Fix und forty: Roman (German Edition)
meine schicke Garderobe eine kinematografische Produktion war, bei der mein Mann Regie führte. Nick diktierte jedes Accessoire meiner Outfits, inklusive Ohrringe und Farbe/Menge des Eyeliners. Es war nicht so, dass ich keine eigene Meinung oder keinen eigenen Geschmack hatte. Aber Nick legte einfach sehr viel mehr Wert auf mein Äußeres als ich selbst. Und am Ende war es einfacher, sich seinen Vorlieben unterzuordnen.
(Ich möchte meine Leserinnen und Leser darüber in Kenntnis setzen, dass ich den Großteil dieses Manuskripts in einem hässlichen roten Pelzmantel geschrieben habe. Roter Kunstpelz! Und ich habe ihn ausgesucht! Halbwegs. Ich meine, meine Mutter hat ihn genäht, und ich trage ihn. Warum, weiß ich nicht. Aber, verdammt, es ist ein spätes Manifest meiner Selbstwerdung!)
Trotz Nicks Depression, oder vielleicht gerade deswegen, gelang es uns, Vertrautheit herzustellen. Doch die Freunde, die unsere Ehe bewunderten, sahen Nick selten zu Hause, wo er an Selbstmord dachte, über die ganze Welt herzog oder so viel Wodka trank, dass er nur noch lallte. Sie sahen nie, wie er mit bloßen Händen die Blätter des Ventilators abriss. (Er liebt mich … er liebt mich nicht …)
Bei Phil und Hannah dagegen ist alles echt.
Sehen Sie, es gibt keinen authentischeren Beweis für Hilfsbereitschaft, als fünf Tage mit einer schockgefrorenen Schwägerin und einer kackenden Katze in einem Toyota Camry zu verbringen.
Andererseits schreit nichts so sehr nach »Ich übertreibe es ein bisschen mit der Echtheit« wie das gerahmte Foto von Phil auf dem Trapez im Club Med, das bei Phil und Hannah im Treppenhaus hängt.Ich hatte Phil immer mit der gediegenen Seriosität von Anzügen und Aktentaschen assoziiert. Auch sein politisches Amt als Stadtrat schien den Ausflug auf das Trapez nicht wahrscheinlicher zu machen. Als Hannah von seinem jüngsten Hobby erzählte, hatte ich eher etwas Gemäßigteres wie Indoor-Klettern an künstlichen Felswänden erwartet. Doch auf den Fotos tat Phil Dinge, von denen mir schwindelig wurde. Ich ziehe den Hut vor jedem Mann, der:
das fliegende Trapez als interessante Möglichkeit betrachtet, Familienalben aufzupeppen;
in den Ferien um sechs Uhr früh aufsteht, um todesmutige Sprünge zu üben, während normale Urlauber ihren Tag um zehn Uhr mit Margaritas beginnen;
sich nackt bis auf eine hautenge kobaltblaue Lycrahose für die Ewigkeit ablichten lässt.
Lächelnd sah ich mir die Fotos an, als Hannah, die nach mir gesucht hatte, dazukam.
»Sind das Palmen von oben?«, fragte ich ungläubig.
Sie nickte.
Dann zeigte ich auf den Mann, dessen Unterarme Phil umklammert hielt, während er kopfüber von der Schaukel baumelte. »Und wer ist das?«
»Das ist der Trapez-Lehrer. Raptor.«
»Raptor? Ha«, sagte ich, »das nehme ich ihm nicht ab. Ich habe den Verdacht, Raptor hat sich den Namen ausgedacht.«
Lassen Sie mich eines kurz klarstellen: Ich respektiere das Recht jedes Individuums, gemäß dem impliziten Versprechen des amerikanischen Traums die eigene Identität jederzeit neu erfinden zu dürfen. Trotzdem habe ich es immer als prätentiös empfunden, wenn Leute einfach ihren Geburtsnamen ablegen. Wenn sich zum Beispiel eine kleine Galerie-Angestellte namens Maureen auf einmal Char nennt oder wenn die Mitbewohnerin Ihrer jüngeren Schwester im College plötzlich verkündet, dass wir sie nicht mehr bei ihrem Taufnamen rufen dürfen (Sarah Hostetler), sondern sie stattdessen Lattich nennen sollen. Im College hatte ich einen Freund, dessen Mitbewohner Billy Smigs seinen schlichten Namen amtlich in Alistair John William Smythe III ändern ließ. Wirklich. Alistair John William Smythe III, als gäbe es zu dem Namen die Tweedjacke und die Pfeife gleich mit dazu. Natürlich ging dieser Versuch, sich Achtung zu verschaffen, nach hinten los. Der arme Smegma (wie seine vielen Kritiker ihn damals nannten) wurde für den Rest seiner College-Laufbahn gehänselt. Die solidarische Gruppe der Feministinnen um Sarah Hostetler dagegen erklärte sich freundlicherweise einverstanden, sie mit Lattich anzureden.
»Das ist eine witzige Geschichte«, antwortete Hannah. »An unserem letzten Tag frühstückten wir mit Raptor, und Phil fragte ihn, wie er an diesen Traumjob im Club Med gekommen war. Raptor sagte, dass ungefähr fünfhundert Trapezkünstler zum Vorstellungsgespräch erschienen wären, und er wusste, dass er was Besonderes machen musste, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.«
»Stell
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