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Fix und forty: Roman (German Edition)

Fix und forty: Roman (German Edition)

Titel: Fix und forty: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rhoda Janzen
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hörst du mir nicht zu?«, fragte ich. »Im Oktober kommt die letzte Zahlung. Das hat er selbst gesagt. In mein Ohr. Ich habe es gehört .«
    »Du hörst mir nicht zu. Beantworte mir einfach meine Frage. Hat er bis jetzt alles gezahlt? Ich meine, im Moment, bis heute?«
    »Ja«, sagte ich mit herablassender Stimme. »Ja, schön, bis heute hat er alles bezahlt.«
    »Ich sage dir mal, was ich denke, was du tun solltest. Lebe für den Moment. Zerbrich dir nicht den Kopf darüber, dass Nick dich vielleicht in dieser ganzen finanziellen Hausgeschichte hängen lässt. Sei lieber froh, dass er bis jetzt jeden Monat gezahlt hat. Atme einfach tief durch und konzentriere dich auf heute.«
    Ich dachte kurz nach. »Lola«, sagte ich dann. »Hast du Kraft zum Loslassen gelesen?«
    »Ja«, gab sie zu. »Und weißt du was? Das ist gut so.«
    Lola riet mir, die Anruferkennung auf meinem Telefon zu aktivieren und einfach nicht ranzugehen, wenn Nick anrief, unter keinen Umständen; ich würde nicht gelassen bleiben können, wenn ich ihm dabei zuhörte, wie er sich sein verrücktes Netz aus negativen Gedanken spann wie eine Spinne auf Speed.
    »Aber ich habe Angst um ihn!«
    »Ja, schön, aber von jetzt an sollen sich andere um ihn sorgen. Du brauchst keine Angst im Moment«, sagte sie. »Nicht deine, nicht seine, und auch nicht jemandes anderen Furcht.« Sie empfahl mir, seine E-Mails höflich mit einem Satz zu beantworten. Und mir jeden Tag folgende Botschaft auf eine Karteikarte zu schreiben: »Nick überweist seinen Anteil pünktlich und verlässlich auf mein Konto!«
    Genau das tat ich, auch wenn ich mir dabei idiotisch vorkam. Die Botschaft auf eine Karteikarte zu schreiben, war mir schrecklich peinlich, wie in der Schule im Theaterkurs, wenn der Lehrer Sie bittet, nach vorne vor die Klasse zu kommen und einen Streifen Speck in der Pfanne zu mimen. Entweder Sie zucken und zischen, oder Sie bekommen eine 3–, Sie können es sich aussuchen.
    Am Morgen des 10. November, dem Tag, im Laufe dessen Nicks Überweisung auf meinem Konto erscheinen müsste, schrieb ich »Nick überweist seinen Anteil pünktlich und verlässlich auf mein Konto!« auf eine Karteikarte, wie an jedem anderem Tag auch. Ich suchte mit der Karte die Stelle im Haus auf, die dem Feng-Shui-Bagua für Wohlstand entsprach, und legte sie ordentlich auf einen wachsenden Stapel identischer Karten. Dann schob ich den Stapel zwischen die Holzleisten unter meiner Matratze, wo ich sie aufgrund meiner New-Age-Scham versteckte.
    Als ich am gleichen Tag vom College kam, sah ich, dass die Karten auf dem Boden unter dem Bett verstreut lagen. Ich bekam einen gehörigen Schrecken, denn ich hatte die Karten ziemlich fest zwischen den Latten verkeilt, und ich verstand nicht, wie sie einfach so herausfallen konnten. Doch dort waren sie, aufgefächert auf dem Boden, ein Chor von Karteikarten, die sangen: »Nick überweist seinen Anteil pünktlich und verlässlich auf mein Konto! Pünktlich! Verlässlich! Mein Konto! Nick!«
    »Roscoe«, fragte ich meinen Kater vorsichtig, »bist du das gewesen?«
    Er sah mich an, als wollte er sagen: »Ich mag Thunfisch.«
    Es war 18 : 00 Uhr. Ich würde nun bei der Bank anrufen. »Ich bin heiter und gelassen«, sagte ich laut. Mit zitternden Fingern tippte ich meine Kontonummer ein, dann die PIN. »Wenn Sie ein Girokonto haben, drücken Sie bitte die Eins!« Ich drückte die Eins. So gelassen! »Freitag, zehnter November«, sagte die leidenschaftslose Automatenstimme. »Ihr Guthaben beträgt …«
    Das Geld war eingegangen.
    Verlässlich. Pünktlich. Nick. Langsam ließ ich das Telefon sinken, und Tränen der Dankbarkeit sammelten sich an der Stelle, wo vorher ein Anflug von Panik gewesen war.
    Dieses Ritual würde sich zwei Jahre lang zweimal im Monat wiederholen. Drei Monate später erfuhr ich, dass Nick den Sportwagen verkauft hatte, um ein paar weitere Raten zahlen zu können. Danach hörte er endgültig auf, mir E-Mails zu schreiben, sodass ich keine Ahnung hatte, wo oder ob er arbeitete. Seine Adresse hatte sich geändert. Ich wusste nur, dass er irgendwo in Chicago lebte und pünktliche und verlässliche Überweisungen auf mein Konto vornahm.
    Etwa ein Jahr, nachdem die Scheidung durch war, erhielt ich ein Paket juristischer Dokumente mitsamt einer Vorladung. Nick focht die gerichtliche Anordnung, dass er drei Jahre lang die Hälfte der Raten plus Nebenkosten tragen musste, an, mit der Begründung, dass er psychisch nicht in der Lage sei

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