FKK im Streichelzoo - Roman
Jean-Karrel-Nepper-Schlepper-Bauernfänger-Frühwarnsystem springt an. Auch ohne Jedifähigkeiten spüre ich, dass man mich wieder vor irgendeinen Karren spannen will.
»Der richtige Mann für die vakante Stelle des Exposé-Autors.«
»Uff.« Ein unsichtbarer Sog zieht mich in einen wirbelnden Strudel, an dessen Ende die Augen des Doktors auf mich warten. Ganz sicher bin ich mir nicht, aber ich glaube zu sehen, dass sich eine Träne aus seinem Lidspalt drückt. »Aber, Sie sind doch …«, stammele ich.
» Waren wäre das richtige Tempus. Ich habe heute Morgen den Verlagsleiter informiert und das Amt niedergelegt.« Wieder verschwindet eine Hand in der Schublade, und wieder zieht er einen Blätterstapel hervor. Dieser hier ist dünner, besteht höchstens aus einem halben Dutzend Seiten und trägt das Verlagslogo.
Verwirrt starre ich ihn an.
»Der Vertrag für die nächsten fünfzig Jerry-Lightning -Exposés.«
Mein Mund wird trocken, die Handflächen feucht. Der Kaffee stößt mir auf.
»Ist das wahr?« Ich muss mich hinstellen, um genügend Luft in meine Lungen pumpen zu können. Die Erregung in meiner flatternden Stimme lässt sich nicht zügeln.
»So wahr ich hier vor Ihnen sitze. Aber Herr Bachmann, Sie sehen ja so ernst aus! Ich dachte, Sie freuen sich?«
»Ja, tue ich, aber nur weil, hrm, ich meine …« Ich breche ab, da ich selbst nicht so genau weiß, was ich meine. Mit diesem Vertrag bin ich endlich am Ziel meiner Träume angelangt. Zumindest an einem der beiden Ziele. Unverhofft und vollkommen unvorbereitet. Das ist zu viel für mich.
»Sagen Sie doch was!«, fordert der Doktor mich auf.
Als würden die Worte an den Wänden kleben, streift mein Blick die Umgebung ab.
Wie ein Platzregen prasseln die Möglichkeiten, die sich aus dieser Beförderung ergeben, auf mich nieder. Ich werde ein Jahr lang nichts anderes tun müssen, als tief in das Jerryversum einzutauchen und der Serie meinen Stempel aufzudrücken. Mit einem Mal wird mir die finanzielle Unabhängigkeit bewusst, die dieses Angebot mit sich zieht. Und auf einmal ergibt alles einen Sinn. Er wollte, dass ich den Abschlussband schreibe, da ich auch den Verlauf des nächsten Zyklus bestimmen soll.
»Ich muss nicht erwähnen, dass dieser Vertrag unbefristet ist und am Ende des Jahres automatisch verlängert wird?«, durchbricht er meine Gedankengänge.
Mir fällt alles aus dem Gesicht. Ich muss mich setzen, bevor mir die Beine wegklappen.
»Also?«, hakt er nach.
»Wo muss ich unterschreiben?«
Der Chefredakteur lacht herzlich und gibt einen Ausblick auf seine überbrückten Backenzähne preis. Er reicht mir einen Kugelschreiber, den ich dankbar ergreife. Mit zittrigen Händen unterschreibe ich das Papier.
»Herzlichen Glückwunsch, Herr Bachmann. Sie sind nun der neue Exposé-Autor von Jerry Lightning und werden damit in die Annalen der Serie eingehen.«
Jetzt liegt es an mir, ihm das komplette Arsenal meiner beiden Zahnreihen zu präsentieren.
»Eine Sache wäre da aber noch«, stoppt er meine grenzenlose Euphorie.
Ich drücke den Rücken durch und mache mich auf denPferdefuß gefasst, der vermutlich gleich meinen Brustkorb zerschmettern wird.
»Da Sie nun quasi als aktiv schreibender Autor wegfallen …«
»Ja?«
»… ist eine Autorenstelle zu vergeben. Sie wüssten da nicht zufällig jemanden, den wir hier ins Team berufen könnten?«
»Ähm, ja, also, jetzt, wo Sie fragen …«
»Na ja, war auch nur eine Idee. Melden Sie sich, wenn Ihnen jemand einfällt.« Bellinghausen winkt freundlich ab und lächelt mir zu.
Wir stehen auf. Er kommt um seinen Tisch herum und begleitet mich zur Tür. »Dann möchte ich Ihnen nun den Verlagsleiter vorstellen.«
Vielleicht liegt es an der Art, wie er mich anlächelt oder wie er seinen Arm väterlich um meine Schultern legt, was ihn bei unserem Größenunterschied einige Mühe kostet. In diesem kurzen Augenblick ist mir kein anderer Mensch auf der Welt näher und sympathischer als dieser kleine frettchenähnliche Mann. Eine bedrückende Sentimentalität macht sich in mir breit. Irgendetwas Bedeutungsschwangeres will, nein, muss ich dieser Situation hinzufügen. Also sage ich: »Jetzt, wo wir unsere Arbeit vertiefen werden und wir uns in all der Zeit auch menschlich nähergekommen sind … Wäre es da nicht angebracht, in ein vertrautes Du überzugehen?«
Die hervorstehenden Augen schauen mich eine ganze Weile von unten hervor an. Dann durchbricht er die immer unangenehmer werdende
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