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FJORD: Thriller (German Edition)

FJORD: Thriller (German Edition)

Titel: FJORD: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Halvar Beck
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sich darauf zu ziehen und dann darüber zu wälzen. Vermutlich Säcke, gefüllt mit irgendwas. Das war nicht wichtig. Er musste zu dem Kind. Und dann schnell hier raus. 
    Schließlich, als er glaubte, die Kraft würde ihn verlassen, erreichte er das Mädchen. Als seine Finger ihr Bein erfühlten, zuckte es erschrocken zurück. Ein leises Wimmern kroch aus ihrer Kehle. Erik glaubte trotz der Dunkelheit sehen zu können, wie sie sich zusammenkauerte. 
    »Keine Angst, meine Kleine, bin nur ich«, sagte er kraftlos, zog sich näher heran, stützte sich auf, zog das sich sträubende Kind zu sich heran und sprach beruhigend auf seine Nichte ein. Zögerlich gab sie nach und kuschelte sich schließlich zitternd an ihn. Leise weinte sie. 
    Erik merkte, wie Aurora am ganzen Körper zitterte. Sie hatte nur ihren Pyjama an. Er schälte sich mühsam aus seiner Jacke und legte sie der Kleinen um die Schultern. 
    »Kuschel dich rein, sie wärmt dich.«
    Erik strich ihr liebevoll durchs Haar. »Nicht weinen, Kleine, wir kommen hier schon wieder raus. Alles wird gut …«
     
     

30
    Ann Christin hatte in der letzten Nacht kein Auge zugemacht. Sie begriff es nicht. Sie hatte es Noah schon gesagt: Immer mehr Menschen, die ihr etwas bedeuteten oder mit ihr zu tun hatten, verschwanden. Erst Aurora und jetzt auch noch Erik. Odin war unauffindbar und Liv tot. Bildete sie sich das nur ein oder schien die Tochter des Bürgermeisters der Ursprung und Schlüssel zur Lösung dieser furchtbaren Vorkommnisse zu sein? 
    Sie hatte Noah wiederholt nach Erik gefragt, nach Aurora und sogar nach Odin. Doch der alte Arzt hatte nur müde den Kopf geschüttelt und sich um Sigrid gekümmert, die von Weinkrämpfen geschüttelt erst vor wenigen Minuten eingeschlafen war. 
    Seit dem schrecklichen Erlebnis mit ihrem Großvater hatte der Tod eine furchterregende Wirkung auf Ann Christin. Es war egal, ob ein Mensch verstarb oder sie auch nur ein totes Tier am Straßenrand liegen sah. Sie vermied jede Art von Nahrung, die noch auf den Ursprung des Tieres zurückführen ließ. Die Leute lachten, weil sie keinen Fisch aß, der noch Form oder Kopf besaß. Ein Brathuhn brachte sie erst dann in den Mund, wenn es in alle Einzelteile zerlegt war. Sollten die Leute lachen. Ann Christin würde ihnen sicher nicht sagen, wo die Ursache dafür lag. 
    Niemand hatte ihr gesagt, dass der Großvater so krank gewesen war, dass man jederzeit mit seinem Tod rechnen musste. Das erfuhr sie erst als Erwachsene. Die medizinische Ursache seines Ablebens war ein Aneurysma – eine Arterie in seiner Brust war ausgebuchtet und drohte jederzeit zu platzen. Dennoch hatte man ihren Großeltern die Aufsicht über das kleine Mädchen gegeben, wenn es von der Schule nach Hause kam und die Eltern beschäftigt waren. Eigentlich starb der Großvater einen der schöneren Tode, denn durch das Aneurysma verblutete er innerlich, ohne es zu bemerken. Doch für Ann Christin war Großvaters Tod alles andere als schmerzlos.
    Ihre Großmutter hatte den Verlust nicht verkraftet und starb kurze Zeit später. Zum Glück musste Ann Christin dieses Sterben nicht mitansehen. 
    Sie versuchte, die Erinnerungen zu verdrängen, aber plötzlich war alles wieder da. In ihrer Nase verspürte sie den eigenartigen Geruch, der ihr damals bereits aufgefallen war, noch bevor der Großvater auf sie gefallen war. Mühsam kämpfte Ann Christin gegen den Ekel an, als sie sich an das Einnässen erinnerte. Der Urin durchtränkte ihre Kleidung und sie wusste nie, ob es seiner oder ihrer gewesen war. Vermutlich von ihnen beiden. Selbst heute noch, wenn Jan sich versehentlich einnässte, was hin und wieder vorkam und – wie sie ihn beruhigte – völlig normal war, kroch der Ekel wieder in ihr hoch. 
    Und nun war Liv tot. Ann Christin hatte das Mädchen nie gemocht. Weder ihre aufdringliche Art noch ihr ungezügeltes, lustvolles Leben. Sie nahm sich einfach, was sie wollte. Wen sie wollte. Ann Christin konnte nicht verhindern, dass auch kurz so etwas wie Neid in ihr aufflammte. Sie zählte sich zu den angepassten Menschen, aber vermutlich hatte jeder im Leben Momente, in denen er sich wünschte, einfach mal aus der Rolle zu fallen. Für Liv hatte das grausige Konsequenzen gehabt. Warum sonst hätte sie eines gewaltsamen Todes sterben sollen?
    Wer konnte so etwas getan haben? Ann Christin kannte nur wenige Einzelheiten, hatte sie gar nicht hören wollen und doch mitbekommen. Den Schädel hatte man ihr gespalten. Mit einer

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