FKK im Streichelzoo - Roman
standzuhalten, schaffe es aber nicht und weiche nach oben aus. Sauge mich fest an seinem staubgrauen Haar. Durch die Strähnen sehe ich seine trockene Kopfhaut, die voller Schuppen ist.
Er kann starren, soviel er will. Meine Entscheidung steht. Gesundheit geht eindeutig vor Karriere.
Wie in Zeitlupe öffnet sich sein Mund. Bevor er spricht, leckt er sich über die eingerissenen Mundwinkel. Rhythmisch klopft seine Hand auf meinen Oberschenkel, als er sagt: »Okay, Junge. Ich kann natürlich auch Nils fragen.«
22
In der Paarungszeit treiben es die Löwen im fünfzehnminütigen Rhythmus – und das dutzende Mal am Tag. Danach ist das Männchen oftmals so erschöpft, dass es auf dem Weibchen einschläft und dieses ihn mit Prankenhieben herunterjagen muss.
Das subtropische Klima schlägt mir wie eine Wand entgegen. Es fällt mir schwer zu atmen. Der Raumanzug aus dem widerwärtigen Gummigemisch haftet an mir wie klebriger grüner Teer. Doch all das würde ich ertragen, wäre da nicht der unsägliche Gestank. Nicht gerade eine Umgebung zum Wohlfühlen. Schon gar nicht, um einen Porno zu drehen. Aber wer sagt, dass man sich bei einem Pornodreh wohlfühlen muss?
Ich kann noch immer nicht glauben, dass es Secret Intimacy tatsächlich gelungen ist, eine Drehgenehmigung für das Affenhaus des Neuwieder Zoos zu bekommen. Wobei das Dschungelparadies für Primaten kaum wiederzuerkennen ist. In der Mitte des von Glasscheiben umgebenen Geheges befindet sich ein havariertes Raumschiff, gezeichnet vom Eindringen in die Erdatmosphäre. Und auch sonst wirkt das ehemalige Affenhaus tatsächlich wie der Dschungel auf einem fremden Planeten. Die einzigen Primaten, die sich hier noch tummeln, sind Menschen in Affenkostümen und ich im Raumanzug.
Für die nächsten Stunden hat ein gewisser Giacomo den Job des Silberrückens übernommen. Eigentlich ist Orang-Utan Kim hier der Boss, der mit seiner Frau Lotti und dem Restder Affenbande ein äußerst chilliges Leben führt. Die tierische Großfamilie hat man jedoch für die nächsten Stunden ins Außengehege bugsiert – trotz Dauerregens. Begeistert werden sie davon vermutlich nicht sein. Aber was kümmert mich das, ich habe ganz andere Probleme.
Der Schweiß rinnt mir aus den Poren, das kratzende Hanfseil schneidet mir schmerzvoll in die Hand- und Fußgelenke, und ich muss einen auf bewusstlos machen. So will nicht ich es, sondern das Drehbuch. Oder vielmehr Giacomo, der Regisseur des Films. Ein etwas zu kurz geratener Italiener, der seine geringe Körpergröße mit einem lautstarken Organ wettmacht. Giacomo spricht ein perfektes, beinahe akzentfreies Deutsch. Trotzdem fällt es mir unglaublich schwer ihm zuzuhören. Seine Stimme ist so trocken wie Sägemehl. Er näselt hochgradig, spricht langsam und monoton. Hinter ihm her schwänzelt eine Frau im Business-Kostüm mit Klemmbrett und einem Fächer bewaffnet. Giacomos persönliche Assistentin Miranda, die unentwegt damit beschäftigt ist, dem Großmeister Frischluft zuzuwedeln. Anscheinend gibt es hier für jedes körperliche Bedürfnis einen Extrajob.
Um Giacomo herum spielt sich alles ab. Er wirkt wie ein Marionettenspieler, der mit unzähligen Fäden in den Händen die Puppen tanzen lässt. Und ich bin eine von ihnen. Denn das ist das von Jean so groß angepriesene neue Projekt von Secret Intimacy : eine Pornoparodie auf Planet der Affen .
Ich bin mir des Zynismus durchaus bewusst, den diese Situation an den Tag legt. Ein Science-Fiction-Autor, der dazu verdammt ist, Pornos zu drehen, um über die Runden zu kommen, findet sich nun in der erotischen Verfilmung eines Weltraumklassikers wieder. Besser hätte man es sich nicht ausdenken können.
An Händen und Füßen gefesselt baumele ich also wie ein frisch erlegtes Wildschwein an einer Stange und werde vonzwei Männern im Affenkostüm von meinem Raumschiff aus Pappmaschee weggetragen. Zum Glück habe ich das mit der Bewusstlosigkeit ja vor Kurzem noch trainiert.
»Und Cut! Die Szene hätten wir im Kasten. Quentin, super gespielt«, ruft der Regisseur über das geschäftige Treiben hinweg, das schlagartig einsetzt.
Das ist mir alles andere als schwergefallen. Während ich an der Stange hing, hatte ich Zeit zum Nachdenken. Zum Beispiel darüber, dass Cassandra auf keinen meiner Anrufe reagiert hat. Und als Angela mir schließlich mitgeteilt hat, dass Cassandra nicht mehr als Vertretungsärztin in der Praxis arbeitet, ist mir doch so einiges klar geworden.
Man muss kein
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