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Fix und forty: Roman (German Edition)

Fix und forty: Roman (German Edition)

Titel: Fix und forty: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rhoda Janzen
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zwei Bier rührselig werden. So auch, als er mich durch irgendwelche Weizenfelder nach Hause fuhr. Alles war sehr rustikal. Und rate mal, weswegen er plötzlich sentimental wurde?«
    »Wegen seines Penis?«
    »Beinahe. Wegen seiner Entjungferung.«
    »Wie kommt er denn darauf?«, fragte Hannah verwirrt. »Wie kann ein Mann bei seiner ersten Verabredung mit einer Frau über so was reden?«
    Ich zuckte die Schultern. »Warum gibt es Cool-Ranch -Chips auf der Welt? Das alles sind Fragen für die Philosophen, wie das Fortbestehen des Bösen auf der Welt. Ich weiß nur, dass Mr. Epp plötzlich eine larmoyante Beichte ablegte und mit gefühlsduseliger Stimme sagte: ›Es war in einem Kornfeld wie diesem, unter einem Mond wie diesem, als ein kleines Ding namens Jungfräulichkeit verloren ging …‹«
    »Igitt«, sagte Hannah und verzog das Gesicht. »Hast du ihn zum Abschied geküsst?«
    »Natürlich nicht«, sagte ich entrüstet. »Ich habe auch meine Würde. Ich habe ihm die Hand zum Schütteln hingehalten.«
    »Hat er sie geschüttelt?«
    »Nein.« Ich grinste, weil ich wusste, dass sie sich gleich noch mehr ekeln würde. »Er hat sie geküsst.«
    Hannah machte undamenhafte Würgegeräusche.
    »Manche Frauen stehen auf pseudo-ritterliche Manieren«, merkte ich an.
    »Manche Frauen stehen auf Cool-Ranch -Chips, aber das heißt noch lange nicht, dass sie eine gute Erfindung sind. Schenk mir noch eine Tasse Tee ein«, verlangte sie königinnenhaft.
    »Aber gerne«, sagte ich und sinnierte wieder in bester Weinkenner-Manier: »Dieser Tee ist eine vollmundige Melange aus Zimt und Darjeeling. Sein verspäteter und gleichzeitig abrupter Abgang ist dem eines Ehemanns, der den Computer seiner Frau benutzen wollte, um Fotos seiner Genitalien auf Gay.com zu posten, nicht unähnlich.«
    Jede Frau sollte zwei bequeme Sessel und einen Teetisch in ihrem Kleiderschrank haben. Wir legten eine Pause von unserer Aufgabe ein, Hannahs kolossale Garderobe auf Tragbarkeit, Passform und Material zu begutachten.
    »So«, sagte Hannah später am Nachmittag, als sie die letzten Kleidungsstücke für die Heilsarmee zusammenfaltete. »Jetzt habe ich viel mehr Platz in meinem Schrank.«
    Ich nickte. »Gut gemacht. Das Wichtigste ist, die Vergangenheit loslassen zu können.«

SECHS
    Kartoffelsalat in der Hose
    Obwohl die Thermosflasche bereits 1892 von Sir James Dewar erfunden wurde und ganze fünfundvierzig Jahre vor der Kindheit meiner Mutter voll funktionsfähig war, brachten ihre Klassenkameraden im Jahr 1942 nie etwas zu trinken mit zur Schule. In dem mennonitischen Schulhaus, das meine Mutter besuchte, hätte die Idee eines ständig verfügbaren warmen Getränks futuristisch und außerirdisch angemutet, auch wenn die Mennoniten mit einer wichtigen kulturellen Innovation wie der Thermosflasche eigentlich hätten Schritt halten können. Doch wenn die mennonitischen Kinder Durst hatten, tranken sie aus einem Eimer Wasser, einem langstieligen Schleif , der an einem Seil aus dem Brunnen im Schulhof gezogen wurde.
    »Einmal lag eine tote Ratte im Brunnen«, erzählte mir meine Mutter beiläufig beim Frühstück. Ich wollte mir gerade einen Löffel hausgemachtes Müsli in den Mund schieben. »Mein Bruder Franz hat die tote Ratte mit dem Eimer hochgezogen.«
    Ich setzte den Löffel wieder ab. »Was hat er getan, als er sie bemerkte?«
    »Ein paar Jungs haben sie im Wald begraben. Sie stank scheußlich. Dieser süßliche Geruch von verwesendem Fleisch, igitt. Ach, und das Wasser hat übel geschmeckt! Wir mussten uns beim Trinken die Nase zuhalten.«
    »Nur damit ich das richtig verstehe«, sagte ich, »ihr habt das Rattenwasser trotzdem getrunken?«
    »Wir hatten Durst«, erklärte sie, »und es war ja nicht so, dass wir uns davon die Pest geholt hätten.«
    Bis dahin hatte sich mein Vater, der sich ernst seinen Toast butterte, nicht in das Gespräch eingeschaltet. Doch jetzt warf er ein: »In meiner Schule haben wir nicht alle vom gleichen Schleif getrunken. Ich habe mir Milch in der Flasche mitgebracht.«
    »Eklig«, sagte ich. »Lauwarme Milch aus der Flasche?«
    »Es war kalte Milch. Und die Milch blieb kalt.«
    »Wie konnte die Milch kalt bleiben? Ich dachte, ihr hattet keinen Kühlschrank.«
    »Wir hatten keinen Eisschrank. Wenn wir etwas kühlen wollten, haben wir es in eine Flasche gefüllt, den Deckel fest zugemacht, eine Schnur darumgebunden und das Päckchen vierzig bis fünfzig Fuß tief in den Brunnen hinuntergelassen. Da unten war es

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