Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote
sich entfernende Schritte, aber das Licht draußen blieb. Edel wartete, bis die anderen alle gegangen waren, dann fing er durch das Türgitter wieder an zu reden.
»Nun, Bastard, es sieht aus, als wäre dieses Spiel entschieden. Deine Fürsprecher werden dich ziemlich schnell fallen lassen, wenn sie erst begreifen, was sich hinter deiner harmlosen Maskerade verbirgt. Ich habe natürlich noch mehr Zeugen, die davon berichten werden, wie man überall, wo du in Guthaven gekämpft hast, Wolfsspuren fand und Männer, die an Raubtierbissen gestorben waren. Sogar einige Soldaten aus unserer Garde hier in Bocksburg werden unter Eid zugeben müssen, dass bei den Vorfällen mit den Entfremdeten, an denen du beteiligt warst, einige der Leichen die Spuren von Zähnen und Krallen trugen.« Er stieß einen Seufzer tiefer Befriedigung aus. Ich hörte, wie er die Fackel in den Wandhalter steckte. Dann kam er zur Tür zurück. Die vergitterte Öffnung war für ihn zu hoch. Er konnte gerade einmal über den unteren Rand hinweg zu mir hereinschauen. Ich gönnte mir die kindische Freude aufzustehen, zur Tür zu gehen und auf ihn herabzublicken.
Seine Eitelkeit war verletzt, und er wurde gehässig. »Du warst so einfältig, ein solcher Narr. Mit eingekniffenem Schwanz kamst du aus den Bergen nach Hause gehinkt und dachtest, Veritas’ Gunst wäre alles, was du brauchst, um hier fröhlich dein Unwesen treiben zu können. Du und all deine banalen Intrigen. Die kleinen Plaudereien mit unserer Königin, die Bestechung im Turmgarten, um Brawndy auf eure Seite zu ziehen. Selbst ihr Plan, aus Bocksburg zu fliehen. Nehmt warme Kleidung mit, hast du ihr gesagt. Der König wird Euch Begleiten.« Er stellte sich auf die Zehenspitzen, damit ich sein Lächeln sehen konnte. »Aber sie hat nichts mitgenommen, als sie ging, Bastard. Weder den König noch die warme Kleidung.« Er machte eine Pause. »Nicht einmal ein Pferd.«
Seine Stimme liebkoste die letzten Worte, als hätte er sie sich als besonderen Leckerbissen aufgespart. Dabei ließ er mein Gesicht nicht aus den Augen.
Schlagartig erkannte ich das ganze Ausmaß meiner Dummheit. Rosemarie. Die kleine Rosemarie, süß und immer ein bisschen schläfrig. So gescheit, dass man sie mit allen möglichen Botengängen betrauen konnte. So jung, dass man ihre Anwesenheit regelmäßig vergaß. Aber ich hätte es wissen müssen. Ich hätte es wissen müssen! Ich war nicht viel älter gewesen, als Chade anfing, mich als Assassine auszubilden. Wahrscheinlich bereitete es Edel jetzt keine Mühe, an meinem Mienenspiel abzulesen, wie gründlich es ihm gelungen war, mich zu erschüttern. Ich konnte mich nicht erinnern, was ich vor ihr gesagt oder nicht gesagt hatte. Und welche Geheimnisse hatte Kettricken über diesem dunklen Lockenköpfchen wem anvertraut? Welche Gespräche mit Veritas hatte der kleine Schatz belauscht, wie viele Unterhaltungen mit Philia? Die Königin und der Narr waren verschwunden, nur das wusste ich mit Sicherheit. Hatten sie Bocksburg je lebend verlassen? Edel lächelte mit grenzenloser Selbstzufriedenheit, und nur die verschlossene Tür verhinderte, dass ich mein Listenreich gegebenes Versprechen nicht brach.
Als er ging, da lächelte er noch immer.
Edel hatte seinen Beweis, dass ich über die alte Macht verfügte, und mit dem Mädchen aus Guthaven eine glaubwürdige Zeugin. Nun konnte er sich in Ruhe dem Vergnügen widmen, mir durch Folter das Geständnis abzuringen, dass ich König Listenreich getötet hatte.
Ich sank zu Boden. Veritas hatte Recht behalten. Edel hatte gesiegt.
KAPITEL 31
FOLTER
A ber Prinzessin Eigensinn hatte sich in den Kopf gesetzt, dass sie auf dem Gescheckten Hengst zur Jagd reiten wollte. All ihre Hofdamen warnten sie davor, aber sie wandte sich von ihnen ab und wollte nicht hören. All ihre Edelmänner warnten sie, aber sie verspottete sie wegen ihrer Angst. Selbst der Stallmeister versuchte, sie an ihrem leichtfertigen Tun zu hindern, und sagte: »Prinzessin, der Hengst sollte mit blankem Stahl und Feuer zu Tode gebracht werden, denn Trug, der mit der alten Macht im Bunde steht, hat ihn erzogen, und nur ihm ist er dienstbar.« Aber Prinzessin Eigensinn wurde zornig und sprach: »Sind dies nicht meine Ställe und meine Pferde, und darf ich nicht nach Belieben unter ihnen wählen?« Dann verstummten alle vor ihrem Zorn, und sie befahl, dass der Gescheckte Hengst für die Jagd gesattelt werden solle.
Sie ritten hinaus unter dem Gebell der Hundemeute und dem
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