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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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ehrliche Antwort. »Ich weiß es nicht. Nicht ganz genau. Es ist schwierig zu erklären.« Das Knistern des Feuers war danach das einzige Geräusch. Alle warteten schweigend darauf, dass ich weiterredete. Ich spürte ihre Blicke, als ob sie mich direkt berührten. »Wenn man in der Gabe ausgebildet ist«, fuhr ich langsam fort, »wird einem schnell bewusst, welche Gefahr ihr innewohnt. Sie fesselt die Aufmerksamkeit des Kundigen. Wenn man von der Gabe Gebrauch macht, um etwas zu bewirken, muss man alle Gedanken auf das Vorhaben richten und darf sich keinesfalls von den sonstigen Versuchungen der Gabe ablenken lassen. Wenn der Kundige jedoch diese ausschließliche Konzentration verliert, wenn er sich dennoch von der Gabe selbst verführen lässt, dann kann er sich darin verlieren. Er wird von ihr dann buchstäblich aufgesogen.« Ich löste den Blick von den Flammen und schaute in die Gesichter meiner Zuhörer. Sie waren ausdruckslos; nur Krähe stimmte mir auf eigenartige Weise mit einem Nicken zu.
    »Heute, seit wir auf die Straße gestoßen sind, habe ich etwas gespürt, das sich beinahe so anfühlt wie jene Anziehungskraft der Gabe. Doch ich habe nicht hinausgedacht, im Gegenteil: Seit Tagen habe ich mich so weit wie möglich gegen die Gabe abgeschirmt, weil ich befürchtete, Edels Zirkel könnte in mein Bewusstsein eindringen und mir etwas antun. Trotzdem war mir, als würde die Gabe mich weiterlocken. Wie eine verführerische Musik aus weiter Ferne oder wie der lockende Duft einer kaum wahrnehmbaren Witterung. Dann fiel mir zu meiner Überraschung auf, wie ich alle meine Sinne anspannte, um herauszufinden, wer oder was mich da ruft...«
    Ich blickte unvermittelt zu Krähe hinüber und sah den unterdrückten Hunger in ihren Augen. »Liegt es womöglich daran, dass die Straße mittels der Gabe erschaffen wurde?«
    Ein Schatten flog über ihr Gesicht, und sie schaute auf ihre von Altersflecken übersäten Hände. Endlich stieß sie einen langen Seufzer aus. »Es mag so sein. In alten Geschichten, die man sich erzählt, heißt es, wenn ein Ding mittels der Gabe geschaffen ist, dann kann es für manche Menschen gefährlich sein. Nicht für gewöhnliche Menschen, aber für solche, die das Potenzial der Gabe besitzen, doch nicht darin ausgebildet sind. Oder nicht gründlich genug ausgebildet, um zu wissen, wie man sich davor schützt.«
    »Seltsam, ich wusste nicht, dass es solche Geschichten gibt.« Ich wandte mich an Merle und den Narren. »Wusstet ihr davon?«
    Beide schüttelten den Kopf.
    »Mir scheint allerdings«, sagte ich bedeutungsvoll zu Krähe, »dass jemand, der so belesen ist wie der Narr, wohl doch irgendwo auf eine solche Geschichte gestoßen sein müsste. Dazu kommt: Auch eine ausgebildete Vagantin müsste als fahrende Sängerin ebenfalls irgendwann einmal davon gehört haben.« Ich hielt Krähe mit meinem Blick gefesselt.
    Sie verschränkte darauf entschieden die Arme vor der Brust. »Bin ich denn für alles verantwortlich, was Sie nicht gelesen oder gehört haben? Ich gebe nur wieder, was man mir vor langer Zeit erzählt hat.«
    »Vor wie langer Zeit?«, fragte ich weiter, während Kettricken mir gegenüber die Stirn runzelte, mich jedoch gewähren ließ.
    »Vor sehr langer Zeit«, erwiderte Krähe frostig. »Als die Jugend vor dem Alter noch Respekt hatte.«
    Da blitze im Gesicht des Narren ein entzücktes Grinsen auf. Und Krähe schien zu glauben, dass sie eine Art Sieg errungen hatte, denn sie stellte energisch ihren Teebecher in die leere Essschale und reichte mir beides herüber. »Du bist an der Reihe mit dem Geschirr«, sagte sie streng, stand auf, ging mit festen Schritten zum Zelt und verschwand darin.
    Als ich langsam das Geschirr einsammelte, um es abseits des Lagers mit sauberem Schnee auszureiben, blieb Kettricken neben mir stehen. »Was hegst du für einen Verdacht?«, fragte sie mich in ihrer unumwundenen Art. »Glaubst du, sie ist eine Spionin, ein Feind in unserer Mitte?«
    »Nein. Nein, ich glaube nicht, dass sie unser Feind ist. Aber ich glaube, sie ist etwas mehr als nur eine alte Frau, die an der Person eines außergewöhnlichen Narren ihr religiöses Interesse zeigt.«
    »Aber du kennst nicht ihr Geheimnis?«
    »Nein. Mir ist nur aufgefallen, dass sie erheblich mehr über die Gabe weiß, als man es erwarten dürfte. Andererseits, im Lauf eines langen Lebens häuft sich ein Wissen auf mancherlei Art an. Möglicherweise ist das die Erklärung.« Ich schaute in die Höhe, wo der

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