Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier
Sklaverei wird sich ausbreiten, weil wenn es schon legitim ist, das Leben eines Menschen auszulöschen um der reinen Unterhaltung willen, warum dann nicht klug sein und einen schwunghaften Handel damit betreiben?«
Die Stimme des Narren war über dem Sprechen lauter und leidenschaftlicher geworden. Jetzt hielt er plötzlich den Atem an und beugte den Oberkörper über die Knie. Ich legte ihm die Hand auf die Schulter, doch er schüttelte nur den Kopf. Nach ein paar Atemzügen richtete er sich wieder auf. »Ich muss schon sagen, mit dir zu reden ist anstrengender als ein Gewaltmarsch. Glaub mir, Fitz, so schlimm die Roten Korsaren auch sein mögen, sie sind nur Dilettanten und naive Experimenteure. Ich habe in Visionen gesehen, wie die Welt in dem Zyklus, in dem sie die Oberhand behalten, aus den Fugen gerät. Es wird nicht dieser Zyklus sein, mein Wort darauf.«
Er erhob sich schwerfällig und hielt mir den angewinkelten Arm hin. Ich nahm ihn, und wir setzten unseren Weg fort. Er hatte mir viel Stoff zum Nachdenken gegeben; deshalb war ich kein sehr gesprächiger Gefährte an diesem Nachmittag. Das ebener werdende Gelände erlaubte mir, neben der Straße zu gehen, auch weil der Narr sich nicht über den unebenen Boden beschwerte.
Je weiter die Straße ins Tal hinunterführte, desto wärmer wurde es und desto üppiger die Vegetation. Gegen Abend war das Terrain so günstig beschaffen, dass wir das Zelt nicht nur neben der Straße, sondern in ziemlicher Entfernung davon aufschlagen konnten. Vor dem Schlafengehen demonstrierte ich Krähe die Lösung für die gestellte Aufgabe, und sie nickte zufrieden. Sofort begann sie, eine neue Stellung aufzubauen, aber ich hielt dabei ihre Hand fest.
»Heute Nacht brauche ich das nicht. Ich freue mich darauf, tief und fest zu schlafen.«
»Wirklich? Dann solltest du dich nicht darauf freuen, wieder aufzuwachen.«
Ihre Worte trafen mich wie ein Schlag in die Magengrube.
Sie befreite ihre Hand und fuhr fort, die Steine auszulegen. »Du bist einer gegen drei, und diese drei bilden einen Zirkel«, erklärte sie in sanfterem Ton. »Und möglicherweise sind diese drei sogar vier. Wenn Edels Brüder der Gabe mächtig waren, verfügt höchstwahrscheinlich auch er über ein gewisses Maß davon. Mit der Hilfe der anderen könnte er lernen, ihnen seine Kraft zu leihen.« Sie beugte sich dichter zu mir heran und senkte ihre Stimme, obwohl alle anderen mit sich und ihren Arbeiten beschäftigt waren. »Du weißt, dass es möglich ist, mit der Gabe zu töten. Würde er diese Möglichkeit nicht nutzen?«
»Aber wenn ich abseits der Straße schlafe...«
»Der Einfluss der Straße ist wie der Wind, der für alle gleich weht. Der böse Wunsch eines Zirkels ist wie ein Pfeil, der nur auf dich zielt. Außerdem, wenn du schläfst, kannst du nicht verhindern, dass deine Gedanken zu der Frau und dem Kind wandern. Und jedes Mal, wenn du an sie denkst, ist es möglich, dass der Zirkel sie durch deine Augen sieht. Du musst sie aus deinem Bewusstsein verdrängen.«
Ich beugte den Kopf über das Spiel.
Am nächsten Morgen weckte mich das Prasseln von Regen auf der Lederhülle der Jurte. Ich blieb in meinen Decken liegen und lauschte dem Geräusch - einerseits dankbar, dass wir von Schnee und Eis erlöst waren, andererseits nicht begeistert von der Aussicht auf einen Fußmarsch durch Regen. Ich fühlte das Erwachen der anderen ringsum mit einer Deutlichkeit wie seit Tagen nicht. Fast kam es mir vor, als wäre ich wacher als sonst. An der gegenüberliegenden Seite der Jurte bemerkte Merle schläfrig: »Wir sind gestern wohl vom Winter in den Frühling hineinmarschiert.«
Der Narr neben mir streckte den Kopf aus den Decken, kratzte sich und brummte: »Typisch für fahrende Musikanten. Immer müssen diese Vaganten übertreiben.«
»Wie man sieht, geht es dir besser«, konterte Merle.
Nachtauge schob den Kopf durch die Zeltöffnung. Ein blutiges Kaninchen baumelte zwischen seinen Zähnen. Die Jagd ist auch besser.
Der Narr setzte sich auf. »Will er das mit uns teilen?«
Meine Beute ist deine Beute, kleiner Bruder.
Es versetzte mir einen Stich zu hören, dass er den Narren ›kleiner Bruder‹ nannte. Bemerkenswert, deine Großzügigkeit, besonders angesichts der Tatsache, dass du heute Morgen bereits zwei verspeist hast, bemerkte ich sarkastisch.
Niemand hat dich gezwungen, während der besten Jagdzeit im Bett zu liegen.
Ich schwieg einen Augenblick. Ich bin dir in letzter Zeit kein guter
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