Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier
Frau oder um einen jungen Burschen mit gezückter Klinge. Eine Weile hat es den Anschein, als würde der junge Reiter Chades Bahn kreuzen, aber der alte Assassine bemerkt ihn rechtzeitig, spricht seinem Pferd gut zu, worauf der Wallach wie ein Pfeil davonschnellt. Die beiden schwerfälligen Verfolger lässt er damit weit hinter sich zurück, aber der Schecke streckt sich gewaltig, holt auf und kommt immer näher. Erst sieht es so aus, als könne Chade doch noch ohne Mühe entkommen, doch der Schecke ist frischer. Chades Wallach kann seinen gewaltigen Galopp nicht beibehalten, und der Schecke holt mit gleichmäßigem Tempo langsam, aber sicher den Vorsprung auf. Der Abstand zwischen ihnen wird stetig geringer. Schließlich läuft der Schecke dicht hinter dem Wallach, worauf Chade sich im Sattel umwendet und grüßend den Arm hebt. Der fremde Reiter ruft ihm etwas zu, und durch ihre dünne Stimme in der frostigen Luft wird klar, es ist tatsächlich eine Frau: »Für Veritas, den wahren König!« Sie wirft Chade einen Beutel zu und er ihr dafür ein Päckchen. Gleich darauf trennen sich ihre Wege. Beide Pferde biegen vom Pfad ab und entfernen sich in entgegengesetzter Richtung. Und die Hufschläge verhallen in der Nacht.
Die keuchenden Pferde der Verfolger sind schaumbedeckt und ihre Leiber dampfen in der Kälte. Die Reiter lassen die Tiere in Trab fallen und fluchen, als sie die Stelle erreichen, wo Chade und seine Verbündete sich getrennt haben. Gesprächsfetzen hallen durch die Luft. »Dieses verfluchte Weitseherpack!«, und: »Woher sollen wir wissen, wer es jetzt hat?«, und schließlich: »... nicht zurück, um mir für diesen Schlamassel den Rücken gerben zu lassen.« Sie scheinen sich dann doch geeinigt zu haben, da sie ihre Pferde endlich verschnaufen lassen und danach langsam in entgegengesetzte Richtung weiterreiten.
Ich kehrte aus dieser Vision für einen Augenblick zu mir selbst zurück und bemerkte, wie ich lächelte, obwohl mein Gesicht von Schweiß bedeckt war. Die Gabe wirkte wahrhaft stark in mir. Deshalb versuchte ich, mich zurückzuziehen, aber der Rausch der Erkenntnis war zu süß. Was ich eben mitangesehen hatte, erfüllte mich mit Euphorie: Chade war entkommen, und es gab Widerständler, die für Veritas’ Sache kämpften. Dann erschien mir ein schreiendes Kind mit seinem endlos monotonen Plärren. Und ich sah meine Tochter, wie sie auf einem Bett lag und in eine Decke eingewickelt war, auf der Regentropfen glitzern...
Ihr Gesicht ist hochrot. Aus Mollys Stimme klingt erschreckend bemüht, als sie mit unterdrückter Gereiztheit zu dem Kind spricht: »Sei still. Kannst du nicht endlich still sein!«
Dann Burrichs müde, aber entschiedene Stimme: »Sei nicht böse auf sie. Sie ist nur ein Säugling. Wahrscheinlich hat sie Hunger.«
Molly steht mitten im einzigen Raum der Hütte, die Lippen zusammengepresst, die Arme fest vor der Brust verschränkt, und die Haare hängen ihr in nassen Strähnen um das Gesicht. Burrich hängt seinen tropfenden Umhang auf. Sie sind alle zusammen irgendwo gewesen und eben zurückgekommen. In der Hütte ist es dunkel und kalt, nur ein Talglicht brennt. Burrich geht zum Kamin, kniet umständlich davor nieder und sucht Holz und Späne zusammen, um Feuer zu machen. Ich fühle die Spannung in ihm, und ich weiß, wie sehr er sich bemüht, Gelassenheit zu bewahren. »Versorg du die Kleine«, sagt er ruhig. »Ich bringe das Feuer in Gang und setze Wasser auf.«
Molly nimmt ihren Umhang ab, geht betont langsam zur Tür und hängt ihn neben Burrichs auf den Haken. Als wenn ich nicht wüsste, wie sehr sie es hasst, wenn jemand ihr sagt, was sie tun soll. Der Säugling plärrt weiter und schreit seine unerbittlichen, zermürbenden Forderungen in die Welt hinaus. - »Ich friere. Ich bin müde und hungrig und vom Regen durchnässt. Es ist Zeit für sie zu lernen, dass sie manchmal eben warten muss.«
Burrich beugt sich vor, bläst auf einen Funken Glut und flucht, als er nicht aufflammen will. »Auch sie friert, ist hungrig und müde und nass«, gibt er zu bedenken, ohne von seiner Beschäftigung aufzusehen. »Und sie ist zu klein, um selbst etwas dagegen zu tun. Deshalb schreit sie. Nicht, um dich zu quälen, sondern um dir mitzuteilen, dass sie Hilfe braucht. Wie ein junger Hund, der winselt, oder wie ein piepsendes Küken. Sie tut es nicht aus böser Absicht.« Mit jedem Satz wird seine Stimme lauter.
»Sie ist viel zu verwöhnt. Meistens schreit sie nur, weil sie
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