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FJORD: Thriller (German Edition)

FJORD: Thriller (German Edition)

Titel: FJORD: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Halvar Beck
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den Staub und die Flaschen ignorieren, doch jetzt wollte es ihm nicht so recht gelingen. Die Wirklichkeit drängte sich mit dem störenden Anrufer in sein Leben. Was konnte man noch von ihm wollen?
    Seine Stirn zog sich hoch. Tiefe Falten, die lange Zeit gehabt hatten, sich in dem Gesicht des Polizisten a. D. einzugraben, zeugten von der Unbehaglichkeit, die der Anruf auslöste. Aber was auch immer der Störenfried von ihm wollte, er ließ nicht locker. 
    Gemächlich machte Carl die drei Schritte zum Schrank, auf dem das Telefon stand. Einen Schreibtisch hatte er nicht mehr. Wozu auch? Er legte seine Hand auf den Hörer, als wollte er alleine mit dieser Bewegung ein erneutes Klingeln verhindern, doch das nervtötende Schrillen ging weiter. Einen Moment kam er in Versuchung abzunehmen und sofort wieder aufzulegen, um die Verbindung zu unterbrechen. Aber dann hätte der Anrufer gewusst, dass Carl in seiner Wohnung war, und sicherlich einen erneuten Versuch unternommen. Oder er wäre gar persönlich vorbeigekommen, und das war nicht in seinem Sinn.
    Mit einem weiteren, tiefen Seufzer nahm Carl Morgan den Hörer ab. »Was ist denn?«, verlangte er statt einer Begrüßung zu wissen. Seine Stimme klang rau und ungeübt. Er redete nur noch, wenn es unbedingt sein musste. Sein Hals kratzte, er räusperte sich lautstark.
    »Carl, komm zum Hafen! Schnell!«
    Es war Nils Haugen. Ein Fischer und alter Freund aus besseren Tagen. Einer der wenigen Menschen, die Carl noch Achtung und Respekt entgegenbrachten, wie es sich gegenüber jemandem in der gehobenen Stellung des Polizeidienstes gehörte. Er klang aufgebracht, was seiner ansonsten ruhigen, nordischen Art sehr widersprach. 
    »Und warum sollte ich?«, brummte Carl. 
    »Ich muss dir was zeigen. Es ist wichtig!«, drängte Nils. 
    »Was ist schon wichtig?«, sagte Carl Morgan mehr zu sich selbst und lauschte dann den Worten des Fischers, der in einen hektischen Redeschwall verfiel. Morgans lethargische Gesichtszüge verfestigten sich. 
    »Verstehe«, erwiderte der alte Polizist, nachdem der Fischer geendet hatte. »Aber warum gehst du damit nicht zu Hetland? Er macht meine Arbeit jetzt.«
    »Geht doch nicht! Himmel noch mal, das kannst du dir doch wohl vorstellen, oder? Was glaubst du, was los ist, wenn der das sieht?«, fauchte der Fischer.
    Carl Morgan wusste, dass es aussichtslos war, sich aus dieser Situation herauswinden zu wollen. »Na gut. Ich schau mir die Sache mal an.«
    Bevor er sich auf den Weg machte, ging er ins Badezimmer und öffnete den Spiegelschrank. Er nahm eine Packung Cortisontabletten heraus. Noah Sørensen hatte sie ihm vor Jahren gegen die Arthrose verschrieben, für schlimme Schmerzschübe. Die Pillen konnten ihn nicht heilen, aber die Schmerzen lindern und ihm für einen gewissen Zeitraum kräftigen. Er schenkte der Packung ein Lächeln und nahm gleich zwei Tabletten. Es dauerte immer etwas, bis die Wirkung einsetzte.
     
     
     

5
    Erik schlug die Augen auf. Das Licht fiel hell in sein Schlafzimmer. Das Rollo war nicht zugezogen. Ann Christin musste schon aufgestanden sein. Ihre Seite des Bettes war leer. Heute war Freitag. Hatte der Wecker nicht geklingelt? Seit er die Bäckerei seines Vaters übernommen hatte, war es noch nie vorgekommen, dass er am Morgen keine frischen Backwaren hätte liefern können. Wieso hatte Ann Christin ihn nicht geweckt? Er musste doch in die Backstube!
    Er fühlte sich müde und zerschlagen. Ohne auf den Wecker zu sehen, wollte er aus dem Bett steigen. Doch plötzlich drückte ihn jemand von der Seite mit Gewalt zurück auf die Matratze. Erik kämpfte instinktiv dagegen an und riss den Kopf herum.
    Der Angreifer war Odin, sein Freund aus Kindertagen, brotloser Maler und Drogenjunkie, den er in sein Haus aufgenommen hatte, nachdem er ihn vor wenigen Monaten zufällig in Oslo entdeckt hatte. In Sekunden zogen die Erinnerungen an ihm vorbei. Was war nur aus dem Freund geworden? Künstler nannte er sich, aber seine Kunst hatte nicht für eine anständige Lebensweise gereicht, sondern einzig und allein seinen Drogenkonsum finanziert. Ohne lange zu zögern, hatte Erik ihn mit zurück nach Kongesanger genommen. In seinem damaligen Zustand war dies nicht allzu schwer gewesen, da Odin ohnehin nicht mehr bei Verstand gewesen war. 
    Ann Christin war wenig begeistert vom neuen Mitbewohner. Sie sorgte sich um das Wohl ihres Sohnes. Ihr fünf Jahre alter Jan und ein dreißig Jahre älterer Drogenjunkie im selben Haus? Das

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