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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Entschlossenheit war unverkennbar. Er setzte sich wieder in Bewegung.
    Ich lief ihm nach. Nachtauge, bitte! Plötzlich hatte ich entsetzliche Angst um ihn, wegen der Gefahr, in die er sich so bedenkenlos hineinstürzte.
    Er blieb noch einmal stehen, wandte den Kopf zu mir zurück und schaute mir für einen Wolf ungewöhnlich lange und fest in die Augen. Du verstehst. Du weißt, dass du verstehst. Nun ist für dich die Zeit zu vertrauen, wie ich vertraut habe. Dies ist etwas, das ich tun muss. Und ich muss es allein tun.
    Und wenn du nicht zurückkommst? , fragte ich gequält.
    Du bist von deinem Besuch in dieser Stadt zurückgekommen. Ich werde zu dir zurückkommen. Geh weiter den Fluss hinauf. Ich werde dich finden. Geh jetzt. Wende dich ab.
    Während er weiterlief, blieb ich zurück. Sei vorsichtig! Ich sandte ihm einen beschwörenden Ruf hinterher, der wie ein ganz eigenes Geheul durch die Nacht klang. Schon war er weit weg, was mir unerklärlich fremd war; ich sah das Spiel der sehnigen Muskeln unter seinem dichten Fell, seine waagerechte Rute, die Zielstrebigkeit und Entschlossenheit zum Ausdruck brachte. Ich musste all meine Willenskraft aufbieten, um ihm nicht nachzurufen Komm zurück!, um ihn nicht anzuflehen Lass mich nicht allein! Mit geballten Fäusten und atemlos vom Laufen stand ich da und sah ihn in der Ferne kleiner und kleiner werden. Er schien mich in seinem Eifer, das Wolfsrudel zu finden, vollkommen vergessen zu haben. Zum ersten Mal fühlte ich die Verbitterung und Eifersucht, die er während meiner Besprechungen mit Veritas empfunden haben musste, oder wenn ich bei Molly gewesen war und ihm befohlen hatte, sich aus meinen Gedanken herauszuhalten.
    Dies war seine erste Begegnung mit Artgenossen als erwachsenes Tier. Ich verstand sein Bedürfnis, zu ihnen zu gehen und seine Neugier zu stillen, selbst wenn sie sich auf ihn stürzten und ihn davonjagten. Es war der Ruf des Blutes.
    Mit herzzerreißenden Gefühlen wandte ich mich ab und ging langsam zum Fluss zurück. Plötzlich kam ich mir vor wie halbblind. Er war nicht da, um mit seinen Wahrnehmungen zu ergänzen, was meine weniger scharfen Sinne mir an Eindrücken vermittelten. Doch ich konnte ihn noch in der Ferne spüren, konnte nachfühlen, was in ihm vorging: aufgeregte Erwartung, Angst und Neugier. Er war zu sehr mit seinem eigenen Leben beschäftigt, um es mit mir zu teilen. Ob Veritas Ähnliches empfunden hatte, wenn ich an Bord der Rurisk die Korsaren jagte, während er in seinem Turm gefangen war und sich mit dem begnügen musste, was er in mir lesen konnte? Ich hatte mir stets Mühe gegeben, ihm besonders ausführlich Bericht zu erstatten und ihn an allem teilhaben zu lassen; trotzdem muss er dieses Gefühl des Ausgeschlossenseins gekannt haben, das mir jetzt die Brust zusammenschnürte.
    Am Ufer angekommen, setzte ich mich hin, um auf Nachtauge zu warten. Er hatte versprochen, er würde zurückkommen. Betäubt starrte ich auf das schwarze Wasser. In mir war alles wie tot. Langsam wandte ich den Kopf und schaute flussaufwärts. Alle Lust zu jagen war mir mit Nachtauge vergangen.
    Ich wartete lange. Schließlich stand ich auf und setzte im Licht des Vollmonds meinen Weg fort, ohne weiter groß auf mich oder meine Umgebung zu achten. Geistesabwesend ging ich am sandigen Ufer entlang, während der Fluss leise vor sich hinströmte.
    Irgendwo anders witterte Nachtauge andere Wölfe und las im Wind, wie viele es waren und von welchem Geschlecht. Irgendwo zeigte er sich ihnen dann ohne jegliche Drohung und mit gebotener Zurückhaltung, allein um ihnen seine Anwesenheit kundzutun. Eine Zeitlang beobachteten sie ihn. Der große Leitwolf des Rudels näherte sich ihm und urinierte auf ein Grasbüschel, dann scharrte er Erde darüber und riss dabei mit den Krallen der Hinterpfoten tiefe Furchen in den Boden. Ein Weibchen stand auf, streckte sich, gähnte, setzte sich hin und schaute ihn aus grün schillernden Augen an. Zwei halberwachsene Welpen unterbrachen ihr Spiel für einen Augenblick, um ihn zu betrachten. Einer tat ein paar tapsige Schritte in seine Richtung, aber ein leises Grollen der Mutter rief ihn zurück, worauf er wieder begann, mit seinem Bruder zu rangeln. Nachtauge setzte sich hin und zeigte mit seiner Haltung, dass er keinen Unfrieden stiften wollte, und ließ sich von ihnen geduldig mustern. Ein mageres junges Weibchen winselte zaghaft und nieste.
    Nach einer Weile erhoben sich die meisten Wölfe des Rudels und setzten sich

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