Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier
schwarzen Haar. Sie schien durch die Ereignisse keinen Schaden genommen zu haben.
Molly machte sich zielstrebig in der Kammer zu schaffen. Sie goss Wasser in ein Becken, nahm ein gefaltetes Handtuch und trug beides zum Bett hinüber. Neben Burrich stellte sie die Schüssel auf den Boden, machte das Tuch nass und wrang es gründlich aus. Als sie damit seinen Rücken berührte, erwachte er schlagartig, und schnell wie eine zustoßende Schlange hatte er ihr Handgelenk gepackt.
»Burrich! Lass los, die Wunde muss gesäubert werden«, schimpfte Molly.
»Ach, du bist es.« Seine Stimme klang heiser vor Erleichterung. Er ließ sie los.
»Natürlich bin es. Wen hast du erwartet?« Sie tupfte die Umgebung der Wunde ab, dann drückte sie das Tuch in der Schüssel aus. Das Wasser färbte sich rötlich.
Burrichs Hand tastete suchend über die Matratze. »Wo ist mein Kind?«, fragte er.
»Nessel geht es gut. Sie schläft dort drüben in einem Korb.« Molly wischte noch einmal über seinen Rücken. Schließlich nickte sie zufrieden. »Die Blutung hat aufgehört, und die Wunde sieht sauber aus. Ich denke, das Lederwams hat einiges von der Wucht des Stoßes abgefangen. Wenn du dich hinsetzt, kann ich dir einen Verband anlegen.«
Langsam stemmte Burrich sich in die Höhe. Einmal stieß er ein leises Ächzen aus, doch als er endlich saß, grinste er Molly an. »Bienenschwestern«, sagte er bewundernd und schüttelte den Kopf. Es wurde deutlich, dass ihm dieses Wort nicht zum ersten Mal über die Lippen ging.
»Etwas anderes ist mir nicht eingefallen.« Molly konnte nicht anders, als das Lächeln zu erwidern. »Aber es hat gewirkt, oder nicht?«
»Bestens. Aber woher wusstest du, dass sie auf den Rotbart zufliegen werden? Erst das hat sie überzeugt. Und mir war es auch nicht ganz geheuer dabei.«
Sie zuckte mit den Achseln. »Es war reines Glück. Und dann das Licht. Er hatte die Kerzen und stand am Kamin. In der Hütte war es dunkel. Bienen werden vom Licht angezogen, fast wie Motten.«
»Ich frage mich, ob sie immer noch in der Hütte stecken.« Er grinste wieder, während er zusah, wie Molly aufstand, um die Schüssel und das nasse Tuch wegzubringen.
»Aber ich habe meine Bienen verloren«, erinnerte sie ihn bekümmert.
»Wir werden einen neuen Stock anlegen«, tröstete er sie.
Sie schüttelte den Kopf. »Ein Volk, das den ganzen Sommer eingetragen hat, bringt den meisten Honig.« Sie trat an den Tisch und griff nach einer Rolle Verbandsstoff und einem Topf mit Salbe. Sie schnupperte daran. »Das riecht nicht wie deine«, meinte sie.
»Bestimmt hilft sie trotzdem.« Falten erschienen auf seiner Stirn, als er langsam den Blick durch die Kammer wandern ließ. »Molly, wovon bezahlen wir all das?«
»Ich habe mich darum gekümmert.« Sie stand mit dem Rücken zu ihm.
»Wie?«, fragte er misstrauisch.
Als sie sich zu ihm herumdrehte, war ihr Mund nur noch ein schmaler Strich. Ich kannte diese Miene. An Burrichs Stelle wäre ich nun auf der Hut gewesen. »Fitz’ Anstecknadel. Ich zeigte sie dem Wirt, damit er uns diese Kammer vermietete. Und während ihr beide heute Abend geschlafen habt, bin ich damit zu einem Juwelier gegangen und habe sie verkauft.« Burrich machte den Mund auf, aber Molly ließ ihn nicht zu Wort kommen. »Ich verstehe mich aufs Handeln und habe einen guten Preis erzielt.«
»Ihr Wert lässt sich nicht in Münzen berechnen. Nessel hätte sie einmal bekommen sollen, als Geschenk von ihrem Vater.« Burrichs Lippen wurden ebenso schmal wie die ihren.
»Nessel brauchte ein warmes Bett und Haferbrei nötiger als irgendwann einmal eine silberne Nadel mit einem Rubin. Sogar Fitz hätte das eingesehen.«
Sie hatte Recht. Burrich aber sagte nur: »Ich werde viele Tage arbeiten müssen, bis ich sie zurückkaufen kann.«
Molly nahm den Verbandsstoff. Sie schaute Burrich nicht an, als sie sagte: »Du bist ein starrsinniger Mann, und ich bin sicher, du wirst in dieser Sache ohnehin nur tun, was du willst.«
Burrich schwieg. Ich konnte ihm fast am Gesicht ablesen, wie er versuchte, sich darüber klarzuwerden, ob er nun aus dieser Meinungsverschiedenheit als Sieger hervorgegangen war. Molly setzte sich neben ihn auf die Bettkante und strich Salbe auf die Wunde. Er biss die Zähne zusammen, gab aber keinen Laut von sich. Dann ging sie vor ihm in die Hocke. »Heb die Arme, damit ich dir den Verband umlegen kann«, befahl sie. Burrich gehorchte, und sie wickelte ihm kunstgerecht den Verband um den Oberkörper
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