Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier
kniete mich neben dem Narren auf den Boden. Er hatte sich den Kopf angeschlagen, und Blut sickerte auf den schwarzen Stein, aber ich glaubte nicht, dass er deswegen besinnungslos war.
»Ich wusste, wir hätten es nicht tun sollen. Also weshalb habe ich zugelassen, dass du es doch tust?«, schimpfte ich mit mir selbst, als ich ihn aufhob, um ihn ins Lager zu tragen.
»Weil du ein noch größerer Dummkopf bist als er. Und ich bin der größte Dummkopf von allen. Euch allein zu lassen und darauf zu vertrauen, dass ihr keinen Unfug anstellt. Was hat er getan?« Diese Worte kamen von Krähe, die vom Herbeieilen noch ganz außer Atem war.
»Er hat das Mädchen auf dem Drachen mit der Gabe an seinen Fingern berührt.«
Während ich sprach, schaute ich an der Skulptur hinauf. Zu meinem Entsetzen war am Arm des Mädchens ein schimmernder silberner Fingerabdruck zu sehen, der sich purpurn umrahmt von ihrer bronzegetönten Haut abhob. Krähe folgte meinem Blick, und ich hörte sie aufstöhnen. Sie wirbelte zu mir herum und hob die Hand, wie um mich zu schlagen, erstarrte dann aber in der Bewegung und ballte sie zu einer knochigen Faust, die sie langsam sinken ließ.
»Genügt es nicht, dass sie für alle Ewigkeit dort gefangen ist, allein und getrennt von allem, was sie einst geliebt hat? Und dann müsst ihr zwei kommen und ihr zu allem Überfluss noch Schmerz zufügen! Wie konntet ihr so grausam sein?«
»Wir haben es nicht mit Absicht getan. Wir haben nicht gewusst...«
»Unwissenheit ist immer die Entschuldigung der rücksichtslos Neugierigen!«, fauchte Krähe.
Plötzlich wurde ich ebenfalls wütend. »Wirf mir nicht meine Unwissenheit vor, wenn du es doch bist, die sich weigert, meine Fragen zu beantworten. Andeutungen und Warnungen und Orakelsprüche, aber kein Wort, das uns helfen könnte. Und wenn wir etwas falsch machen, schimpfst du nur und sagst, wir hätten es besser wissen müssen. Wie denn? Wie können wir es besser wissen, wenn diejenige, die es wirklich besser weiß, sich weigert, ihr Wissen mit uns zu teilen?«
Der Narr regte sich leicht in meinen Armen. Der Wolf, der uns ruhelos umkreist hatte, kam winselnd heran, um seine Hand zu beschnüffeln.
Vorsieht! Pass auf, dass du nicht an seine Finger kommst.
Was hat ihn gebissen?
Ich weiß nicht. Und laut fügte ich hinzu: »Ich weiß überhaupt nichts. Ich bin anscheinend dazu verurteilt, im Dunkeln herumzustolpern und jedem, dem ich helfen will, Schmerzen zuzufügen.«
»Ich wage nicht, mich einzumischen«, schrie Krähe mich an. »Was, wenn ein Wort von mir dich auf den falschen Weg bringt? Was wird dann aus all den Prophezeiungen? Du musst deinen eigenen Weg finden, Wandler.«
Der Narr schlug die Augen auf und schaute mich gedankenverloren an; dann schloss er sie wieder, und sein Kopf fiel an meine Schulter. Er wurde mir allmählich zu schwer, und ich wollte unbedingt herausfinden, was mit ihm nicht stimmte. Merle tauchte jetzt hinter Krähe auf und hatte die Arme voll nasser Wäsche. Ich wandte mich ab und schlug den Weg zum Lager ein. Als ich an Krähe vorüberging, sagte ich noch über die Schulter: »Vielleicht ist das der Grund, weshalb du hier bist. Vielleicht wurdest du hergeführt, weil du eine Rolle zu spielen hast, die möglicherweise darin besteht, unsere Unwissenheit zu erleuchten, damit wir diese deine vermaledeite Prophezeiung erfüllen. Und durch dein Schweigen verhinderst du es. Aber«, dann blieb ich stehen, weil ich ihr die Worte jetzt förmlich entgegenschleuderte, »ich glaube, du schweigst aus gutem Grund. Nämlich, weil du dich schämst!«
Bei dem Ausdruck der Bestürzung auf ihrem Gesicht bekam ich ein schlechtes Gewissen. Ich drehte mich um und ging weiter. Aber es tat mir nicht leid, nein, denn meine fast überfällige Trotzreaktion verhalf mir zu einer plötzlichen Entschlossenheit. Ich würde alle dazu bringen, dass sie sich benahmen, wie sie sollten! Diese kindische Sturheit hatte mich schon in der Vergangenheit mehrfach in Schwierigkeiten gebracht, doch wenn sie sich erst einmal in mir festgesetzt hatte, kam ich nicht mehr dagegen an.
Ich trug den Narren in die Jurte und legte ihn auf seine Decken. Dann machte ich den Ärmel eines alten zerrissenenen Hemdes nass und legte ihn auf seinen Hinterkopf. Als die Blutung nachließ, untersuchte ich die Verletzung. Es war nur eine kleine Platzwunde, aber darunter bildete sich eine beachtliche Schwellung. Ich glaubte immer noch nicht daran, dass er deswegen die Besinnung
Weitere Kostenlose Bücher