Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote
Nur er konnte einen solchen Plan aushecken, erst recht einen Weg finden, ihn in die Tat umzusetzen. Welch eine abscheuliche Art, von der Gabe Gebrauch zu machen. Und sie haben uns belauscht?
Ja. Ich weiß nicht, was sie alles mitgehört haben. Und es gibt noch jemanden, den wir fürchten müssen. Will.
Was für ein Dummkopf ich gewesen bin. Denk nach, Fitz. Es gab viele Gründe, misstrauisch zu werden. Erst hatten unsere Schiffe Erfolge zu verzeichnen, dann, sobald die Verräter wussten, was wir beide planten, benutzten sie ihre Fähigkeiten, um uns Steine in den Weg zu legen. Der Zirkel der Gabenkundigen ist von Anfang an Edels Werkzeug gewesen. Deshalb wurden Nachrichten zurückgehalten oder gar nicht weitervermittelt. Deshalb kam unsere Hilfe immer zu spät, oder man hat gar vergeblich darauf gewartet. Er ist so voller Hass wie eine Zecke voll mit Blut. Und er hat gesiegt.
Nicht ganz, Hoheit. Ich versagte es mir, an Kettricken zu denken, die sicher bereits auf dem Weg in ihre Bergheimat war, stattdessen wiederholte ich: Da ist immer noch Will. Und Burl. Und Carrod. Wir müssen Vorsicht walten lassen.
Ein Hauch von Wärme. Ich werde deinen Rat befolgen. Aber du kennst die Größe meiner Dankbarkeit. Vielleicht haben wir einen hohen Preis bezahlt, aber was damit erkauft wurde, war es wert. Mir wenigstens.
Mir ebenfalls. Ich spürte seine Müdigkeit und die Resignation.
Gebt Ihr auf?
Noch nicht. Aber wie deine Zukunft sieht auch meine wenig vielversprechend aus. Die anderen sind alle tot oder geflohen. Ich werde meinen Weg fortsetzen, aber ich weiß nicht, wie lang er noch ist. Oder was mich an seinem Ende erwartet. Und ich bin müde. Auf zugeben wäre so einfach.
Ich wusste, Veritas las mich mit Leichtigkeit, aber ich musste nach ihm hinausgreifen und nach allem, was er mir absichtlich nicht übermittelte. Ich spürte die große Kälte, die ihn umgab, und eine Verletzung, die ihm das Atmen erschwerte. Ich spürte seine Einsamkeit und den Schmerz bei dem Wissen, dass jene, die ihren Tod so weit von zu Hause nur seinetwegen gestorben waren. Hod, dachte ich, und sein Kummer fand in mir einen Widerhall. Charim. Für immer von uns gegangen. Und da war noch etwas anderes, etwas, das er mir nur unvollständig übermitteln konnte. Eine Versuchung, ein Taumeln am Rand des Abgrunds. Ein seltsamer Druck, wie ein Zupfen der Gabe, ähnlich dem, was ich von Justin und Serene gespürt hatte. Ich versuchte, mich an ihm vorbeizudrängen, um einen genaueren Blick darauf zu werfen, doch er hielt mich zurück.
Manche Gefahren werden noch größer, wenn man sich ihnen stellt, warnte er mich. Dies ist eine davon. Doch ich bin sicher, es ist der Pfad, dem ich folgen muss, wenn ich die Uralten finden will.
»Gefangener!« Ich erwachte mit einem Ruck aus meiner Trance. Ein Schlüssel drehte sich im Schloss meiner Tür, und sie schwang auf. Ein Mädchen stand in der Öffnung, neben ihr Edel, der eine Hand beschützend auf ihrer Schulter hielt. Zwei Soldaten, nach dem Schnitt ihrer Uniform zu schließen binnenländische, hatten sich links und rechts postiert, einer beugte sich vor und hielt eine Fackel in meine Zelle. Unwillkürlich zuckte ich zurück. Dann blinzelte ich der ungewohnten Helligkeit entgegen. »Ist er das?«, fragte Edel das Mädchen sanft. Sie musterte mich ängstlich. Ich musterte sie und überlegte, weshalb mir ihr Gesicht bekannt vorkam.
»Ja, Herr, Majestät. Das ist er. Ich bin an jenem Morgen zum Brunnen gegangen, weil der Kleine doch Wasser haben musste, sonst wäre er gestorben. Und es war auch schon eine ganze Weile still, die ganze Stadt war still wie ein Grab. Also bin ich frühmorgens hinausgegangen, es war neblig, Herr. Dann war da der Wolf neben dem Brunnen, und er richtet sich auf und sieht mich an, und der Wind vertreibt den Nebel, und der Wolf ist verschwunden, und plötzlich steht da ein Mann. Der Mann da, Euer Majestät König.« Sie starrte mich an wie gebannt.
Jetzt fiel es mir ein. Der Morgen nach der Schlacht um Guthaven und Burg Seewacht. Nachtauge und ich hatten uns am Brunnen niedergelassen, um uns auszuruhen. Ich erinnerte mich, wie ich hochgeschreckt war, als er beim Auftauchen des Mädchens verschwand.
»Du bist ein tapferes Kind«, lobte Edel und tätschelte ihre Schulter. »Hier, Soldat, bring sie nach oben in die Küche und sorg dafür, dass sie ein gutes Essen bekommt und ein warmes Bett. Nein, lass mir die Fackel hier.« Die Tür schlug zu, und der Wärter schloss ab. Ich hörte
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