Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote
schien gar kein Interesse daran zu haben, mir Fragen zu stellen.
Kujon war schwerer als ich, größer als ich, und er sah so aus, als bestünde seine tägliche Verpflegung aus etwas mehr als trocken Brot und Wasser. Er lockerte seine Muskeln und streckte sich, als ginge es darum, beim Winterfest die Kampfbörse einzuheimsen. Ich beobachtete ihn. Er fing meinen Blick auf und lächelte mit schmalen Lippen, dann zog er mit professioneller Sorgfalt ein paar fingerlose Lederhandschuhe über. Er war offenbar allzeit bereit. Schließlich verbeugte er sich vor Edel, und Edel nickte.
Was soll das?
Sei still! befahl ich Nachtauge. Doch als Kujon zielstrebig auf mich zutrat, fühlte ich, wie sich meine Oberlippe drohend nach oben schob. Ich wich seinem ersten Schwinger aus, trat vor, um selbst einen Schlag anzubringen, und tänzelte zurück, als er wieder ausholte. Der Mut der Verzweiflung verlieh mir Flügel. Ich hatte niemals erwartet, dass ich Gelegenheit haben würde, mich zu verteidigen, sondern eher fest damit gerechnet, dass Edel das Schauspiel einer sachverständig ausgeführten und ausgeklügelt abgestuften Folter genießen wollte. Aber natürlich war dafür immer noch Zeit genug. Nicht daran denken. Faustkämpfe waren nie meine starke Seite gewesen. Auch da ran wollte ich jetzt lieber nicht denken. Kujons Faust streifte meine Wange und hinterließ einen brennenden Schmerz. Ich musste auf der Hut sein. Ich deute ihm eine Öffnung meiner Verteidigung an, um ihn aus der Reserve zu locken und selbst Maß zu nehmen, als mich plötzlich die Gabe traf. Wills Angriff ließ mich taumeln, und Kujon brachte seine nächsten drei Schläge mühelos ins Ziel. Er traf bei mir Kinn, Brust und Wangenknochen, jeweils schnell und präzise. Es war der Stil eines Kämpfers, der viel Übung hatte. Und das Lächeln eines Mannes, der seine Arbeit liebte.
Ab diesem Augenblick verlor Zeit jede Bedeutung für mich. Ich konnte mich nicht gegen Will abschirmen und mich gleichzeitig gegen Kujons Schläge verteidigen. Ich überlegte - wenn man in einer solchen Lage noch von Überlegung sprechen kann -, dass mein Körper seine eigenen Hilfsmittel gegen zu starke Schmerzen besaß. Ich würde die Besinnung verlieren oder sterben. Sterben war vielleicht der einzige Sieg, auf den ich hier hoffen konnte. Deshalb entschloss ich mich da für, lieber meinen Verstand zu schützen als meinen Körper. Es fällt mir schwer, mich an diese Züchtigung zu erinnern. Meine Strategie bestand darin, in Bewegung zu bleiben, auszuweichen und abzublocken, solange es mich nicht da ran hinderte, auf Will zu achten. Ich hörte, wie die Soldaten johlend über meinen scheinbaren Mangel an Kampfgeist höhnten, weil ich Kujon mehr oder weniger als Sandsack diente. Als ich ein mal nach einer seiner Geraden rückwärts gegen die Männer taumelte, die uns umstanden, schoben und stießen sie mich ihm gleich wieder in die Arme.
Ich konnte keinen Gedanken für die Planung taktischer Manöver verschwenden. Wenn ich zuschlug, dann auf gut Glück, und die wenigen Male, die meine Faust traf, geschah es mit viel zu wenig Nachdruck. Liebend gerne hätte ich alle Vorsicht über Bord geworfen, meiner Wut freien Lauf gelassen und mich auf Kujon gestürzt, um blindlings auf ihn einzuschlagen, aber damit hätte ich mich Will ausgeliefert. Nein. Ich musste mich beherrschen und einfach alles einstecken. Je mehr Will seinen Druck verstärkte, desto leichteres Spiel hatte Kujon mit mir. Schließlich hatte ich nur noch die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten: Ich konnte entweder meinen Kopf schützen oder meinen Leib. Meinem Gegner kam es nicht darauf an. Er war gerne bereit, sich in dieser Beziehung nach meinen Wünschen zu richten. Das Furchtbare war, ich wusste, dass der Mann sich absichtlich zurückhielt und mit ausgeklügelten Schlägen eindeutig das Ziel verfolgte, mir möglichst viele Schmerzen zuzufügen, ohne unnötig großen Schaden zu verursachen. Einmal ließ ich die Deckung sinken und schaute Will an: Ich weiß, was du tust. Ich hatte die sehr kurze Genugtuung zu sehen, dass ihm Schweiß über das Gesicht strömte. Dann hatte Kujons Faust einen heftigen Zusammenstoß mit meiner Nase.
Blade hatte mir einmal das Geräusch beschrieben, das er hörte, als bei einer Rauferei sein Nasenbein einknickte, aber Worte wurden und werden dem nicht gerecht. Es war ein malmendes Knirschen, begleitet von einem gleißenden Schmerz, der alle anderen Schmerzen wie auf einen Schlag auslöschte. Ich
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