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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Vielleicht töten und essen wir es, weil wir es können. Genau wie, und hier streckte er genüsslich die Vorderläufe aus, genau wie ich einen gut dressierten Menschen habe, der die Haut dieser stachligen Dinger für mich abzieht, damit ich sie ohne Mühe essen kann. Er ließ demonstrativ die Zunge aus dem Maul rollen, aber wir beide wussten, damit war die Frage nicht beantwortet. Ich fuhr mit dem Messer am Rückgrat des Stachelschweins entlang und hatte es endlich aus der Schwarte gelöst.
    »Ich sollte ein Feuer machen und etwas von diesem Fett abkochen, bevor ich das Fleisch esse«, überlegte ich. »Sonst verderbe ich mir den Magen.«
    Gib mir einfach meinen Anteil. und tu mit deinem, was du willst, meinte Nachtauge gönnerhaft. Ich schnitt um die Hinterbeine herum, drehte die Gelenke aus und trennte sie ab - das war mehr als genug Fleisch für mich. Während Nachtauge, nachdem er sich seine Portion geschnappt hatte, Knochen und Knorpel zermalmte, machte ich Feuer und zerlegte die Keulen, um sie zu garen. »Ich denke nicht, dass ich besser bin als du«, sagte ich ruhig. »Ich halte mich nicht für besser als irgendein Tier. Obwohl ich, wie du auch von dir selbst behauptest, klüger bin als manche.«
    Klüger als Stachelschweine vielleicht, belehrte er mich auf gütige Weise. Doch klüger als ein Wolf? Kaum.
    Wir lernten in diesen Tagen und Wochen jede Nuance im Verhalten des anderen kennen. Manchmal waren wir mit Leib und Seele Jäger, genossen die Anspannung der Pirsch und des tödlichen Stoßes, und bewegten uns zielstrebig und immer hungrig nach Beute durch unsere Welt.
    Nachdem wir Turlake und die umliegenden Ortschaften umgangen hatten, schwenkten wir wieder nach Norden ein, um den Vinfluss zu erreichen. Er war vom Bocksfluss so verschieden wie eine Kuh von einem Hengst. In ausladenden Windungen strömte er durch das offene Grasland, grau und behäbig in seinem breiten, steinigen Bett. Parallel zu unserem Ufer verlief ein Trampelpfad, der vor allem von Ziegen und Rindern begangen wurde. Wir hörten schon auf große Entfernung, wenn eine Herde herangetrieben wurde, und hatten keine Mühe, uns rechtzeitig unsichtbar zu machen. Der Vin bot wegen seiner geringen Tiefe und tückischer Sandbänke der Schiffahrt weniger gute Bedingungen als der Bocksfluss. Er war höchstens für Nachen und Lastkähne mit flachem Boden und ohne Kiel geeignet. Drüben in Tilth führte eine breite Straße am Ufer entlang, an der sich wie Perlen auf einer Schnur Dörfer und sogar Städte reihten. Wir sahen Kähne, die, ob mit oder ohne Mast und Segel, von Maultieren getreidelt wurden; die Fracht hatte man wahrscheinlich vorher ausgeladen, um auf dem Landweg die seichten Passagen zu umgehen. Ansiedlungen auf unserer Flussseite beschränkten sich auf Anlegestellen für Fähren und verstreute Handelsposten, die aus einem Wirtshaus und einigen Krämerläden bestanden und um die sich eine Handvoll Hütten scharten. Nachtauge und ich hielten uns davon fern. Die wenigen Dörfer, an denen wir vorbeikamen, waren zu dieser Jahreszeit verlassen.
    Die Nomadenhirten zogen es vor, im Frühling ihre festen Unterkünfte zu verlassen und mit ihren Herden zu den grasbewachsenen Ebenen im Inneren Farrows zu wandern, wo die Tiere gute Weide fanden. Sie zogen mit ihnen gemächlich von Wasserloch zu Wasserloch, und an seit Generationen bestehenden Lagerplätzen schlugen sie ihre Zelte auf. Derweil wuchs Gras in den menschenleeren Gassen der Weiler und überzog die Torfhütten mit frischem Grün. - Dies war ein friedvolles Idyll, dennoch fühlte ich mich an unsere von Korsaren verwüsteten Küstendörfer erinnert und konnte mich nicht überwinden, dort Rast zu machen.
    Auf unserer Wanderung wurden wir beide hager und kräftiger. Irgendwann waren meine Schuhe durchgelaufen, und ich musste sie mit rohem Leder neu besohlen. Außerdem fransten meine Hosenbeine aus; und als ich mit dem neuen Saum fertig war, reichten sie mir noch bis zur halben Wade. Ich wurde es leid, dauernd mein Hemd zu waschen. Vom Blut der Entfremdeten und den auf der Jagd erbeuteten Tieren waren die Vorderseite und der Ärmel fleckig braun. Es war geflickt und verschlissen wie ein Bettlergewand, und durch die ungleichmäßige Farbe wie von verwässerten Tintenflecken sah es noch schäbiger aus. Eines Tages beschloss ich, darauf zu verzichten, und stopfte es in meinen Packen. In der sommerlichen Hitze fror ich auch mit bloßem Oberkörper nicht, und in den kühleren Nächten hielt mich die

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