erwarte meinen Tod auf dieser Reise, wenn dich das beruhigt.« Sie zog den Handschuh aus und legte ihn zu seinem Gegenstück, dann überprüfte sie die übrig gebliebene Menge an Wolle und begann mit flinken Fingern Maschen aufzunehmen. »Und vorher braucht sich niemand meinetwegen Gedanken zu machen. Ich kann für mich selbst sorgen. Ich habe zuletzt ein wenig Tauschhandel betrieben und bin mit allem versehen, was man auf so einer Reise braucht.« Sie schaute von ihren klappernden Nadeln zu mir auf und fügte mit ruhiger Stimme hinzu: »Ich habe alle erforderlichen Mittel um diese Reise bis zum Ende zu überstehen.«
    Ich konnte gar nicht anders, als die gelassene Selbstverständlichkeit zu bewundern, mit der sie für sich das Recht in Anspruch nahm, in dieser Weise über ihr Leben zu entscheiden. Wann hatte ich eigentlich angefangen, sie als eine hilflose alte Frau zu betrachten, die man schonen und versorgen musste? Sie richtete den Blick wieder auf ihr Strickzeug, obwohl es eigentlich nicht nötig war. Ihre Hände arbeiteten auch ohne Aufsicht flink und fehlerlos vor sich hin. »Ich sehe, ihr versteht mich«, bemerkte sie abschließend. Und damit war die

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