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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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staunenswerter. Die Alte Macht brannte hell in ihm, stärker als in Veritas oder in Krähe. Es wirkte fast bestürzend, dass kein Atemzug seine Seiten hob und er sich nicht aus dem Schlaf regte. Ich schaute zu Veritas, und trotz meines vorübergehenden Grolls gegen ihn musste ich lächeln.
    »Er ist perfekt«, sagte ich schlicht.
    Veritas schien die Worte nicht zu hören. »Ich habe versagt«, flüsterte er. Krähe neben ihm nickte verzagt. Die Falten in ihrem Gesicht waren tiefer geworden. Sie sah nun mindestens so alt aus wie ihre tatsächlichen zweihundert Jahre - auch Veritas schien um Jahre gealtert.
    »Aber er ist vollendet, mein Gemahl«, wunderte sich Kettricken. »War das nicht die Aufgabe, die Ihr Euch gestellt hattet? Den Drachen zu vollenden?«
    Veritas schüttelte kraftlos den Kopf. »Die Arbeit des Bildhauers ist getan, aber das bedeutet nicht unbedingt, den Drachen vollendet zu haben.« Er schaute uns der Reihe nach an, während wir seine Blicke fragend erwiderten, und ich konnte sehen, wie er darum rang, uns nur mit armseligen Worten verständlich machen zu können, was er meinte. »Alles, was ich bin, habe ich in ihn hineingelegt. Alles, bis auf einen kleinen Rest, um einen Funken Leben in mir zu erhalten. Bei Krähe verhält es sich genauso. Selbst den letzten Funken wären wir bereit zu geben, doch es wäre wohl immer noch nicht genug.«
    Schwerfällig trat er einige Schritte vor, lehnte sich gegen den Drachen und vergrub das Gesicht in seinen abgemagerten Armen. Überall, wo sein Körper den Stein berührte, lief ein Hauch von türkiser Farbe und ein Saum von Silber über die Haut des Drachen, so dass die Schuppen im Sonnenlicht glänzten. Ich konnte fühlen, wie die Gabe von Veritas in den Drachen hinüberfloss. Sie sickerte in den Stein wie Tinte in Papier.
    »Majestät«, warnte ich leise.
    Mit einem Ächzen löste er sich wieder von seiner Schöpfung. »Hab keine Angst, Fitz. Ich werde ihn nicht zu viel nehmen lassen. Ich denke gar nicht daran, mein Leben sinnlos aufzugeben.« Er hob den Kopf und schaute uns alle der Reihe nach an. »Seltsam«, meinte er sinnend. »Ich möchte wissen, ob die Entfremdung sich so anfühlen mag. Sich daran zu erinnern, was man einmal empfunden hat, doch es nicht mehr spüren können. Liebe, meine Ängste, meine Sorgen - alles ist in den Drachen eingegangen. Nichts habe ich zurückgehalten, und doch scheint es noch nicht genug zu sein. Einfach nicht genug.«
    »Majestät«, Krähes Stimme war beinahe erloschen und klang brüchig, »Ihr werdet FitzChivalric nehmen müssen. Es gibt keine andere Möglichkeit.« Und so wie sie mich bei diesen Worten anschaute, wirkten ihre Augen, die früher so scharf und glänzend ausgesehen hatten, nun nur noch wie stumpfe schwarze Kieselsteine. »Du hast es selbst angeboten«, erinnerte sie mich. »Du wolltest sogar dein ganzes Leben dafür hingeben.«
    Ich nickte. »Wenn dafür Molly und meine Tochter unbehelligt bleiben.« Ich holte tief Luft und füllte meine Lungen mit Atem. Leben. Im Jetzt. Das Jetzt war alles an Leben, was ich besaß, alle Zeit, über die ich verfügen konnte.
    »Majestät, ich stelle jetzt keine Bedingungen mehr. Wenn Ihr mein Leben haben müsst, damit der Drache fliegt, dann nehmt es hin.«
    Veritas wankte, als verließe ihn die Kraft. Er starrte mich an. »Du gibst mir fast wieder das Gefühl - doch...« Er deutete mit einem mahnenden Finger auf Krähe. »Nein. Ich habe es dir schon einmal gesagt, nein. Du wirst ihn hier heraushalten. Das befehle ich dir.« Danach sank er langsam auf die Knie, bis er neben seinem Drachen saß. »Zum Henker mit diesem Carris«, murmelte er. »Immer hört es auf zu wirken, wenn man es am nötigsten braucht. Verfluchtes Zeug.«
    »Ihr solltet Euch jetzt ausruhen«, sagte ich einfach so dahin. Und genau genommen blieb ihm auch nichts anderes übrig. So fühlte man sich eben nach dem Genuss von Carris, ausgebrannt und erschöpft. Ich wusste es nur allzu gut.
    »Ruhen«, wiederholte er mit einem bitteren Lachen. »Ja, ruhen. Ich werde gut ausgeruht sein, wenn meines Bruders Soldaten mich finden und mir die Kehle durchschneiden. Gut ausgeruht, wenn sein Zirkel erscheint und versucht, sich meines Drachen zu bemächtigen. Täusche dich nicht, Fitz. Darauf haben sie es abgesehen. Natürlich werden sie ihn nicht erwecken können. Wenigstens glaube ich das nicht...« Seine Gedanken irrten ab. »Obwohl... Sie waren eine Zeitlang durch die Gabe mit mir verbunden, vielleicht lange genug,

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