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FKK im Streichelzoo - Roman

FKK im Streichelzoo - Roman

Titel: FKK im Streichelzoo - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bjoern Berenz
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unmöglich, in diesem Wust eine einzelne Person auszumachen. Mal ganz davon abgesehen, dass ich ihre Anwesenheit auch nur vermute. Ich höre tief in mich hinein. Zwischen Liebenden gibt es eine besondere Verbindung, habe ich mal gehört …
    Cassandra?
    Hallo? Ist jemand da?
    Cassy?
    Erst höre ich nichts, dann jedoch fängt es in meinem linken Ohr zu fiepen an. Das werte ich als Zeichen. Sie ist hier, und ich muss die Chance nutzen und auf mich aufmerksam machen.
    Aber wie?
    Wie? Wie? WIE?
    Es passiert äußerst selten, dass ich ausgerechnet dann einen Geistesblitz bekomme, wenn ich ihn mal wirklich brauche. Aber gerade jetzt ist so ein Zeitpunkt. Die passende Idee zur rechten Zeit.
    »Mach mal ’ne Räuberleiter!«, schreie ich Nils an.
    »Was?«
    »Du sollst mir ’ne Räuberleiter machen!«
    Ich nehme meine Hände zu Hilfe und deute gestisch mein Begehr an. Als er endlich versteht, steige ich auf seine ineinander verschränkten Hände, halte mich an seinen Schultern fest und drücke mich nach oben. Nils fängt unter mir zu wackeln an. Scheiße! Das, was ich hier vorhabe, kann ja gar nicht klappen! Die Schwerkraft, das Gesetz des freien Falls und alle weiteren physikalischen Regeln fangen lauthals zu lachen an, als sie sehen, wie ich mich auf den etwa fünfzig Kilo schweren Nils stütze. Das gehässige Kichern von Doktor Bellinghausen erklingt in meinem Ohr: Von Physik haben Sie wirklich nicht den Hauch einer Ahnung, Herr Bachmann! Nicht den Hauch!
    Ein Keuchen dringt von unten an mein Ohr, und ich schaue hinab in Nils knallrotes Gesicht. Er stöhnt. Er strauchelt. Dann kippt er zur Seite weg. Aus reinem Instinkt werfe ich mich mit einem Ruck über die Köpfe der vor mir stehenden Menschen. Besser auf die anderen knallen als auf den Boden. Und dann passiert das Unglaubliche: Im selben Moment, in dem ich steif wie ein Brett in Richtung Erdanziehung donnere, greifen Dutzende Hände nach mir, die mich wieder nach oben drücken, bis ich plötzlich vollends in der Horizontalen über das Publikum schwebe. Mit ausgestreckten Armen und Beinen liege ich auf einem unruhigen Händemeer und werde weiter nach vorne gereicht. Während mich die Menge trägt, sehe ich die Bühne näher auf mich zukommen. Die drei ehemals kleinen Gestalten nehmen Form an.
    Vielleicht ist es keine so gute Idee, bäuchlings über die Menge zu surfen, da sich die Hände wirklich überall befinden. Und ich meine überall . Auch versuche ich den Gedanken auszublenden, was passiert, wenn ich nicht weitergereicht werde und die tragenden Hände einfach aufhören mich zu tragen. Ein Sturz aus zweieinhalb Metern Höhe ist sicherlich nicht so angenehm.Aber ich habe ein klares Ziel vor Augen, und da lasse ich mich nicht von Belanglosigkeiten wie einer frisch operierten Eichel aufhalten.
    Zum Glück geht alles gut, und einen Refrain später werde ich über den Graben gehievt, wo mich zwei freundliche Security-Leute aus der Menge ziehen und äußerst ruppig ihren Kollegen übergeben, die mich aus der schwarzen Zone begleiten sollen. Zumindest versuchen sie genau das. Gerade, als mich der eine von ihnen zu fassen kriegen will, tauche ich unter seinen Armen durch und stürme davon.
    Ich höre ihn fluchen und sehe aus den Augenwinkeln bedrohlich große Schatten auf mich zukommen. Doch ich bin schneller. Mit einem Satz der Verzweiflung springe ich nach oben und hangele mich den Bühnenrand entlang, der viel höher ist, als er von der Hallenmitte aus gewirkt hat. Doch ich schaffe es, indem ich zuerst das eine Bein nach vorne werfe, mich mit den Fingerkuppen in die Kantenritze kralle, mich mühsam nach oben ziehe und schließlich über den Bühnenrand robbe.
    Geschafft. Ich habe die Bühne der Ärzte erklommen! Jetzt gibt es kein Halten mehr.
    Während der große Blonde seine Songzeilen ins Publikum schmettert, stürme ich auf ihn zu und reiße ihm den Mikroständer vor der Nase weg. Augenblicklich hört die Band zu spielen auf. Beinahe unangenehm, diese plötzliche Stille. Gleichzeitig spüre ich, wie sich Tausende Augenpaare auf mich richten. Ob Cassandras grüne Katzenaugen dabei sind?
    Ich versuche mich an einer tiefen Bauchatmung, um Herr über meine Panik zu werden. Es ist immer noch mucksmäuschenstill. Zumindest in meinem Kopf. Vollgepumpt mit Adrenalin kommt es mir so vor, als würde sich alles um mich herum in Zeitlupe bewegen. In Slow Motion sehe ich die Security die Bühne entern und quälend langsam auf mich zukommen.
    Ich starre ins Publikum und bin

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