FKK im Streichelzoo - Roman
Tastatur ein. Jetzt sehe ich, dass es die Delete-Taste ist, die er im Stakkato-Rhythmus betätigt. »Schade nur, dass ich das nicht von allen Schreibern behaupten kann.« Sein Tonfall wechselt kurzzeitig ins Garstige. »Das war ja nie das Problem bei Ihren Skripten. Ihr Problem war ganz anderer Natur.«
Na sicher. Das Problem meiner Skripte war und ist, dass sie von mir kommen!
»Aber das ist es nicht, worüber ich mit Ihnen sprechen möchte.« Er lässt sich in seinen Stuhl zurückfallen, wobei der dampfende Inhalt in seiner Tasse bedrohlich hin und her schwappt.
»Es geht um meinen aktuellen Roman«, vermute ich wohl nicht ganz grundlos.
»Indirekt.« Doktor Bellinghausen schaut an mir vorbei und lässt seinen stechenden Blick über die Unmengen von Heftromanen schweifen. »Wie Sie ja selbst wissen, verantworte ichseit einiger Zeit zwei gleichermaßen verantwortungsvolle Positionen im Jerryversum, die des Chefredakteurs und die des Exposé-Autors.«
»Weiß ich. Und ich versichere Ihnen, dass Sie beiden Positionen mit Bravour gerecht …«
»Ich bin ehrlich zu Ihnen, Herr Bachmann«, unterbricht er mich barsch. »Auch ich stoße an meine Grenzen. Die doppelte Verantwortung setzt mir mehr zu, als ich es zunächst für möglich gehalten habe.«
Er krempelt in einem plötzlichen Anfall von Menschlichkeit einen Hemdsärmel hoch und zeigt mir seinen Ellbogen. »Gucken Sie hier, ein Ekzem.« Er zeigt auf eine nässende Stelle, die wirklich übel aussieht. »Das ist ein Warnsignal. Typische Stresssymptome. Man sollte auf seinen Körper hören, finden Sie nicht?«
»Unbedingt, ja«, sage ich. Was ich mich aber die ganze Zeit frage: Was will dieses Männlein von mir?
Doktor Bellinghausen krempelt den Ärmel wieder herunter und lehnt sich zurück. Mit auf die Tischplatte trommelnden Fingern sagt er: »Ich habe mir viele Gedanken gemacht, über den Verbleib der Serie, des Teams. Habe jeden einzelnen Autor unter die Lupe genommen, bis ins letzte Detail die Manuskriptarbeiten überprüft.« Er fährt sich mit dem Bürostuhl nach hinten und öffnet eine Schublade. »So zum Beispiel auch Ihr aktuelles Manuskript, der Abschlussband des laufenden Zyklus«, sagt er, zieht einen Stapel gelochtes Papier hervor, auf dessen Deckblatt ich mein Pseudonym lese, und klatscht ihn auf den Tisch.
Er hat das Manuskript ausgedruckt. Bereits die erste Seite ist vollgeschmiert mit Anmerkungen. Ich erkenne Querverweise, Streichungen und unzählige Textkorrekturen und muss trocken schlucken. Okay, denke ich, das war es jetzt für mich.
»Tja, Herr Bachmann.«
»Tja, Herr Doktor.« Ich spanne meinen Körper an und mache mich bereit zum Gehen.
»Das ist er also, der letzte Band vor dem Jubiläumsheft mit der denkwürdigen Nummer 1999. Der Band, der eine neue Ära einläuten und Jerry in das nächste Millennium beamen wird …«
Während er spricht, kommt er mir immer näher, und sein Gesicht ist mir nun so nahe, dass ich seinen bitteren Kaffee-Atem riechen kann.
»Ich habe mir etwas dabei gedacht, dass Sie es sind, der der Serie einen Abschluss verleiht. Und ich habe mir einen würdigen Abschluss für diesen Zyklus erhofft. Mit Geist, Witz und Charme und dem typischen Sense of Wonder, der diese Serie groß gemacht hat.«
»Tut mir leid«, entschuldige ich mich sofort. »Ich, ähm, habe wirklich versucht …«
»Aber das, was Sie da abgeliefert haben …«
Jetzt bin ich es, der ihm ins Wort fällt. »Wenn Sie mir vielleicht noch ein, zwei Tage mehr Zeit geben, könnte ich noch einmal drübergehen, und …«
»Einen Scheißdreck werden Sie!«
Ich spüre feine Spucketröpfchen auf meinem Gesicht und schließe erschrocken die Augen.
»Sie werden einen Teufel tun und auch nur irgendetwas daran ändern! Sie haben es geschafft, Herr Bachmann. Zum ersten Mal haben Sie mich voll und ganz überzeugt und ein Lehrwerk abgeliefert, wie ein gut funktionierender Heftroman auszusehen hat!«
»Wa…?«
Er greift nach dem Manuskript und hält es beinahe liebevoll in den Händen. »Mit diesem Abschluss werden wir der Serie die Ehre zuteilwerden lassen, die ihr schon so lange gebührt.«
Mir stockt der Atem. Feuchter Stolz ist drauf und dran, durch meine Tränenkanäle zu schießen.
»Herr Bachmann, ich habe sehr lange überlegt und mit mir gerungen. Nun aber bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass Sie der richtige Mann für diese verantwortungsvolle Aufgabe sind.«
»Der richtige Mann wofür?« Mein
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