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FKK im Streichelzoo - Roman

FKK im Streichelzoo - Roman

Titel: FKK im Streichelzoo - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bjoern Berenz
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paralysiert von der Menschenmenge, die mich unentwegt anglotzt. Allmählich weicht die Neugier dem Unmut. Wirklich wahrnehmen tue ich nur die ersten Reihen, die alles andere als begeistert darüber sind, dass ich den aktuellen Superhit der Ärzte im Keim erstickt habe.
    Das Leben ist eben kein Wunschkonzert.
    Die großen Schatten haben nun die Bühne erreicht. Mir rennt die Zeit weg! Panisch drehe ich mich um und sehe in die Gesichter der Band, die gelassen und amüsiert darauf warten, wie es nun mit mir weitergeht.
    »Wenn du etwas zu sagen hast, dann wäre jetzt ein guter Zeitpunkt«, sagt der Blonde mit dem Zahnpastagrinsen lässig.
    Dankbar stelle ich mich vors Mikro. Ich muss auf die Zehenspitzen gehen, so hoch ist es eingestellt. »Ich, ähm … Hi!«
    Idiot!, schreie ich mir im Geiste zu. Und hör auf zu winken!
    Die Menge wird unruhiger. Vereinzelte schrille Pfiffe sind zu hören. Irgendjemand wirft eine Banane nach mir und verfehlt mich nur knapp. Unglaublich, was Menschen so alles mit auf Konzerte nehmen, denke ich, als ich aus dem Augenwinkel wahrnehme, dass die Security doch schon viel näher ist als gedacht.
    »Cassandra, ich weiß, dass du hier bist«, sprudelt es da aus mir heraus. »Ich muss dir unbedingt sagen, dass …«
    In diesem Moment wirft sich eine Gestalt auf mich und reißt mich und den Mikrofonständer zu Boden. Eine gigantische Rückkopplung erfüllt die Halle. Möglicherweise bilde ich mir das aber auch nur ein, und es handelt sich bei dem Geräusch um die aus meiner Lunge herausgepresste Luft.
    Gerade zu Boden gegangen, greifen Hände nach mir und ziehen mich hoch.
    »Soner«, stelle ich erfreut fest, als ich den Kopf wieder hebe. »Du hier?«
    Mit Irritation registriere ich die Zorneswulst auf seiner Stirn. Für einen Moment steht er einfach nur da. Seine Kiefermuskelnmahlen. Trotz der Lautstärke des johlenden Publikums kann ich seine Nackenmuskulatur knacken hören. Ich bin mir sicher: Wäre ich nicht der Jerry-Lightning -Autor, wäre das der Moment, in dem er mich auseinandernehmen würde wie ein tausendteiliges Pferdepuzzle.
    »Das war uncool, Alter«, knurrt Soner, dann umklammert er mit seinem Schraubzwingengriff meinen Nacken und drückt mich nach vorn. Unter tosendem Beifall werde ich von der Bühne geführt, die Treppen hinunter, den Graben entlang in Richtung Katakomben, die nach draußen führen.
    Das ist er also, der Tiefpunkt des heutigen Tages.
    Ich schnappe nach Luft und fasse mir an die Brust. Mein Herz rast, aber allmählich beruhigt mein Körper sich wieder. Es ist frisch geworden. Hinter mir bahnt sich der Klangteppich einen gedämpften Weg durch die Wand. Ich höre Akustikgitarren und einen Mann mit spanischem Akzent, der von fehlenden Geigen singt und fragt, ob es das schon gewesen sein soll. Und wir beide kennen die Antwort nur zu gut.
    Das Vibrieren meines Handys reißt mich aus meiner Lethargie. Es zeigt eine eingegangene Mail vom Verlag an. Von Bellinghausen persönlich:

    Habe Ihr Manuskript gelesen. Wir müssen reden. Kommen Sie morgen unverzüglich im Verlag vorbei.
    Höhnisch lachend verpasst mir das Schicksal wieder mal eine schallende Ohrfeige.

27
    Frosch-Männchen, die keine Paarungspartnerin finden, klauen noch nicht befruchtete Eier und besamen sie. Das Weibchen hat dann später ein paar Kuckucksfröschchen …
    Das Büro eines Science-Fiction-Redakteurs habe ich mir eindeutig anders vorgestellt. Lebendig, wild, vielleicht auch eine Spur verrucht. Doch das hier ist so gar nicht Rock’n’Roll, eher die Hobbythek mit Jean Pütz. Ein schnöder schlauchförmiger Raum mit grauen, bis unter die Decke reichenden Regalwänden, in denen sich vergilbte Heftromane aus den letzten drei Jahrzehnten stapeln. Der Gestank von gammeligem Papier und Druckerschwärze ist allgegenwärtig.
    Ich bin enttäuscht. Noch nicht mal Modelle von Raumschiffen oder Planeten hängen von der Decke. Hätte die Tür nicht einen großen Spaltbreit offen gestanden, hätte ich natürlich angeklopft. So aber wanderte mein Blick vom neben der Tür befindlichen Namensschild direkt in die tief liegenden schwarzen Augen einer gedrungenen Person hinter dem Schreibtisch. Doktor Eckard. N. Bellinghausen sagt nichts, als sich unsere Blicke treffen. Er hebt lediglich einen Zeigefinger und hackt anschließend wie ein Geisteskranker mit dem Zwei-Finger-Suchsystem auf die vor ihm liegende Tastatur ein. Mit einem Kopfzucken gibt er mir zu verstehen einzutreten.
    Ich versuche, in seinem Gesicht nach

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