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Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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anderen und mit ausführlicher Beschreibung von Schaden und Nutzen eines jeden einzelnen. Die meisten ihrer Hofdamen entfernten sich gelangweilt und die drei letzten, die verblieben waren, erhielten von ihrer Königin den Auftrag, Tee zu holen, mehr Kissen herbeizuschaffen und nach einer bestimmten Schriftrolle über Heilpflanzen zu suchen, die sich angeblich in Veritas’ Arbeitszimmer befand. Rosemarie war längst in einer warmen Ecke am Kamin eingedöst. Sobald das Rascheln der Röcke sich entfernt hatte, begann ich ihr von dem Plan zu berichten, denn wir würden nicht lange ungestört sein.
    »Eure Flucht ist für morgen Nacht geplant, nach Edels Krönungszeremonie.« Ich redete weiter, obwohl sie mehrmals so aussah, als wollte sie mich mit Fragen unterbrechen. »Kleidet Euch warm an und nehmt Wintersachen mit, aber nicht zu viel. Wenn die eigentliche Zeremonie vorbei ist, zieht Euch baldmöglichst zurück. Gebt vor, die Feier und Eure Trauer hätten Euch ermüdet. Entlasst Eure Hofdamen und sagt ihnen, sie sollen nicht wiederkommen, bevor Ihr sie rufen lasst. Verriegelt Eure Tür. Nein, sagt nichts! - Hört nur zu. Wir haben wenig Zeit. Haltet Euch bereit und wartet in Eurem Zimmer, bis jemand kommen wird, um Euch zu holen. Vertraut dem Narbenmann. Der König geht mit Euch. Vertraut mir.« Schon kehrten die Schritte zurück. »Für alles andere wird gesorgt sein. Habt Vertrauen.«
    Vertrauen. Ich selbst wagte nicht darauf zu vertrauen, dass unser Plan gelingen würde, ich hoffte es nur. Lady Tazette brachte die Kissen, gleich darauf kam der Tee. Wir plauderten angeregt, und eine von den jüngeren Frauen versuchte sogar, mit mir anzubandeln. Kettricken bat mich, ihr die Schriftrollen dazulassen. Sie wollte sich an diesem Abend früh zur Ruhe begeben, und die Rollen halfen ihr vielleicht, sich trotz ihrer Rückenschmerzen in den Schlaf zu lesen. Ich verabschiedete mich galant bei dem Damenkränzchen und hastete weiter.
    Den Narren wollte Chade übernehmen. Ich hatte getan, was in meinen bescheidenen Kräften stand, um das Unternehmen zu organisieren. Jetzt blieb noch übrig, irgendwie dafür zu sorgen, dass sich der König nach der Zeremonie allein in seinen Gemächern befand. Ein paar Minuten, mehr brauchte er nicht, hatte Chade gesagt. Ich fragte mich, ob ich sie mit dem Leben würde bezahlen müssen. Nicht daran denken. Nur ein paar Minuten. Die zwei eingeschlagenen Türen konnten ein Hindernis sein oder eine Hilfe, je nachdem. Ich rief mir all die gängigen Taktiken ins Gedächtnis. Den Betrunkenen mimen und die Wachen so lange reizen, bis sie der Versuchung nicht mehr widerstehen konnten und auf mich losgingen. Falls ich keine Axt in Reserve hatte, würden sie nicht mehr als ein paar Minuten brauchen, um mit mir fertigzuwerden. Faustkämpfe waren ab solut nicht meine Stärke. Nein, ich wollte handlungsfähig bleiben. Mir kamen ein Dutzend Ideen, die ich eine nach der anderen verwarf. Es gab zu viele Unwägbarkeiten. Mit wie vielen Wachen musste ich rechnen? Kannte ich sie, war Freund Wallace anwesend, war Edel vorbeigekommen, um zu sehen, wie die Dinge standen? Auf dem Weg zu Kettrickens Gemächern hatte ich bemerkt, dass man die äußere Tür mit einer Art Portiere verhängt hatte. Die gröberen Trümmer waren weggeräumt worden, aber kleine und große Splitter lagen noch im Flur verstreut. Man hatte keine Handwerker gerufen, um eine neue Tür einzusetzen - ein weiteres Zeichen dafür, dass Edel nicht gedachte, je wieder nach Bocksburg zurückzukehren.
    Ich zerbrach mir den Kopf, unter welchem Vorwand ich mir Zutritt zu den Gemächern verschaffen könnte. Unten in der Burg herrschte geschäftiges Treiben, denn man erwartete die Ankunft der Herzöge von Bearns, Rippon und Shoaks mit ihrem Gefolge, die anreisten, um als Zeugen anwesend zu sein, wenn Edel zum Thronfolger ernannt wurde. Für sie waren die minderen Gastquartiere im anderen Flügel vorgesehen. Ich fragte mich, wie sie auf das plötzliche Verschwinden des Königs und der Königin reagieren würden. Ob sie es wohl als Verrat anprangerten, oder fand Edel eine Möglichkeit, den Skandal zu vertuschen? Und was bedeutete ein Beginn unter solchen Vorzeichen für seine Zeit als Thronfolger und Regent? Ich rief mich zur Ordnung. Diese Spekulationen halfen mir nicht, seine Aufpasser von dem König wegzulocken.
    Ich verließ mein Zimmer und wanderte in der Hoffnung auf eine Inspiration durch die Burg, aber überall herrschten Trubel und Wirrwarr. Der Adel

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