Fix und forty: Roman (German Edition)
Suppe zu essen. Schließlich gab Staci auf und wandte sich wieder mir zu. Wenn sie meinen Vater nicht dazu bringen konnte, den mennonitischen Abstinenzgrundsatz zu verteidigen, musste sie sich eben damit begnügen, mich beim Weihnachtsessen mit extrem persönlichen Fragen zu löchern.
Ich wusste, es war nur eine Frage der Zeit, bis Staci mich auf einen HIV-Test ansprechen würde, hatte mein Gatte mich doch wegen eines Mannes namens Bob verlassen. Sie würde der AIDS-Thematik nicht lange widerstehen können. Wahrscheinlich hätte sie mich am liebsten gleich hier und jetzt zu meiner genitalen Befindlichkeit befragt, vor meinen Brüdern. Bei ihrer Neugier auf alles Geschlechtliche schätze ich, dass die Anwesenheit meiner Eltern der einzige Grund war, der sie am Weihnachtsessenstisch davon abhielt.
Daher ging Staci zu einem anderen faszinierenden Feiertagsthema über: Plan B – persönliche Finanzen und gescheiterte Ehe. »Rhoda. Kann ich dich mal fragen, wie hoch die Rate für dein Haus ist? Was um Himmels willen machst du mit der Hütte? Kannst du sie dir von deinem Gehalt überhaupt leisten?«
»Die Bohnensuppe ist wirklich gut«, sagte Caleb.
»Ich habe mich noch nicht entschieden«, sagte ich zu Staci.
»Wissen eigentlich an deinem College alle, dass dein Mann dich wegen eines anderen Mannes verlassen hat? Glaubst du, sie haben Vorurteile? Hast du Angst, dass über Nick und seinen schwulen Liebhaber getratscht wird?«
»Vielleicht möchte sie nicht darüber sprechen«, sagte Caleb. »Tolle Kürbis-Curry-Suppe, übrigens.«
»Ich schmecke Curry in dieser Suppe«, sagte mein Vater.
»Das liegt daran, dass es eine Kürbis-Curry-Suppe ist«, sagte ich. »Magst du keinen Curry?«
»Doch, schon«, bestätigte er. »Solange das Haus danach nicht nach Curry stinkt.« Argwöhnisch schnuppernd hob er die Nase.
»Ach, Si«, sagte meine Mutter. »Sie hat sie doch bei uns gekocht. Nicht hier. In unserem Haus riecht es nach Curry.« Sie trank einen Schluck Apfelsaftschorle, bevor sie hinzufügte: »Ich mochte Curry viel lieber, bevor wir in Kalkutta waren. In Kalkutta haben sie unten im Hof gekocht. Sie saßen auf dem Boden und haben das Fleisch dort draußen zwischen all den Fliegen und Hühnern zerlegt. Und wenn man sich in Kalkutta geschnäuzt hat, war das, was rauskam, so dick und schwarz …«
»Mom!« Der entsetzte Protestschrei kam unisono von allen Anwesenden, bis auf meinen Vater. Meine Geschwister und ich mochten unsere Differenzen haben, aber wenn es darum ging, sich den schwarzen Schnodder vergangener Weihnachten vorzustellen, waren wir uns einig, dass es das wirklich nicht brauchte.
Am Kindertisch im anderen Zimmer heulte einer meiner vielen Neffen. Dann hörte man ein Klatschen und eine ungeduldige Zurechtweisung der ältesten Enkelin Phoebe, die inzwischen alt genug für Uggboots und genervtes Augenverdrehen war.
Ihr Cousin Jacob schrie trotzdem: »Mommy, Zach hat wieder Blödmann zu mir gesagt! Er mag seine Suppe nicht! Er sagt, sie schmeckt wie« – gedämpftes Gekicher an seinem Tisch – »ein dreckiger Keks !«
»Dreckig wie deine Windel !«, rief Danny.
Staci machte ein entnervtes Gesicht. »Das ist Curry!«, rief sie über die Schulter. »Das ist ein Gewürz. Es soll so schmecken!«
»Jungs«, sagte Caleb mit strenger Stimme, die genau so klang wie die Stimme meines Vaters vor fünfunddreißig Jahren. »Wollt ihr, dass ich rüberkomme?«
Plötzlich stand die kleine Joon vor uns und zupfte am Ärmel ihres Vaters. »Was ist grün und klopft an die Tür?«, flüsterte sie schüchtern.
»Ich habe keine Ahnung«, sagte Caleb milde und beugte sich tief zu ihr runter.
»Ein Klopfsalat!«, flüsterte sie ekstatisch und drückte das Gesicht in Calebs Armbeuge.
»Wie findest du die Brokkoli-Käse-Suppe?«, fragte mich Staci. »Ich habe sie nämlich nicht mal abgeschmeckt. Ich kann nichts essen, was ich selbst gekocht habe. Außerdem esse ich keinen Käse. Käse bläht bei mir derart, du glaubst es nicht. Wie hast du es eigentlich geschafft, dass du nach deinem Unfall nicht dick geworden bist? Du kannst doch sicher noch lange keinen Sport machen, oder?«
»Nein, noch nicht«, sagte ich.
»Sie kann sich noch nicht mal selbst den Reißverschluss aufmachen«, erklärte meine Mutter. Zu meinem Vater sagte sie: »Probier die Speckkartoffeln hier.«
Mit priesterlichem Ernst griff er zu. »Ich schmecke irgendeine Art Pfeffer darin«, sagte er. »Es hat Pfiff.«
»Das ist Cayenne-Pfeffer «, stimmte
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