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Fix und forty: Roman (German Edition)

Fix und forty: Roman (German Edition)

Titel: Fix und forty: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rhoda Janzen
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dem Verbreiten der Neuigkeit zu warten, bis ich aus der Stadt war und mein Forschungssemester angetreten hatte. Doch die Studenten spürten wahrscheinlich, dass ich mehr durchlitt als nur ein paar gebrochene Knochen, denn sie unterstützen mich mit ausgesprochener Wärme. Junge Frauen backten mir Brot, genug, um davon eine fünftausendköpfige Truppe ernähren zu können; junge Männer brachten mir Latte macchiatos und Gedichte. Wenn ich mein Büro verließ, um den langsamen Marsch zum Unterrichtsraum anzutreten, tauchte plötzlich ein freundlicher Student oder eine freundliche Studentin an meinem Ellbogen auf, bereit, mir den Aktenkoffer und die Tasche abzunehmen. Wochenlang trieb ich umher wie eine losgerissene Boje; ich konnte nicht einmal meine Handtasche selbst tragen, geschweige denn die Aktentasche mit Büchern und Papieren. Seltsam, wie diese vertrauten Utensilien uns Halt geben und definieren! Da ich den rechten Arm nicht heben konnte, sprangen Studenten auf, um an der Tafel mitzuschreiben. Wäre ich nicht zu betäubt gewesen, um zu weinen, hätte ich eimerweise Tränen der Rührung über ihre herzliche, unbändige Unterstützung vergossen. Ich wusste, dass meine Studenten einfach nur nett zu einer versehrten Dozentin waren, aber es war leicht, ihre Höflichkeit als Mitgefühl mit meinem gebrochenen Herzen zu interpretieren.

Schritt zwölf: Denk an Patty Lee
    Da ich Nick finanziell unterstützt hatte, hätte er mich theoretisch auf Unterhalt verklagen können. Ich weiß nicht, ob es sein Sinn für Fairness war, der ihn davon abhielt, oder ob er einfach nicht an die juristische Möglichkeit dachte. Auf irgendeiner Ebene musste er ein schlechtes Gewissen gehabt haben, dass er kein festes Einkommen beigesteuert und nicht eingesehen hatte, einen Job anzunehmen, der ihm Zeit von seinen Herzensinteressen stahl. Er machte sich häufig lustig über mich, weil ich ebendies tat, und behauptete, meine mennonitische Arbeitspferd-Ethik werde sowohl meiner Feigheit als auch meiner Unterklassenkonformität gerecht. Hätte ich Eier in der Hose, sagte er mir, würde ich aus der akademischen Welt ausbrechen und freie Schriftstellerin werden! Doch hinter all der Gehässigkeit mussten sich irgendwelche Schuldgefühle verborgen haben, denn er erinnerte mich häufig daran, dass er, auch wenn er weder Geld noch Stabilität in die Beziehung einbrachte, andere Dinge beitrug, von denen ich nicht einmal gewusst hatte, dass ich sie brauchte: Genialität, Erleuchtung, einen neuen Blick auf das Leben, Mitgefühl mit den Menschen, die er liebevoll »die Verpfuschten und Vermasselten« nannte. Und es stimmte: Nicks anhaltende Liebe für die schwer Geisteskranken, die Behinderten und die Obdachlosen, die sechs Mäntel trugen und auf der Straße direkt auf ihn zugelaufen kamen, hat tatsächlich meine Weltsicht verändert. Ich habe sein Engagement für diese Leute immer bewundert, was ein weiterer Grund dafür war, dass es mir nichts ausmachte, die Rolle des Ernährers zu übernehmen. In den ersten Jahren verdiente er mit seinen Sozialfällen sogar noch weniger als ich in meinem Beruf als wissenschaftliche Assistentin.
    Dann, als er endlich einen Job fand, der weitaus besser bezahlt war als meiner, verhielt er sich wie ein Kind im Bonbonladen. Er gab sein Geld für Schnickschnack aus: einen Sportwagen, ein Fahrrad, Männersachen. Es war das erste Mal in seinem Leben, dass er finanziell wirklich unabhängig war. Ich fand, er hatte sich sein neues Spielzeug redlich verdient, und war davon überzeugt, dass er seine Prioritäten auf unsere gemeinsame finanzielle Zukunft verlagern würde, sobald er sich an die Realität seines höheren Einkommens gewöhnt hatte. Ich nahm an, dass er irgendwann anfangen würde, sich für unser Heim, unsere Vorsorge und andere Dinge zu interessieren, die uns beiden zugutekamen, nicht nur ihm. Was ich dabei übersah, war, dass die finanziellen Ziele, die mir wichtig waren, auf ihn banal wirkten. Außerdem war da noch jenes große Opfer, welches er vor sechs Jahren für mich erbracht hatte. Als Vollblut-Stadtjunge hatte er immer noch das Gefühl, er hatte sich ein Bein ausgerissen, als er damals mit mir in den Mittleren Westen gezogen war, damit ich die Stelle meiner Wahl antreten konnte. Und so betrachtete er sein höheres Einkommen jetzt als verspätete, wohlverdiente Kompensation. Was es auch war.
    Ich liebte das Haus am See, in das wir gezogen waren, um näher an seinem Krankenhaus zu sein, doch die Raten waren

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