Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
auf den Arm genommen werden will«, erklärt Molly herausfordernd. »Nun, soll sie doch! Ich bin zu müde, um mich jetzt um sie zu kümmern. Ich habe keinen Augenblick mehr für mich selbst, nicht einmal eine Nacht durchschlafen lässt sie mich. Immer nur den Säugling füttern, ihn waschen, ihn wickeln und herumtragen. Etwas anderes gibt es nicht mehr in meinem Leben als diesen Säugling.« Ihr Ton wirkt kämpferisch, und ihre Augen funkeln wie früher, wenn sie sich ihrem Vater widersetzte, und ich weiß im selben Augenblick: sie rechnet damit, dass Burrich jetzt aufstehen und ihr drohen wird, doch er bläst nur auf ein glimmendes Stück Rinde und sieht zu, wie eine schmale Flamme sich ausbreitet und nach den Spänen greift. Er schaut sich nicht einmal um nach Molly und dem schreienden Kind um. Einen Zweig nach dem anderen legt er auf das winzige Feuer, und ich wundere mich, wie er offenbar nicht merkt, dass Molly hinter ihm steht und vor Wut fast platzt. Ich würde nicht so gelassen bleiben, wenn sie hinter mir stünde und diesen Ausdruck auf dem Gesicht hätte.
    Erst als das Feuer wirklich und richtig brennt, erhebt er sich, wobei er sich auch dann nicht Molly zuwendet, sondern an ihr vorbei zum Bett geht, als wäre sie schlicht nicht da. Ich weiß nicht, ob er merkt, wie sie sich unbewusst auf einen Schlag von ihm vorbereitet, den sie von ihm erwartet und den sie ohne Zucken hinnehmen würde. Es tut mir im Herzen weh, dabei sehen zu müssen, wie ihr Vater sie fürs ganze Leben gezeichnet hat. Burrich neigt sich über die Kleine und redet beschwichtigend auf sie ein, während er die Decke aufwickelt. Beinahe mit Ehrfurcht sehe ich zu, wie er ihre Windeln wechselt. Er schaut sich um; dann nimmt er eines seiner Hemden, das über einer Stuhllehne hängt, und hüllt sie darin ein. Die Kleine schreit noch immer, aber weniger inbrünstig. Er legt sie an seine Schulter und benutzt seine freie Hand, um einen Topf mit Wasser zu füllen und ans Feuer zu setzen. Es ist, als wäre Molly schlicht nicht vorhanden oder im Raum. Ihr Gesicht ist blass geworden, und mit großen Augen schaut sie zu, wie Burrich Grütze abmisst. Als das Wasser noch nicht kocht, setzt er sich mit der Kleinen hin und tätschelt ihr gleichmäßig den Rücken. Das Schreien wird leiser, als würde das Kind seines Schreiens müde.
    Molly geht steif zu beiden hin. »Gib sie mir. Ich werde sie jetzt stillen.«
    Burrich hebt langsam und mit ausdrucksloser Miene den Kopf. »Erst wenn du dich beruhigt hast und sie dann nehmen willst, werde ich sie dir geben.«
    »Gib sie mir jetzt! Sie ist mein Kind!«, erwidert Molly bissig und will nach ihr greifen. Burrich weist sie mit einem einzigen Blick in die Schranken. Sie weicht zurück. »Versuchst du, mich über mein Kind zu belehren?«, fragt sie schrill. »Sie ist meine Tochter. Ich habe das Recht, sie zu erziehen, wie ich es für richtig halte. Es ist unnötig, sie die ganze Zeit auf dem Arm zu tragen.«
    »Das stimmt«, nickt er, macht jedoch keinerlei Anstalten, ihr das Kind zu überlassen.
    »Du findest wohl, ich bin eine schlechte Mutter. Aber was weißt du über Kinder, dass du mir vorschreiben willst, was ich tun soll?«
    Burrich steht auf, knickt dabei etwas ein, als das schlimme Bein nachgibt, fängt sich aber gleich wieder. Er nimmt den Becher Grütze, streut ihn in das brodelnde Wasser und rührt um. Dann legt er einen Deckel auf den Topf und zieht ihn an den Rand des Feuers. Während all dieser Verrichtungen hält er das Kind in der Armbeuge. Als er antwortet, geschieht es wohlüberlegt. »Vielleicht weiß ich nicht viel über Kinder, aber ich kenne mich aus mit jungen Geschöpfen. Fohlen, Welpen, Kälbern, Ferkeln. Sogar Wildkatzen. Deshalb weiß ich, dass sie einem nur vertrauen und gehorchen werden, wenn man sie oft berührt, solange sie klein sind. Sanft, aber fest, damit sie auch an deine Kraft glauben.«
    Doch damit wärmt er sich nur auf. Ich habe diesen Vortrag schon hundertmal gehört. Meistens diente er zur Belehrung ungeduldiger Stallburschen. »Man schreit sie nicht an oder macht plötzliche Bewegungen, die drohend wirken. Man gibt ihnen gutes Futter und sauberes Wasser, hält sie reinlich und bietet ihnen Schutz vor dem Wetter.« Seine Stimme bekommt einen vorwurfsvollen Unterton, als er hinzufügt: »Man lässt nicht seine Launen an ihnen aus oder verwechselt Strafe mit Disziplin.«
    Molly ist entsetzt über seine Worte. »Erziehung erfolgt nur durch Strafe. Ein Kind lernt erst durch

Weitere Kostenlose Bücher