Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier
übrigen Jeppas hinterher - wie auch nicht anders zu erwarten war. Dennoch hatte ich wider alle Vernunft gehofft, die anderen würden zurückbleiben und verwildern. Die Vorstellung, mich auf dem ganzen Weg nach Jhaampe um sechs Jeppas kümmern zu müssen, erfüllte mich mit wenig Begeisterung. Als ich sie an dem Pfeiler vorbei- und in den Steinbruch hinunterführte, kam mir ein ganz neuer Gedanke.
Doch wer sagte, dass ich nach Jhaampe zurückkehren musste?
Die Jagdgründe hier sind so gut wie überall sonst.
Wir müssen auch an den Narren denken.
Ich würde ihn nicht hungern lassen!
Und im Winter
Im Winter... Er ist in Gefahr!
Nachtauge wartete nicht auf mich. Er stürmte wie der Blitz davon. Ich ließ meine Jeppas stehen und folgte ihm so schnell ich konnte. Die Nase des Wolfs meldete mir die Witterung eines Menschen, und im nächsten Augenblick hatte er Burl erkannt, noch bevor er den Ort des Geschehens tatsächlich erreichte.
Der Narr war bei der Drachenreiterin geblieben, und dort hatte Burl ihn gefunden. Er musste sich ihm lautlos genähert haben, denn der Narr war nicht so einfach zu überrumpeln. Vielleicht hatte seine Besessenheit mit der Drachenreiterin ihn unvorsichtig gemacht. Wie auch immer, Burl hatte die Gelegenheit genutzt. Blut lief am Arm des Narren hinunter und tropfte von seinen Fingerspitzen. An den verwischten Blutspuren konnte man seinen Weg an dem Drachen hinauf verfolgen; als ich hinzukam, stand er auf den Schultern der Drachenreiterin und klammerte sich mit einer Hand am Unterkiefer ihres Drachen fest. In der anderen Hand hielt er sein Messer. Er starrte grimmig auf Burl hinunter, der auf den Sockel gestiegen war und nun versuchte, den Drachen selbst zu erklimmen, um den Narren mit der Hand und mit der Gabe zu berühren. Die spiegelglatte Schuppenhaut ließ seine Bemühungen allerdings scheitern. Nur jemand, der so leicht und gelenkig war wie der Narr, hatte sich zu dem Punkt hinaufarbeiten können, wo er sich gerade so eben außerhalb von Burls Reichweite befand. Erbost zog Burl sein Schwert und führte einen Streich nach dem Fuß des Narren. Die Spitze verfehlte das Ziel, wenn auch nur um Haaresbreite, und die Klinge prallte gegen den Rücken des Mädchens. Der Narr stieß einen Schrei aus, als hätte der Hieb ihn getroffen, und er versuchte sich weiter nach oben zu ziehen. Ich sah die blutige Hand abgleiten, dann rutschte er, verzweifelt um Halt bemüht, hinunter und landete dicht hinter dem Platz des Mädchens auf dem Drachenrücken. Sein Kopf schlug gegen ihre Schulter. Offenbar noch halbbenommen, gelang es ihm doch, sich an ihr festzuklammern und dort sitzen zu bleiben.
Burl hob sein Schwert zu einem zweiten Hieb, mit dem er dem Narren leicht das Bein hätte abschlagen können, aber lautlos wie der Hass, sprang der Wolf mit einem Satz auf den Sockel hinauf und stürzte sich auf Burl. Ich war noch ein Stück entfernt, als ich sah, wie Nachtauges Gewicht Burl gegen die Drachenskulptur schleuderte. Burl fiel auf die Knie. Sein Schwert verfehlte den Narren knapp und schlug erneut gegen die smaragdgrüne Schuppenhaut des Drachen.
Ich erreichte den Sockel, als Nachtauge Burl von hinten zwischen Schulter und Hals packte. Burl schrie. Seine Stimme klang schrill und panisch. Er ließ sein Schwert fallen und griff mit beiden Händen nach dem Kopf des Wolfs. Nachtauge schüttelte ihn wie ein Kaninchen, dann stemmte er die Vorderpfoten gegen Burls breiten Rücken und biss fester zu.
Manchmal geschehen Dinge zu schnell, um ihnen beim Erzählen Gerechtigkeit widerfahren lassen zu können. Ich spürte urplötzlich Will hinter mir, als sich gleichzeitig ein Schwall von Blut in einer purpurnen Kaskade über Burls Schulter ergoss. Nachtauge hatte die Schlagader an seinem Hals durchgebissen, und das Leben schoss in sprudelnden Fontänen aus ihm heraus.
Für dich, mein Bruder!, teilte Nachtauge dem Narren mit. Dies ist für dich! Er ließ den Mann nicht los, sondern schüttelte ihn wieder und wieder. Das Blut schäumte hervor wie aus einer Quelle, während Burl sich noch mit seinen letzten Zuckungen zu wehren versuchte, ohne zu wissen, dass er im Grunde bereits tot war. Blut lief an der schimmernden Haut des Drachen hinunter und sammelte sich in den Rillen, die der Narr bei seinen Versuchen, das Mädchen und ihren Drachen zu befreien, in den Stein gemeißelt hatte. Dort fing es an zu brodeln und zu dampfen und fraß sich in den Fels wie kochendes Wasser in einen Klumpen Eis. Die Schuppen und
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