Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote
fährt. Sie bildet eine Einheit, wie ein in sich geschlossener Zirkel, so dass das Schiff fast ein Lebewesen zu sein scheint und die Besatzung seine Seele. Andere Menschen fühlen sich bestimmten Tieren verbunden und bringen das durch ein Wappen zum Ausdruck oder durch die Namen, die sie ihren Kindern geben. Dabei handelt es sich um eine Äußerung der alten Macht. Die alte Macht öffnet die Sinne für die gesamte Tierwelt, wenn auch der Volksmund behauptet, dass die meisten Ausübenden der Macht im Lauf der Zeit eine Bindung zu einem ganz bestimmten Tier entwickeln. Manche Geschichten erzählen, dass Wissende erst die Lebensweise und schließlich die Gestalt des Tieres annehmen, dem sie sich verschwistert haben. Solche Geschichten kann man, glaube ich, getrost als Schauermärchen abtun, die erfunden wurden, um Kindern Furcht vor der Tiermagie einzujagen.
Ich erwachte am Nachmittag. Es war kalt. Kein Feuer im Kamin. Die verschwitzten Kleider klebten an meinem Körper. Ich stolperte zur Küche hinunter, aß etwas, ging zum Badehaus, fing wieder an zu zittern, ging wieder nach oben in mein Zimmer und kroch zurück ins Bett. Später kam jemand herein und sprach zu mir. Ich erinnere mich nicht an das, was gesprochen wurde, aber daran, dass man mich schüttelte. Es war lästig, aber ich ließ mich einfach etwas tiefer in meine Dunkelheit sinken und achtete nicht darauf.
Das nächste Mal erwachte ich gegen Abend. Ein helles Feuer brannte im Kamin, der Holzkorb war gefüllt. Man hatte einen kleinen Tisch neben mein Bett gestellt und mit Brot und Fleisch und Käse gedeckt. Eine bauchige Kanne mit Teeblättern wartete auf einen Guss aus dem sehr großen dampfenden Kessel über dem Feuer. Das restliche heiße Wasser war vermutlich zum Füllen des Waschzubers neben dem Kamin bestimmt. Ein Stück Seife gehörte dazu. Über dem Fußende des Bettes hing ein frisches Nachthemd und keins von meinen alten. Es sah aus, als könnte es passen.
Die Dankbarkeit war größer als meine Verwirrung. Ich fand die Kraft, aus dem Bett zu steigen und von all den guten Gaben Gebrauch zu machen. Anschließend kam ich mir vor wie ein neuer Mensch. Anstelle des Schwindelgefühls empfand ich eine schwebende Leichtigkeit, aber dafür erwiesen sich Brot und Käse als das geeignete Heilmittel. Der Tee schmeckte nach Elfenborke, und sofort musste ich an Chade denken. Ich fragte mich, ob er derjenige gewesen war, der versucht hatte, mich zu wecken. Aber nein, mit Chade war nur des Nachts zu rechnen.
Ich zog gerade das frische Nachthemd über den Kopf, als leise die Tür aufging und der Narr ins Zimmer schlüpfte. In seiner weiten, formlosen schwarzweißen Narrenkleidung für den Winter sah er noch bleicher aus als gewöhnlich und dürr wie ein Zaunpfahl, zumal er - wie ich - ein gutes Stück in die Höhe geschossen war. Wie immer wirkten seine milchigen Augen schockierend, selbst in seinem bleichen Gesicht. Er lächelte mich an und wackelte dann geringschätzig mit der blassrosa Zunge.
»Du«, sagte ich und deutete in die Runde. »Vielen Dank.«
»Nein«, wehrte er ab. Das farblos seidige Haar, das unter seiner Kappe hervorquoll, breitete sich zu einem Glorienschein aus, als er den Kopf schüttelte. »Aber ich habe geholfen. Begrüßenswert, dass du gebadet hast. Es macht mein Amt, nach dir zu sehen, weniger anrüchig. Ich bin froh, dass du wach bist. Du schnarchst abscheulich.«
Ich überhörte seine Sticheleien. »Du bist gewachsen«, bemerkte ich.
»Ja. Du ebenfalls. Und du warst krank. Und du hast sehr lange geschlafen. Und jetzt bist du wach und gebadet und satt. Du siehst immer noch furchtbar aus. Aber du riechst nicht mehr. Es ist mittlerweile später Nachmittag. Gibt es noch irgendwelche offensichtlichen Fakten, über die du unterrichtet werden möchtest?«
»Ich habe von dir geträumt. Während ich fort war.«
Er warf mir einen schrägen Blick zu. »Wirklich? Wie rührend. Ich kann nicht behaupten, dass ich von dir geträumt hätte.«
»Ich habe dich vermisst«, fügte ich hinzu und hatte die Genugtuung, einen Ausdruck der Überraschung über sein Gesicht huschen zu sehen.
»Wie drollig. Sollte das erklären, weshalb du dich in letzter Zeit mit solcher Begeisterung selbst zum Narren machst?«
»Mag sein. Setz dich. Erzähl mir, was während meiner Abwesenheit alles passiert ist.«
»Keine Zeit. König Listenreich erwartet mich. Vielmehr, er erwartet mich nicht, und das ist präzise der Grund, wes halb ich gerade jetzt zu ihm gehen
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