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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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sie düster. »Haben sie ihn losgelassen? Oder hat ein Gabensturm sie hinweggefegt? Und wenn ja, wer hat diesen Sturm dann entfesselt?«
    »Veritas«, sagte ich mit plötzlicher Gewissheit. Und im gleichen Augenblick schien mir alles vollkommen klar. »Sie haben heute Abend auch Veritas angegriffen! Und er hat sie besiegt!«
    »Wovon redet ihr überhaupt?«, verlangte Kettricken zu wissen, in Miene und Tonfall ganz die Königin. »Wer hat meinen Gemahl angegriffen? Und was weiß Krähe von diesen anderen, die den Narren überfallen haben?«
    »Sie kennt sie nicht, Majestät, glaubt mir«, versicherte ich hastig.
    »Sei still!«, fuhr Krähe mich an. »Majestät, ich besitze das Wissen eines höheren Schülers, wenn man so will, von jemandem, der eine Kunst zwar studiert hat, aber selbst nicht das Talent dazu besitzt. Seit der Narr und der Wandler auf dem Markptlatz am Kreuzweg für einen Moment miteinander verbunden waren, habe ich befürchtet, dass zwischen ihnen eine Verbindung entstanden ist, über die Gabenkundige sie erreichen könnten. Doch entweder weiß der Zirkel nichts darüber, oder etwas hat heute Nacht ihr Vorhaben vereitelt. Vielleicht der Gabensturm, von dem Fitz gesprochen hat.«
    »Dieser Gabensturm - du glaubst, das war Veritas?« Kettricken Atem ging plötzlich schneller, und ihre Wangen röteten sich.
    »Nur bei ihm habe ich je die Gabe in solcher Stärke gespürt«, antwortete ich.
    »Dann lebt er«, sagte sie. »Er lebt.«
    »Möglicherweise«, schränkte Krähe ein. »Ein solcher Ausbruch der Gabe kann einen Menschen töten. Oder es war gar nicht Veritas. Es könnte auch ein fehlgeschlagener Versuch von Will und Edel gewesen sein, Fitz anzugreifen.«
    »Nein, ich habe es euch doch gesagt. Es hat sie auseinandergeweht wie Spreu im Wind.«
    »Und ich habe gesagt, sie können sich bei dem Versuch, dich zu töten, selbst vernichtet haben.«
    Ich erwartete, dass Kettricken die Alte zurechtweisen würde, doch sowohl sie als auch Merle schauten nur staunend und mit großen Augen auf Krähe, denn dass diese eine derart umfassende Kenntnis der Gabe an den Tag legte, kam für sie gänzlich unerwartet.
    »Wie kann ich euch beiden nur danken, dass ihr mich so fürsorglich gewarnt habt«, bemerkte der Narr mit ätzender Verbindlichkeit.
    »Ich wusste nicht...«, wollte ich protestieren, aber wieder fuhr mir Krähe in die Parade.
    »Dich zu warnen, das wäre sinnlos gewesen. Du hättest dann nur an nichts anderes mehr denken können. Lasst es mich an einem Vergleich deutlich machen. Es hat allein schon unserer gemeinsamen Anstrengung bedurft, um zu verhindern, dass Fitz dem Einfluss der Gabenstraße erliegt. Und die Reise in die Geisterstadt hätte für ihn Wahnsinn und Tod bedeutet, wäre er nicht mit Elfenrinde betäubt gewesen. Gleichzeitig wandern aber diese anderen auf der Straße und nutzen die Wegweiser, um von einem Ort zum anderen zu gelangen. Offensichtlich sind sie ihm an Stärke vielfach überlegen. Nun, was ist da wohl zu tun? Was ist zu tun?«
    Niemand antwortete auf diese Frage, die nach keiner Antwort verlangte. Plötzlich funkelte Krähe den Narren und mich vorwurfsvoll an. »Das alles kann nicht richtig sein. Es kann einfach nicht richtig sein. Der Prophet und der Wandler, und beide sind kaum mehr als Knaben. Grünschnäbel, im Grunde völlig ungeschult in der Gabe, dabei den Kopf noch voller Flausen und Liebeskummer. Und sie sollen es sein, die ausgesandt sind, die Welt zu retten?«
    Der Narr und ich tauschten einen Blick untereinander. Ich sah ihn Atem holen, um zu antworten, doch in diesem Augenblick schnippte Merle mit den Fingern. »Und genau das ist der Schlüssel zu meinem Lied!«, rief sie begeistert aus, während ihr Gesicht bereits strahlte. »Nicht ein Lied von Heldenstärke und mächtigen Kriegern. Nein. Ein Lied von zwei Burschen, die allein mit der Kraft der Freundschaft auszogen, um ihre Bestimmung zu erfüllen. Beide standen sie in unwandelbarer Treue zu ihrem König. Und im Refrain... ›Kaum zum Manne gereift‹, etwas in der Art, hm...«
    Der Narr fing meinen Blick auf und schaute bedeutungsvoll an sich hinunter. »Kaum zum Manne gereift? Ich hätte es dir vielleicht doch zeigen sollen«, sagte er leise, und trotz allem, sogar trotz des strafenden Blicks meiner Königin, konnte ich mich vor lachen kaum noch halten.
    »Hört auf!«, wies Krähe uns mit einer solch düsteren Strenge zurecht, dass ich auf der Stelle wieder ernst wurde. »Wir haben keine Zeit für Lieder oder

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